Gesellschafterdarlehen

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    Zusammenfassung

    Begriff

    Das Nominalkapital bilanziert jedes Unternehmen auf der Passivseite der eigenen Bilanz. Man bezeichnet dieses auch als gezeichnetes Kapital, Stammkapital, Grundkapital, Nennkapital oder als Eigenkapital bzw. Betriebsvermögen bei Einzelunternehmen. Mit Fremdkapital wie Bankdarlehen oder Eigenkapital durch Gesellschaftereinlagen kann eine Gesellschaft über das Nominalkapital hinaus mit Mitteln ausgestattet werden. Gesellschafter können erst dann Darlehen geben, wenn sie ihre gesellschaftsvertragliche Einlagepflicht erfüllt haben.

    Besonders bei Mittelständlern werden neue Projekte und Anschaffungen häufig mit Gesellschafterdarlehen finanziert. Solche Darlehen von Gesellschaftern einer Personen- oder Kapitalgesellschaft beschäftigen sehr oft Gerichte im Zivil- und Steuerrecht.

    Die Rechtsfolgen von Gesellschafterdarlehen wurden mit dem Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) grundlegend neu geregelt. Bis dahin gültige Vorschriften zur Behandlung von eigenkapitalersetzenden Darlehen wurden grundlegend überarbeitet. Das hat zur Folge, dass nun im Falle einer möglichen Insolvenz nicht nur die eigenkapitalersetzenden Gesellschafterdarlehen insolvenzverstrickt sind, sondern alle gewährten Gesellschafterdarlehen.

    Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

    Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) vom 23.10.2008, BGBl 2008 S. 2026;

    BFH, Urteil v. 11.7.2017, IX R 36/15;

    BFH, Urteil v. 24.10.2017, VIII R 13/15; GmbHG;

    HGB

    Die Voraussetzungen für ein Gesellschafterdarlehen

    Folgende Grafik fasst die Voraussetzungen für ein Gesellschafterdarlehen zusammen:

    Vier Voraussetzungen für die Gewährung eines Gesellschafterdarlehens

    Gesellschafterdarlehen werden als Verbindlichkeit ausgewiesen

    In der Bilanz müssen Ausleihungen, Forderungen und Verbindlichkeiten gegenüber Gesellschaftern gesondert ausgewiesen sein oder im Anhang dargestellt werden. Besonders dann, wenn diese in anderen Posten enthalten sind, muss darauf explizit hingewiesen werden. Dank der flexiblen Lexware Office Bilanz Vorlage geht das schon fast automatisch.

    Ausweis in der Handelsbilanz

    In der Handelsbilanz müssen Gesellschafterdarlehen immer als Verbindlichkeit passiviert werden. Außerdem ist zwingend ein Hinweis erforderlich, dass der Darlehensgeber zugleich auch Gesellschafter ist. Auch wenn eine Rückzahlung an den Gesellschafter nicht erfolgen darf und das Darlehen aus insolvenzrechtlicher Sicht Eigenkapital darstellt, muss dieser Hinweis gegeben werden. Die Rechtsfolgen des Eigenkapital-Ersatzes berühren das Bestehen der Verbindlichkeit nicht.

    Ausweis in der Steuerbilanz

    Weil die Handelsbilanz für die Steuerbilanz maßgeblich ist, müssen Gesellschafterdarlehen auch innerhalb der Steuerbilanz der Gesellschaft als Verbindlichkeit in den Passiva gebucht werden.

    Bewertung bei Gesellschaft und Gesellschafter

    Auf Ebene der Gesellschaft gilt handelsrechtlich der Erfüllungsbetrag und steuerrechtlich der Nennwert

    Ansatz des Darlehens

    Das Gesellschafterdarlehen ist in der Handelsbilanz als Verbindlichkeit mit seinem Erfüllungsbetrag zu passivieren. Der Erfüllungsbetrag ist der Betrag, welcher zur Erfüllung der Verpflichtung aufgebracht werden muss. Dabei sind auch künftige Preis- und Kostensteigerungen oder -minderungen zu berücksichtigen.

