Verbindlichkeiten
Inhaltsverzeichnis
Was sind Verbindlichkeiten?
Eine Verbindlichkeit ist eine Zahlungsverpflichtung, die Sie als Schuldner gegenüber einem Gläubiger haben. Je nach Art der Verbindlichkeit und vertraglicher Bestimmung kann es sich dabei um Geld oder eine geldwerte Leistung handeln. Üblicherweise entstehen Verbindlichkeiten, wenn Sie einen Lieferanten entlohnen oder in Anspruch genommene Leistungen bezahlen müssen. Man spricht dann auch von Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen (VLL).
Allgemeines
In der Bilanz werden Verbindlichkeiten auf der Passivseite gebucht. Unterscheiden müssen Sie zwischen:
- Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen: Höhe und Datum der Fälligkeit sind bekannt
- Sonstigen Verbindlichkeiten: Höhe und Datum der Fälligkeit sind bekannt, werden jedoch erst in der nächsten Periode bezahlt
- Rückstellungen: Erwartete Verbindlichkeiten, die jedoch in Höhe und Fälligkeit noch ungewiss sind
Eine Besonderheit existiert bei der Laufzeit einer Verbindlichkeit. Liegt diese unter einem Jahr oder über fünf Jahren, muss sie gesondert ausgewiesen werden.
In der Buchhaltung ist das Gegenstück zur Verbindlichkeit die Forderung, die Sie gegenüber einem Kunden oder einem Lieferanten besitzen. Diese dürfen jedoch nicht direkt miteinander verrechnet werden. Es besteht hier das sogenannte Verrechnungsverbot.
Wodurch zeichnen sich Verbindlichkeiten aus?
Eine Verbindlichkeit zeichnet sich nach dem Bilanzsteuerrecht immer dadurch aus, dass ein Leistungszwang zwischen zwei Parteien besteht, bei dem die Erfüllung eine wirtschaftliche Belastung für den Schuldner darstellt. In einer Bilanz dürfen nur betriebliche Schulden erfasst werden. Das ist dann gegeben, wenn eine Verbindlichkeit zur Erfüllung eines betrieblichen Zwecks für ein Unternehmen entstanden ist.
Wann ist eine Schuld betrieblich?
Nicht alle Schulden sind betrieblicher Art. Um sie in der Bilanz erfassen zu können, muss klar sein, dass sie einem betrieblichen Zweck dienen, zum Beispiel der Kauf von Rohstoffen zur Herstellung von Wirtschaftsgütern.
Das einem Betriebsinhaber von einem Angehörigen gewährte Darlehen, das zwar zivilrechtlich, aber unter Heranziehung des Fremdvergleichs steuerrechtlich nicht anzuerkennen ist, ist nicht dem Betriebsvermögen, sondern dem Privatvermögen des Betriebsinhabers zuzuordnen. Daraus folgt nicht nur, dass die Zinsen nicht als Betriebsausgaben abzugsfähig sind, sondern auch, dass die Darlehensvaluta selbst dem Privatvermögen des Betriebsinhabers zuzuordnen ist.
Verbindlichkeiten werden hinsichtlich ihrer Restlaufzeit eingeteilt in
- kurzfristige und
- langfristige Verbindlichkeiten
Die langfristigen Verbindlichkeiten unterscheiden sich in
- Verbindlichkeiten mit einer Restlaufzeit von 1–5 Jahren und
- Verbindlichkeiten mit einer Restlaufzeit von mehr als 5 Jahren.
Restlaufzeit ist der Zeitraum zwischen dem Bilanzstichtag und dem gesetzlich festgelegten oder vertraglich vereinbarten Fälligkeitszeitpunkt. Erforderlichenfalls ist die Restlaufzeit zu schätzen.
Zu den kurzfristigen Verbindlichkeiten gehören typischerweise
- Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen;
- Verbindlichkeiten aus der Annahme gezogener und der Ausstellung eigener Wechsel;
- Verbindlichkeiten aus Kontokorrentkrediten der Banken;
- erhaltene Anzahlungen und
- sonstige kurzfristige Verbindlichkeiten.
Entstehungszeitpunkt
Die Passivierung kann nur erfolgen, wenn die Verbindlichkeit zum Bilanzstichtag rechtlich bzw. wirtschaftlich verursacht ist. Eine Verbindlichkeit bzw. der Anspruch auf Gegenleistung entsteht, soweit die Vertragspartner ihre vertraglichen Leistungen wie Übergabe der Ware oder des Werks usw. erfüllt haben.
