Kanzleiführung und die Generation Z

Der digitale Wandel setzt Lernprozesse bei Führungskräften voraus

Carola Heine: Liebe Anja, wie verändert die digitale Transformation die Aufgaben, denen Führungskräfte sich stellen müssen?

Anja Hendricks: Digitale Transformation erfordert eine Anpassung sowohl der Unternehmensstrategien als auch des Führungsverhaltens. Führungskräfte müssen heute sowohl Manager:innen als auch Leader sein und sich an die Bedürfnisse der unterschiedlichen Generationen anpassen – dabei geht es um strategisches Denken, Handeln und die Fähigkeit, Innovationen zu integrieren.

Es ist dabei sehr wichtig, sowohl die technologischen als auch die menschlichen Aspekte der Transformation zu berücksichtigen. Wenn ich mit Kanzleien arbeite, lege ich daher besonders großen Wert auf eine umfassende Entwicklung, die sowohl den Menschen als auch die Organisation im Rahmen eines systemischen Ansatzes berücksichtigt.

Wie können Kanzleien erfolgreich Bewerber:innen der Generation Z ansprechen?

Carola Heine: Unser Thema ist heute die Generation Z. Wie rekrutiert man diese Generation und warum fühlt sich der Kontakt mit GenZ für so viele an wie ein Generationenkonflikt? Was ist anders?

Anja Hendricks: Generation Z unterscheidet sich durch ihre Technologiefähigkeit und den Wunsch nach Sinnhaftigkeit in der Arbeit. Sie erwarten Transparenz, Authentizität und eine flexible Arbeitskultur. Diese Generation legt Wert auf flache Hierarchien und regelmäßiges Feedback.

Um Generation Z zu rekrutieren, müssen Kanzleien authentische Werte leben und eine moderne, digitale Arbeitsumgebung bieten. Die Internetpräsenz der Kanzlei ist dabei entscheidend, ebenso wie die Möglichkeit, das Team kennenzulernen und an Team-Events teilzunehmen.

Carola Heine: Ein modernes und innovatives Arbeitsumfeld ist also entscheidend. Wie sollten diese Arbeitsplätze konkret gestaltet sein, um die Erwartungen der Generation Z zu erfüllen?

Anja Hendricks: Generation Z erwartet sich eine digitale und effiziente Arbeitsumgebung. Kanzleien sollten in digitale Lösungen investieren und diese konsequent nutzen. Authentizität im Arbeitsalltag ist der Schlüssel, um junge Talente zu begeistern. Flexible Arbeitsmodelle, wie Homeoffice-Optionen und flexible Arbeitszeiten, sowie Gesundheits- und Unterstützungsangebote sind wichtig. Dazu gehören Fitnessprogramme, Stressmanagement-Workshops und Zugang zu Beratungsdiensten.

Eine Kultur der Innovation, in der Mitarbeiter neue Ideen einbringen und umsetzen können, ist ebenso entscheidend. Regelmäßige Updates und klare Kommunikationswege sorgen für Transparenz und Vertrauen.

Carola Heine: Wenn wir nun an das Bewerbungsgespräch denken, wie sollte dieses ablaufen, um die Generation Z anzusprechen und zu überzeugen?

Anja Hendricks: Bewerbungsgespräche sollten modern und ansprechend gestaltet werde: Generation Z schätzt Transparenz und offene Kommunikation. Ein Bewerbungsgespräch sollte daher interaktiv und dialogorientiert ablaufen.

Digitale Tools wie erste Videointerviews können zeigen, dass eine Kanzlei modern arbeitet. Wichtig ist auch, nach dem Gespräch den Kandidat:innen zeitnah Feedback zu geben und den Bewerbern das Gefühl zu vermitteln, dass ihre Bewerbung ernst genommen wird.

Unterschiede zwischen Generation X und Generation Z

Carola Heine: Was sind die spezifischen Herausforderungen bei der Rekrutierung der Generation Z zum Beispiel im Vergleich mit der Generation X?

Anja Hendricks: Generation X hat oft umfangreiche Berufserfahrung und sucht nach Stabilität sowie Entwicklungsmöglichkeiten. Die Menschen legen großen Wert auf Arbeitsplatzsicherheit und langfristige Perspektiven.

Generation Z hingegen erwartet mehr Flexibilität und Sinnhaftigkeit im Beruf. Sie schätzen eine digitale Arbeitsumgebung, Diversität und eine Unternehmenskultur, die soziale Verantwortung übernimmt. Ebenso wichtig sind für Gen Z Offenheit, Transparenz und eine Führungskultur auf Augenhöhe.

Für Steuerberaterkanzleien bedeutet dies, dass sie attraktive Karrierewege und Weiterbildungsmöglichkeiten für Gen X bieten sollten, während sie gleichzeitig Maßnahmen zur sozialen Verantwortung und transparente Kommunikation integrieren müssen, um Gen Z anzusprechen.

Führungskräfte sollten offen und transparent kommunizieren und den Mitarbeitern das Gefühl geben, auf Augenhöhe gehört und respektiert zu werden. Kanzleien, die sich ethisch und nachhaltig verhalten und eine unterstützende, transparente Arbeitsumgebung schaffen, können das Engagement und die Loyalität ihrer Mitarbeiter stärken und ihre Attraktivität als Arbeitgeber erhöhen.

Kanzleien bewerben sich bei potenziellen Mitarbeiter:innen

Carola Heine: Es sind heute die Kanzleien, die sich bei Kandidat:innen bewerben – du hast erwähnt, dass Unternehmen im Bereich Recruiting ähnlich vorgehen sollten wie bei der Kundengewinnung. Kannst du das näher erläutern?

Anja Hendricks: Gerne. Genau wie Unternehmen ihre Kunden durch gezielte Marketingstrategien ansprechen, sollten sie auch potenzielle Mitarbeiter ansprechen. Die gleichen Prinzipien der Kundengewinnung – wie eine starke Online-Präsenz, authentische Kommunikation und das Hervorheben der Vorteile des Unternehmens – gelten auch im Recruiting.

Beispielsweise kann eine Kanzlei Videos und Erfahrungsberichte von Mitarbeitern auf ihrer Website und in den sozialen Medien teilen, um ein realistisches Bild der Arbeitsumgebung zu vermitteln. Potenzielle Bewerber sollten die Möglichkeit haben, das Team kennenzulernen und an Team-Events teilzunehmen, um einen authentischen Eindruck von der Unternehmenskultur zu bekommen.

Durch diese Maßnahmen können Kanzleien nicht nur ihre Kundenbasis erweitern, sondern auch talentierte Mitarbeiter gewinnen und binden.

Carola Heine: Vielen Dank für deinen wertvollen Input.

Anja Hendricks: Sehr gerne. Es ist mir eine Freude, Kanzleien auf ihrem Weg zum Erfolg zu unterstützen und sie als zuverlässige Wegbegleiterin bei der Umsetzung ihrer Ziele zu begleiten.

Carola Heine: Wer mehr über dich und deine Tätigkeit erfahren möchte, findet dich auch auf Linkedin. Weiter viel Erfolg!