    Sinngemäß muss das Gesellschafterdarlehen nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 i. V. m. § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG in der Steuerbilanz mit den Anschaffungskosten oder dem niedrigeren Teilwert angesetzt werden, wenn eine voraussichtlich dauernde Wertminderung vorliegt.

    Der Nennwert ist grundsätzlich als Anschaffungswert anzusetzen. Den Betrag, den ein Käufer des gesamten Betriebs im Rahmen des Gesamtkaufpreises für das jeweilige Wirtschaftsgut ansetzen würde, nennt man Teilwert. Bei Verbindlichkeiten ist das der Betrag, den ein Erwerber mehr bezahlen würde, wenn die Verbindlichkeit nicht existieren würde, bzw. vom Erwerber nicht zu übernehmen wäre.

    Der Begriff der Anschaffungskosten wird von der Rechtsprechung nicht übernommen, sondern sie spricht vom Erfüllungsbetrag. Dieser ist der (Rückzahlungs-)Betrag, den der Schuldner für diese Verbindlichkeit aufbringen muss.

    Verzinsung des Darlehens

    Für Verbindlichkeiten muss handelsrechtlich der Erfüllungsbetrag bilanziert werden, egal ob es sich um verzinsliche, unverzinsliche oder unterverzinsliche Verbindlichkeiten handelt. Weil sie zu einem Ausweis künftiger und noch nicht realisierter Erträge führen und damit gegen das Realisationsprinzip aus § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB verstoßen würde, scheidet eine Abzinsung unverzinslicher Verbindlichkeiten in der Handelsbilanz aus.

    Dagegen sind Verbindlichkeiten in der Steuerbilanz grundsätzlich mit einem Zinssatz von 5,5 % abzuzinsen. Von dieser Verzinsung sind nur Verbindlichkeiten ausgenommen, deren Laufzeit am Bilanzstichtag weniger als 12 Monate beträgt, oder solche, die verzinslich sind oder auf einer Anzahlung oder Vorausleistung beruhen.

    Die Vervielfältiger zur Berechnung der Beträge hat das Bundesfinanzministerium am 26.05.2005 bekannt gegeben.

    Es ist auch abschließend geklärt, ob unverzinsliche Gesellschafterdarlehen von dem steuerlichen Abzinsungsgebot erfasst sind: In seinem Urteil vom 27.01.2010 hat der BFH die Frage nach der Abzinsungspflicht unverzinslicher Gesellschafterdarlehen geklärt.

    Praxis-Beispiel

    Abzuzinsendes Darlehen

    Ein unverzinsliches Darlehen von 30.000 EUR muss am 31.12.2001 passiviert werden. 5 Jahre und 2 Tage beträgt die Restlaufzeit. Es wurden keine Tilgungsleistungen vereinbart.

    Für die folgenden Jahre ist das Darlehen wie folgt zu bilanzieren:

    abgezinster BetragNennwertZinsanteil
    0130.000 EURx0,765=22.95030.0007.050
    0230.000 EURx0,807=24.21030.0005.790
    0330.000 EURx0,852=25.56030.0004.440
    0430.000 EURx0,898=26.94030.0003.060
    0530.000 EURx0,948=28.44030.0001.560
    06=30.0000

    Jahr 01

    Konto SKR 03 SollKontenbezeichnungBetrag EURKonto SKR 03 HabenKontenbezeichnungBetrag EUR
    1200Bank (Finanzkonto)30.0001705Darlehen22.950
    8600Sonstige betriebliche Erträge7.050
    Konto SKR 04 SollKontenbezeichnungBetrag EURKonto SKR 04 HabenKontenbezeichnungBetrag EUR
    1800Bank (Finanzkonto)30.0003560Darlehen22.950
    4830Sonstige betriebliche Erträge7.050