Wichtig
Fälligkeitszeitpunkt ist nicht Entstehungszeitpunkt
Der Entstehungszeitpunkt ist zu unterscheiden vom Zeitpunkt der Fälligkeit. Fälligkeitszeitpunkt ist der Termin, ab dem der liefernde Unternehmer das vereinbarte Entgelt fordern kann. Haben die Parteien nichts anderes bestimmt, so wird die Forderung mit ihrem Entstehen „sofort“ fällig. In der Praxis werden oft Zahlungsziele von 10, 20 oder 30 Tagen vereinbart
Praxis-Beispiel
Kauf eines Computers auf Rechnung
Unternehmer bestellt bei der Firma Q am 30.1.01 einen PC zum Preis von 1.000 EUR zzgl. 19 % Umsatzsteuer. Der PC wird am 26.2.01 geliefert; Zahlungsziel ist vereinbarungsgemäß der 30.6.01. Der Rechnungsbetrag (inkl. 190 EUR Umsatzsteuer) ist als Verbindlichkeit aus Lieferungen und Leistungen zu erfassen.
Buchung am 26.2.01
Hinweis zu Umsatzsteuer:
Im Rechnungsbetrag sind 19 % Umsatzsteuer (= 190 EUR) enthalten.
Bei einer Anzahlung entsteht die Verbindlichkeit mit Zufluss der Anzahlung auf dem Konto. Wird ein Kredit aufgenommen, entsteht die Verbindlichkeit gegenüber dem Kreditinstitut mit Abschluss des Darlehensvertrags und nach Auszahlung der Darlehenssumme. Aufschiebend bedingt entstehende (= künftige) Verbindlichkeiten sind erst mit Eintritt der Bedingung auszuweisen, z. B. Bürgschaften.
Weist ein Unternehmer Umsatzsteuer doppelt aus (sowohl in Abschlags- als auch in Endrechnungen), ohne, dass ihm eine Steuerhinterziehung vorzuwerfen ist, muss er die zusätzlich geschuldeten Umsatzsteuerbeträge in den Jahren als Verbindlichkeiten passivieren, in denen sie infolge des doppelten Ausweises entstanden sind, und nicht erst im Jahr der Aufdeckung dieser Vorgänge durch die Betriebsprüfung.
Bilanzansatz
Verbindlichkeiten sind handels- und steuerrechtlich als Passivposten auszuweisen.
Handelsbilanz
Handelsrechtlich sind sämtliche Schulden in der Bilanz gesondert auszuweisen und hinreichendaufzugliedern. Die Passivierung kann nur erfolgen, wenn die Verbindlichkeit zum Bilanzstichtag rechtlich bzw. wirtschaftlich verursacht ist.
Wichtig
Nicht passivierungspflichtige Verbindlichkeiten
Nicht zu den passivierungspflichtigen Verbindlichkeiten gehören Bürgschaftsverpflichtungen an sich oder Verbindlichkeiten, die aus zukünftigen Gewinnen zu tilgen sind, sowie schwebende Geschäfte. Ein schwebendes Geschäft liegt vor, wenn ein gegenseitiger Vertrag geschlossen worden ist, aber noch keiner der Vertragsparteien geleistet hat.
Auch Verbindlichkeiten, die von einer Wahlrechtsausübung des Gläubigers (Bausparer) abhängen, sind grundsätzlich nicht als Verbindlichkeiten auszuweisen.
Hinweis
Sondervorschriften für Kapitalgesellschaften
Kapitalgesellschaften (GmbH, AG) müssen den Betrag der Verbindlichkeiten mit einer Restlaufzeit bis zu einem Jahr und den Betrag mit einer Restlaufzeit von mehr als einem Jahr zu jedem ausgewiesenen Posten in der Handelsbilanz vermerken. Ferner ist der Betrag der Verbindlichkeiten mit einer Restlaufzeit von 5 Jahren bei Kapitalgesellschaften im Anhang anzugeben. Große und mittelgroße Kapitalgesellschaften sind an das gesetzliche Gliederungsschema der Bilanz auch im Anhang gebunden. Mittelgroße Kapitalgesellschaften dürfen für Zwecke der Offenlegung ihren Anhang ohne diese Aufgliederung zum Handelsregister einreichen.