    Jahr 02

    Konto SKR 03 SollKontenbezeichnungBetrag EURKonto SKR 03 HabenKontenbezeichnungBetrag EUR
    2100Zinsaufwand1.2601705Darlehen1.260
    Konto SKR 04 SollKontenbezeichnungBetrag EURKonto SKR 04 HabenKontenbezeichnungBetrag EUR
    7300Zinsaufwand1.2603560Darlehen1.260

    Jahr 03

    Konto SKR 03 SollKontenbezeichnungBetrag EURKonto SKR 03 HabenKontenbezeichnungBetrag EUR
    2100Zinsaufwand1.3501705Darlehen1.350
    Konto SKR 04 SollKontenbezeichnungBetrag EURKonto SKR 04 HabenKontenbezeichnungBetrag EUR
    7300Zinsaufwand1.3503560Darlehen1.350

    Jahr 04

    Konto SKR 03 SollKontenbezeichnungBetrag EURKonto SKR 03 HabenKontenbezeichnungBetrag EUR
    2100Zinsaufwand1.3801705Darlehen1.380
    Konto SKR 04 SollKontenbezeichnungBetrag EURKonto SKR 04 HabenKontenbezeichnungBetrag EUR
    7300Zinsaufwand1.3803560Darlehen1.380

    Jahr 05

    Konto SKR 03 SollKontenbezeichnungBetrag EURKonto SKR 03 HabenKontenbezeichnungBetrag EUR
    2100Zinsaufwand1.5001705Darlehen1.500
    Konto SKR 04 SollKontenbezeichnungBetrag EURKonto SKR 04 HabenKontenbezeichnungBetrag EUR
    7300Zinsaufwand1.5003560Darlehen1.500

    Jahr 06

    Konto SKR 03 SollKontenbezeichnungBetrag EURKonto SKR 03 HabenKontenbezeichnungBetrag EUR
    2100Zinsaufwand1.5601705Darlehen1.560
    Konto SKR 04 SollKontenbezeichnungBetrag EURKonto SKR 04 HabenKontenbezeichnungBetrag EUR
    7300Zinsaufwand1.5603560Darlehen1.560

    Hieraus ergibt sich folgende Gewinnauswirkung und Darlehensentwicklung

    GewinnDarlehen
    31.12.01+7.05022.950
    31.12.02-1.260+1.260
    31.12.03-1.350+1.350
    31.12.04-1.380+1.380
    31.12.05-1.500+1.500
    31.12.06-1.560+1.560
    030.000

    Praxis-Tipp

    Unverzinslichkeit vermeiden

    Um eine Abzinsung des Gesellschafterdarlehens zu vermeiden, sollte eine Verzinsung vereinbart werden. Eine verzinsliche Verbindlichkeit liegt grundsätzlich immer dann vor, wenn ein Zinssatz von mehr als 0 % vereinbart wurde. Eine Verzinsung knapp über 0 % ist auch kein Missbrauch der rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten. Dabei ist es unerheblich, ob am Bilanzstichtag fällige Zinsen auch tatsächlich gezahlt wurden. So ist bei einer Stundung von Zinszahlungen weiterhin eine verzinsliche Verbindlichkeit anzunehmen.

    Des Weiteren liegt eine verzinsliche Verbindlichkeit nach Auffassung der Finanzverwaltung auch dann vor, wenn der Verbindlichkeit statt der Kapitalverzinsung andere wirtschaftliche Nachteile gegenüberstehen, z. B. die Verpflichtung zur unentgeltlichen Überlassung eines Wirtschaftsgutes des Betriebsvermögens.

    Achtung

    Latente Steuern in der Handelsbilanz bei unverzinslichen Gesellschafterdarlehen

    Wird ein langfristiges unverzinsliches Gesellschafterdarlehen gewährt, kommt es aufgrund des handelsrechtlichen Abzinsungsverbotes und des steuerrechtlichen Abzinsungsgebotes zwingend zu einer Abweichung zwischen Handels- und Steuerbilanz. Dies führt wiederum zu latenten Steuern, die in der Handelsbilanz entsprechend zu berücksichtigen sind.

    Ist nach der Darlehensvereinbarung nur in bestimmten Zeiträumen eine Verzinsung vorgesehen, liegt nach Auffassung der Finanzverwaltung insgesamt eine verzinsliche Verbindlichkeit vor. In diesem Fall kann eine Abzinsung unterbleiben.

    Achtung

    Fremdüblichkeit des Darlehens beachten

    Ein nur zeitweise verzinstes Gesellschafterdarlehen könnte u. U. als nicht fremdüblich qualifiziert werden. Folge hiervon wäre, dass etwaige Teilwertabschreibungen nicht anerkannt werden aufgrund eines fehlenden Drittvergleichs.

    Auf Ebene des Gesellschafters ist eine Forderung zu aktivieren

    Handelt es sich bei dem Gesellschafter, der das Darlehen gewährt,

    • um einen Kaufmann, der zur Buchführung verpflichtet ist und
    • wird das Darlehen im Betriebsvermögen gehalten (z. B. Darlehen der Muttergesellschaft an die Tochtergesellschaft),

    ist beim Gesellschafter das gewährte Darlehen als Forderung gegenüber der Gesellschaft zu bilanzieren.

    Die Forderung ist mit den Anschaffungskosten anzusetzen, und zwar auch dann, wenn es sich um ein niedrig oder unverzinsliches Darlehen handelt.

    Wird die Darlehensforderung hingegen im Privatvermögen des Gesellschafters „gehalten“ (z. B. Darlehen des Gesellschafters A an „seine“ GmbH), ergeben sich keine bilanziellen Bewertungsfragen. Das Darlehen führt im Krisenfall u. U. zu Anschaffungskosten der Beteiligung.

    Im Krisenfall Rangrücktritt oder Forderungsverzicht

    Ist die Gesellschaft in eine finanzielle Schieflage geraten, stellt sich die Frage, welche Sanierungsmaßnahmen die Gesellschafter ergreifen können, um eine drohende Überschuldung bzw. Insolvenz abzuwenden. Insbesondere Gesellschafterdarlehen spielen bei diesen Maßnahmen eine entscheidende Rolle.

     

    Rangrücktritt

    Der Rangrückritt ist in der Insolvenzordnung (InsO) gesetzlich verankert. Eine Überschuldung liegt vor, wenn das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt, es sei denn, die Fortführung des Unternehmens ist nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich.

    Forderungen auf Rückgewähr von Gesellschafterdarlehen oder aus Rechtshandlungen, die einem solchen Darlehen wirtschaftlich entsprechen, sind nicht bei den Verbindlichkeiten zu berücksichtigen. Voraussetzung hierfür ist, dass zwischen Gläubiger und Schuldner der Nachrang im Insolvenzverfahren hinter den in § 39 Abs. 1 Nrn. 1–5 InsO bezeichneten Forderungen vereinbart worden ist.

    Durch einen solchen Rangrücktritt kann somit eine Überschuldung bzw. drohende Insolvenz zunächst vermieden werden, da diese Verbindlichkeit im Rahmen der insolvenzrechtlichen Überschuldungsbilanz nunmehr nicht mehr als Fremdkapital, sondern als Eigenkapital qualifiziert wird. Im Gegensatz zu einem Forderungsverzicht hat der Rangrücktritt keine Auswirkung auf die Passivierungspflicht des Gesellschafterdarlehens als Verbindlichkeit in der Handels- und Steuerbilanz. Der Rangrücktritt bewirkt lediglich eine veränderte Rangordnung, lässt aber den Bestand und die Höhe der Verbindlichkeit unberührt.