Steuerbilanz
Steuerrechtlich finden die handelsrechtlichen Regelungen zur Erfassung der Verbindlichkeiten nach dem Maßgeblichkeitsprinzip Anwendung.
Bilanzierung von Verbindlichkeiten bei Rangrücktritt
Der BGH vertritt zu §§ 19 Abs. 2, 39 Abs. 2 InsO, die Ansicht, dass es sich bei der Vereinbarung eines qualifizierten Rangrücktritts zwischen der Gesellschaft und dem Gläubiger um einen echten Vertrag zugunsten Dritter i. S. d. § 328 BGB handeln muss, damit dieser nicht als Verbindlichkeit passiviert werden muss. Eine Verbindlichkeit, die nach einer im Zeitpunkt der Überschuldung getroffenen Rangrücktrittsvereinbarung nur aus einem zukünftigen Bilanzgewinn und aus einem etwaigen Liquidationsüberschuss zu tilgen ist, unterliegt dem Passivierungsverbot des § 5 Abs. 2a EStG.
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Bewertung
Handelsbilanz
Verbindlichkeiten sind grundsätzlich einzeln zu bewerten. Handelsrechtlich sind Verbindlichkeiten mit ihrem Erfüllungsbetrag zu bewerten. Dieser entspricht bei Geldverbindlichkeiten dem Nennwert. Auf Sach- und Dienstleistungsverpflichtungen gerichtete Verbindlichkeiten sind mit dem Betrag zu passivieren, der den zur Leistung erforderlichen Aufwendungen (Vollkosten) entspricht.
Für die Folgebewertung von Verbindlichkeiten gilt das Höchstwertprinzip, sodass bei Erhöhung der Verbindlichkeit (bei der Sachleistungsverpflichtung aufgrund von Kostensteigerung) diese den Zugangswert verdrängt.
Nicht ausdrücklich im Gesetz geklärt ist, wie zu verfahren ist, wenn der Stichtagswert der Schuld nach einer Zuschreibung sinkt.
Fremdwährungsverbindlichkeiten werden ebenfalls mit dem Rückzahlungsbetrag (Devisenkassamittelkurs) bewertet. Für die Bilanzierung und Bewertung sich ändernder Rückzahlungsbeträge aufgrund schwankender Devisenkurse gilt Folgendes:
- Ist der Währungskurs am Bilanzstichtag gestiegen, muss der höhere Rückzahlungsbetrag passiviert werden.
- Ist der Währungskurs am Bilanzstichtag gefallen, darf die Währungsverbindlichkeit nicht mit dem niedrigeren Betrag passiviert werden.
Bei Fremdwährungsverbindlichkeiten mit einer Restlaufzeit von bis zu 1 einem Jahr entfällt eine Wertkorrektur.
Seit BilMoG besteht ein handelsrechtliches Abschreibungswahlrecht bei vorübergehender Wertminderung von Finanzanlagen. Dieses Wahlrecht findet steuerlich keine Anwendung.
Achtung
Berücksichtigung künftiger Wertverhältnisse
Nach BilMoG sind in der Handelsbilanz zukünftige Preis- und Kostensteigerungen zu berücksichtigen. Hierfür ist erforderlich, dass am Abschlussstichtag bereits ausreichende objektive Hinweise für den Eintritt künftiger Preis- und Kostensteigerungen vorliegen.
Steuerbilanz
Die handelsrechtlichen Bewertungsgrundsätze gelten auch für die Steuerbilanz, soweit das Steuerrecht keine eigenständigen Bewertungsvorschriften enthält. Steuerrechtlich gilt das sog. Anschaffungskostenprinzip, d. h. sie sind mit dem Erfüllungsbetrag anzusetzen (= vereinbarter Wert der Gegenleistung).
Bei Verbindlichkeiten spricht man i. d. R. auch vom Nennbetrag oder Rückzahlungsbetrag. Dieser stellt gleichzeitig auch die Bewertungsuntergrenze dar. Bei der Bewertung von Verbindlichkeiten ist das Höchstwertprinzip zu beachten (= striktes Wertaufholungsgebot). Steigt der Kurs einer Verbindlichkeit dauerhaft, ist eine Zuschreibung auf den höheren Teilwert vorzunehmen. Ein niedrigerer Teilwert darf nicht ausgewiesen werden, weil dann nicht realisierte Gewinne entstehen würden, deren Ausweis nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung nicht zulässig ist.