    Gesellschafterdarlehen im Insolvenzfall grafisch dargestellt

    Abb. 2: Gesellschaftsdarlehen im Insolvenzfall

    Achtung

    Ein qualifizierter Rangrücktritt ist nicht mehr notwendig

    Der BGH hat in seinem Urteil vom 08.01.2001 entschieden, dass zur Vermeidung des Überschuldungsstatus ein qualifizierter Rangrücktritt erforderlich ist.

    Bei einem qualifizierten Rangrücktritt erklärt der Gläubiger sinngemäß, er wolle wegen der Forderung

    • erst nach Befriedigung sämtlicher anderer Gläubiger der Gesellschaft und
    • bis zur Abwendung der Krise – auch nicht vor, sondern nur zugleich mit den Einlagenrückgewähransprüchen der Gesellschafter berücksichtigt werden.
    • D. h., dass er im Ergebnis so behandelt wird, als würde keine Forderung bestehen, sondern als ob es sich bei dem Gesellschafterdarlehen um Kapital handelt.
      Dieses Urteil ist zur alten Rechtslage der eigenkapitalersetzenden Darlehen ergangen. Nach dem MoMiG ist allerdings kein qualifizierter Rangrücktritt mehr notwendig, um eine Passivierung in der Überschuldungsbilanz zu vermeiden. Es reicht nunmehr ein einfacher Rangrücktritt aus, bei dem Schuldner und Gläubiger dies vereinbaren:

    Eine Rückzahlung der Verbindlichkeit erfolgt nur dann, wenn der Schuldner dazu aus zukünftigen Gewinnen, aus einem Liquidationsüberschuss oder aus anderem freien Vermögen künftig in der Lage ist und der Gläubiger mit seiner Forderung im Rang hinter alle anderen Gläubiger zurücktritt.

    Auch in der Steuerbilanz führt ein Rangrücktritt nicht zur (ertragswirksamen) Ausbuchung der Verbindlichkeit. Es darf weder eine Verbindlichkeit angesetzt noch eine Rückstellung gebildet werden, wenn die Verpflichtung nur zu erfüllen ist, soweit künftig Einnahmen oder Gewinne anfallen. Eine solche Verbindlichkeit oder Rückstellung darf erst angesetzt werden, wenn die Einnahmen oder Gewinne angefallen sind. Voraussetzung ist aber, dass zwischen dem Ansatz der Verbindlichkeit und Gewinnen und Einnahmen eine Abhängigkeit im Zahlungsjahr besteht.
    Im Falle eines Rangrücktritts besteht die erforderliche Abhängigkeit zwischen Verbindlichkeit und Einnahmen oder Gewinnen jedoch nicht, sodass nach Auffassung der Finanzverwaltung der Tatbestand des § 5 Abs. 2a EStG nicht erfüllt ist und die Verbindlichkeit somit zu passivieren ist.

    Forderungsverzicht

    Erklärt der Gesellschafter einen Forderungsverzicht, führt dies auf Ebene der Gesellschaft handelsrechtlich zu einer erfolgswirksamen Auflösung der Verbindlichkeit.

    Im steuerlichen Bereich hängt die Behandlung

    • zum einen davon ab, ob der Verzicht durch das Gesellschaftsverhältnis oder betrieblich veranlasst ist, und
    • zum anderen davon ab, ob und ggf. in welcher Höhe das Darlehen im Zeitpunkt des Forderungsverzichts noch werthaltig ist.

    Betrieblich veranlasst ist der Verzicht immer dann, wenn im Rahmen der Sanierungsmaßnahmen auch andere Gläubiger auf ihre Forderungen verzichten. Aus betrieblichen Gründen wird eine Schuld auch erlassen, wenn der Erlass der Sanierung des Unternehmens des Schuldners dienen soll. Es genügt die Vorstellung des Gläubigers, dass der Erlass für die weitere Existenz des Unternehmens des Schuldners notwendig sei.

    Eine gesellschaftliche Veranlassung liegt hingegen vor, wenn ein Nichtgesellschafter bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns der Gesellschaft den Vermögensvorteil nicht eingeräumt hätte. Dementsprechend ist ein Forderungsverzicht dann gesellschaftlich und nicht betrieblich veranlasst, wenn der Gesellschafter bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns die Schulden nicht erlassen hätte.

    Ist der Darlehensverzicht betrieblich veranlasst, führt dies auf Ebene der Gesellschaft zu einem außerordentlichen Ertrag aufgrund der Ausbuchung der Verbindlichkeit, und zwar unabhängig davon, ob die Forderung des Gesellschafters (noch) werthaltig war oder nicht. Beim Gesellschafter führt der Verzicht zu Aufwand.

    Wird der Darlehensverzicht als gesellschaftlich veranlasst qualifiziert, führt der Verzicht in Höhe des werthaltigen Teils auf Ebene der Gesellschaft zu einer steuerneutralen Einlage des Gesellschafters. Buchführungstechnisch liegt zunächst innerhalb der Bilanz ein Ertrag vor, dieser Ertrag ist außerhalb der Bilanz zu neutralisieren. In Höhe des nicht werthaltigen Teils der Forderung kommt es bei der Gesellschaft zu einem steuerpflichtigen Ertrag, dieser Teil gilt nicht als verdeckte Einlage und ist deshalb nicht außerhalb der Bilanz zu neutralisieren. Beim Gesellschafter führt die Einlage in das Gesellschaftsvermögen zu nachträglichen Anschaffungskosten der Beteiligung. Gleichzeitig erhöht sich das steuerliche Einlagekonto in Höhe der verdeckten Einlage. In Höhe des noch werthaltigen Teils kommt es zu einem Zufluss beim Gesellschafter.

    Forderungsverzicht mit Besserungsschein

    Neben dem unbedingten Forderungsverzicht kann auch ein Forderungsverzicht mit Besserungsschein ausgesprochen werden. Der Gläubiger verzichtet hierdurch nicht endgültig, sondern nur vorübergehend auf seine Forderung. Bei einer Besserung der Vermögensverhältnisse partizipiert er an den zukünftigen Gewinnen oder aus einem Liquidationserlös. Der Vorzug gegenüber einem Rangrücktritt besteht darin, dass die (überschuldete) Gesellschaft durch diese Maßnahme ihr Bilanzbild und somit letztlich ihre Kreditwürdigkeit verbessert.

    Darstellung in der Handelsbilanz

    Bilanziell ergeben sich keine Unterschiede zu einem unbedingten (generellen) Forderungsverzicht, d. h., es kommt in der Handelsbilanz zur Ausbuchung der Verbindlichkeit und einem daraus resultierenden außerordentlichen Ertrag. Bei Gesellschafterdarlehen ist aber auch die Einstellung in die Kapitalrücklage zulässig.

    Auswirkung in der Steuerbilanz

    Wie in der Handelsbilanz ist die Verbindlichkeit im Zeitpunkt des Verzichts in der Steuerbilanz erfolgswirksam auszubuchen. Um eine Besteuerung zu vermeiden, besteht die Möglichkeit eines Antrags auf zinsfreie Stundung der Ertragsteuern auf den Gewinn aus Sanierungsmaßnahmen. Voraussetzungen für die Annahme eines i. S. d. Finanzverwaltung begünstigten Sanierungsgewinns sind die Sanierungsbedürftigkeit und die Sanierungsfähigkeit des Unternehmens, die Sanierungseignung des Schulderlasses und die Sanierungsabsicht der Gläubiger. Liegt ein Sanierungsplan vor, kann davon ausgegangen werden, dass diese Voraussetzungen erfüllt sind.