Sofern Unternehmer eine Verbindlichkeit mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit nicht mehr erfüllen müssen, z. B. Verjährung nach §§ 195 ff. BGB, ist sie mit 0 EUR zu bewerten. Die Verbindlichkeit ist Gewinn erhöhend auszubuchen.
Rentenverbindlichkeiten haben keinen Nennwert. Maßgebend für ihre Bewertung ist der Rentenbarwert.
Es besteht insbesondere keine Bindung des handelsrechtlichen Wertansatzes für die Steuerbilanz, wenn in der Handelsbilanz fehlerhafte Werte angesetzt wurden.
Steuerrechtliche Besonderheiten
Abzinsungsgebot
Verbindlichkeiten in der Bilanz sind grundsätzlich mit 5,5 % p. a. für jedes Jahr der Restlaufzeit der Verbindlichkeit abzuzinsen. Dies gilt auch für Gesellschafterdarlehen an die GmbH. Gegebenenfalls muss dann die Restlaufzeit geschätzt werden.
Ein zwar kurzfristig kündbares, jedoch auf eine längere Laufzeit angelegtes, unverzinsliches Darlehen ist abzuzinsen, wenn die Restlaufzeit des Darlehens zum Bilanzstichtag weder bestimmt noch auch nur annähernd bestimmbar ist.
Unverzinsliche (betriebliche) Verbindlichkeiten aus Darlehen, die ein Angehöriger einem Gewerbetreibenden, Selbstständigen oder Land- und Forstwirt gewährt, sind nach § 6 Abs. 1 Nr. 6 3 EStG abzuzinsen, wenn der Darlehensvertrag unter Heranziehung des Fremdvergleichs steuerrechtlich anzuerkennen ist.
Eine Darlehensforderung ist auch dann gem. § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG abzuzinsen, wenn für eine bis zum Bilanzstichtag unverzinsliche Darlehensforderung aufgrund einer erst nach dem Bilanzstichtag getroffenen Absprache eine Verzinsung vereinbart wird.
Ausgenommen sind folgende Verbindlichkeiten: Verbindlichkeiten mit einer Laufzeit von weniger als 12 Monaten, z. B. Lieferantenverbindlichkeiten; verzinsliche Verbindlichkeiten, z. B. Bankschulden; Verbindlichkeiten, die auf einer Vorauszahlung oder auf einer Vorleistung beruhen.
Die Abzinsung entfällt vollständig für verzinsliche Verbindlichkeiten, auch wenn nur ein minimaler Zins vereinbart wird. Es empfiehlt sich in der Praxis, für einschlägige Darlehen eine geringe Verzinsung von z. B. 1 % zu vereinbaren.
Einer Verzinsung wird es gleichgestellt, wenn der Darlehensnehmer eine Gegenleistung zu erbringen hat (Abnahmeverpflichtung, Verzicht auf Boni oder Rabatte usw.). Die Vervielfältiger für unverzinsliche Darlehen sind veröffentlicht in einem Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen.
Praxis-Beispiel
Unverzinsliches Darlehen
Ein Unternehmer hat am 29.12.01 ein unverzinsliches Darlehen i. H. v. 200.000 EUR von einem Geschäftsfreund überwiesen bekommen.
Das Darlehen ist am 1.1.05 in einem Betrag zu tilgen; die Laufzeit beträgt 3 Jahre.
Bilanzierung des Darlehens:
Buchung am 29.12.01 – Zufluss des Darlehensbetrags
Buchung am 31.12.01 – Abzinsung
Buchung am 31.12.02 – Abzinsung
Buchung am 31.12.03 – Abzinsung
Buchung am 31.12.04 – Abzinsung
Verbindlichkeiten in ausländischer Währung, Valutaverbindlichkeiten, müssen grundsätzlich mit dem Kurswert in Euro zum Zeitpunkt der Schuldbegründung angesetzt werden.
Kursänderungen bis zur erstmaligen Bilanzierung sind unmaßgeblich und demnach auch nicht zu berücksichtigen.
Entwickelt sich ein Kurs bei Fremdwährungsverbindlichkeiten für Steuerpflichtige günstig, gilt handelsrechtlich wie steuerrechtlich die Beschränkung des Wertansatzes auf die historischen Anschaffungskosten der Verbindlichkeiten.