    Bei einem Forderungsverzicht gegen Besserungsschein ist die auf den Sanierungsgewinn entfallende Steuer so lange zu stunden, wie Zahlungen auf den Besserungsschein geleistet werden können. Während dieses Zeitraums darf auch kein Erlass ausgesprochen werden.

    Nach abschließender Prüfung und nach Feststellung der endgültigen auf den verbleibenden zu versteuernden Sanierungsgewinn entfallenden Steuer muss die Steuer erlassen werden (Ermessensreduzierung auf Null). Das Gleiche gilt für erhobene Stundungszinsen, soweit sie auf gestundete Steuerbeträge entfallen, die erlassen wurden.

    Tritt schließlich der Besserungsfall ein, lebt die Passivierungspflicht für die Verbindlichkeit wieder auf, d. h., das Gesellschafterdarlehen ist sowohl in der Handels- als auch in der Steuerbilanz wieder aufwandswirksam in der sich nach den Verhältnissen der Besserung ergebenden Höhe einzubuchen.

    Dies gilt auch dann, wenn in der Handelsbilanz eine Erhöhung der Kapitalrücklage vorgenommen wurde. Auch hier ist im Zeitpunkt des Eintritts der Besserung die entsprechende Verbindlichkeit ebenfalls erfolgswirksam einzubuchen, allerdings darf ggf. hierzu korrespondierend die Kapitalrücklage zur Erhöhung des Bilanzgewinns aufgelöst werden.

    Falls auch etwaige Zinsansprüche vom Zeitpunkt des Verzichts bis zum Zeitpunkt des Besserungseintritts wiederaufleben, ist ein Zinsaufwand in entsprechender Höhe in der Gewinn- und Verlustrechnung auszuweisen.

    Im Falle, dass der Forderungsverzicht als steuerneutrale Einlage außerbilanziell korrigiert wurde, ist nun im Besserungsfall die Gewinnminderung in gleicher Weise zu korrigieren, indem die Gewinnminderung außerbilanziell rückgängig gemacht und das steuerliche Einlagekonto in entsprechender Höhe verringert wird.

    Eigenkapitalersetzende Darlehen gibt es nicht mehr

    Durch das MoMiG wurden die §§ 32 a, 32b GmbHG sowie § 129 a und § 172 a HGB ersatzlos gestrichen. Ein eigenkapitalersetzendes Darlehen gibt es nicht mehr. Als Konsequenz hieraus kann künftig die Rückzahlung eines Gesellschafterdarlehens nicht mehr unter Berufung auf eine analoge Anwendung des § 30 GmbHG verweigert werden.

    Forderungen aus Gesellschafterdarlehen und wirtschaftlich entsprechenden Leistungen werden im Fall der Insolvenz stets nachrangig befriedigt. Hierbei spielt es auch keine Rolle wann das Darlehen der Gesellschaft gewährt wurde. Lediglich für Sanierungsdarlehen und Darlehen durch nicht geschäftsführende Gesellschafter, die mit bis zu 10 % am Haftkapital beteiligt sind, bestehen Ausnahmen.

    Mit dem MoMiG werden alle Finanzierungen durch den Gesellschafter gleichbehandelt, d. h., es gibt nur noch „normale“ Gesellschafterdarlehen.

    Steuerliche Behandlung bei Ausfall des Gesellschafterdarlehens

    Soweit die Rückzahlung eines Gesellschafterdarlehens durch die Gesellschaft nicht mehr möglich ist, begehrt der Gesellschafter grundsätzlich die Berücksichtigung des eingetretenen Verlusts in seiner privaten Sphäre. Dies erfolgte bisher, indem der ausgefallene Darlehensbetrag die Anschaffungskosten der Gesellschaftsanteile erhöhte. Somit war im Fall der Veräußerung oder Abwicklung der Gesellschaft ein geringerer Gewinn nach § 17 EStG zu versteuern.

    Durch die Aufhebung des Eigenkapitalgrundsatzes durch das Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen wurde jedoch dieser Handhabung die gesetzliche Grundlage entzogen.

    In der Folge wurde die Behandlung derartiger Fälle sowie die Behandlung von der Inanspruchnahme aus Bürgschaften, welche bisher ebenfalls zu nachträglichen Anschaffungskosten führte, in der Literatur vielfach diskutiert. Nun schaffte der BFH mit dem Urteil vom 11.07.2017 für die Behandlung dieser Fälle Klarheit.

    Danach sind Aufwendungen eines Gesellschafters aus dem Ausfall eines Gesellschafterdarlehens sowie aus der Inanspruchnahme als Bürge für Verbindlichkeiten der Gesellschaft keine nachträglichen Anschaffungskosten auf seine Beteiligung. Somit kann der Verlust eines Gesellschaftsdarlehens steuerlich grundsätzlich nicht mehr geltend gemacht werden.

    Dem BFH war die Bedeutung und die Auswirkung dieses Urteils für die Praxis bewusst. Daher wurde eine Art Übergangsregelung getroffen. Hiernach sind die bisherigen Grundsätze zur Berücksichtigung von nachträglichen Anschaffungskosten aus eigenkapitalersetzenden Darlehen weiter anzuwenden, wenn der Gesellschafter eine eigenkapitalersetzende Finanzierungshilfe bis zum Tag der Veröffentlichung dieses Urteil geleistet hat oder eine Finanzierungshilfe des Gesellschafters bis zu diesem Tag eigenkapitalersetzend geworden ist. Stichtag ist somit der 27.9.2017.

    Für die Frage, wann eine Finanzierungshilfe eigenkapitalersetzend geworden ist, ist auf das BMF-Schreiben vom 21.10.2010 abzustellen. Siehe hierzu die Ausführungen unter 3. sowie das genannte BMF-Schreiben.

    Dieses Urteil ist von großer Bedeutung. Zukünftig ist sowohl bei der Gründung einer Gesellschaft sowie bei der Wahl der Finanzierungsmittel sorgfältig abzuwägen. Für den Fall, dass die Wahl auf ein Gesellschafterdarlehen fällt, ist zu beachten, dass diese im Falle einer späteren Insolvenz der Gesellschaft steuerlich nicht mehr geltend gemacht werden können. Selbiges gilt für die Inanspruchnahme aus einer Bürgschaft für Verbindlichkeiten der Gesellschaft. Daher sollten Gesellschafterdarlehen bei der Wahl der Finanzierungsmittel nicht die Regel sein. Im Falle eines derartigen Darlehens sollte eine zügige Rückzahlung forciert werden.

    Das BFH-Urteil vom 24.10.2017 behandelt den insolvenzbedingten Ausfall einer privaten Darlehensforderung. Dieser wird hierbei als Verlust aus Kapitalvermögen nach § 20 EStG qualifiziert. In dem Urteilsfall wurde über eine Darlehensforderung zwischen zwei fremden Dritten entschieden.

    Daher ist es fraglich, inwieweit dieses Urteil auf die Behandlung von Gesellschafterdarlehen anzuwenden ist. Insbesondere führte der BFH in der Pressemitteilung Nummer 77 vom 20.12.2017 aus: „Inwieweit diese Grundsätze auf einen Forderungsverzicht oder etwa den Verlust aus der Auflösung einer Kapitalgesellschaft gelten, hatte der BFH nicht zu entscheiden“.

    Hinweis

    Gesellschafter-Darlehen stehen in der Insolvenz immer hinten an

    Bei einer Insolvenz bzw. einer Gläubigeranfechtung bestehen nach der Insolvenzordnung (InsO) Sonderregelungen. Alle Gesellschafter-Darlehen werden nachrangig behandelt. Darüber hinaus werden alle Zahlungen in einem Zeitraum von einem Jahr vor der Insolvenz von der in § 135 InsO geregelten Insolvenzanfechtung erfasst.

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