Nur unter der Voraussetzung einer voraussichtlich dauernden Erhöhung des Kurswerts kann an den nachfolgenden Bilanzstichtagen der höhere Wert angesetzt werden.
Wichtig
Veränderung des Währungskurses
Der BFH hat in einer Entscheidung in 2009 ausgeführt: Ob bei Fremdwährungsverbindlichkeiten eine Veränderung des Währungskurses zum Bilanzstichtag eine voraussichtlich dauerhafte Teilwerterhöhung ist, hängt maßgeblich von der Laufzeit der Verbindlichkeit ab.
Bei Fremdwährungsverbindlichkeiten, die eine Restlaufzeit von ca. 10 Jahren haben, begründet ein Kursanstieg der Fremdwährung grundsätzlich keine voraussichtlich dauernde Teilwerterhöhung. In diesen Fällen ist davon auszugehen, dass sich Währungsschwankungen i. d. R. ausgleichen.
Fällt der Kurs nach diesem Bilanzstichtag, dann muss der Unternehmer die Valutaverbindlichkeit wieder auf den niedrigeren Teilwert herabsetzen – jedoch nicht unterhalb der ursprünglichen Anschaffungskosten. Sofern der Kurs also niedriger ist als die Anschaffungskosten, sind die Anschaffungskosten anzusetzen.
Der Teilwert ist der Betrag, den ein Erwerber des ganzen Betriebs im Rahmen des Gesamtkaufpreises für das einzelne Wirtschaftsgut ansetzen würde, unterstellt, dass der Erwerber den Betrieb fortführt.
Ein langfristiges Fremdwährungsdarlehen ist auch bei höherem Teilwert mit den Anschaffungskosten zu bilanzieren, wenn am Bilanzstichtag die Restlaufzeit mehr als 10 Jahre beträgt und noch von einer Üblichkeit der Wechselkursschwankungen ausgegangen werden kann.
Bei Fremdwährungsverbindlichkeiten kann von einer voraussichtlich dauernden Wertminderung ausgegangen werden, wenn die Kursschwankung eine Grenze von 20 % für den einzelnen Bilanzstichtag bzw. von 10 % für 2 aufeinanderfolgende Stichtage überschreitet.
Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten
In der Handelsbilanz sind für ungewisse Verbindlichkeiten Rückstellungen zu bilden. Da diese Verpflichtung zu den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung gehört, gilt sie auch für die Steuerbilanz. Voraussetzung für die Bildung einer Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten ist nach ständiger Rechtsprechung des BFH entweder das Bestehen einer dem Betrag nach ungewissen, dem Grunde nach aber bestehenden Verbindlichkeit oder die hinreichende Wahrscheinlichkeit des künftigen Entstehens einer – ggf. zugleich auch ihrer Höhe nach noch ungewissen – Verbindlichkeit. Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten sind erstmals im Jahresabschluss des Wirtschaftsjahres zu bilden, in dem sie wirtschaftlich verursacht sind.
Mögliche Gründe für die Bildung von Rückstellungen in der Bilanz
Auch öffentlich-rechtliche Verpflichtungen können Grundlage für eine Rückstellung sein; zur Abgrenzung von nicht zulässigen reinen Aufwandsrückstellungen ist jedoch dafür Voraussetzung, dass die Verpflichtung hinreichend konkretisiert ist, d. h. es muss regelmäßig ein inhaltlich bestimmtes Handeln durch Gesetz oder Verwaltungsakt innerhalb eines bestimmten Zeitraums vorgeschrieben und an die Verletzung der Verpflichtung müssen Sanktionen geknüpft sein. Die Verpflichtung zur Entsorgung eigenen Abfalls nach dem Abfallgesetz ist als eigenbetrieblicher Aufwand nicht rückstellungsfähig.
Für zusätzliche Kammerbeiträge (Sonderbeiträge)zur Handwerkskammer eines künftigen Beitragsjahres, die sich nach der Höhe des in einem vergangenen Steuerjahr erzielten Gewinns bemessen, kann keine Rückstellung gebildet werden.
Trägt eine Steuerberatungsgesellschaft ohne eine zivilrechtliche Verpflichtung freiwillig zur Kundenbindung im Rahmen noch bestehender Mandatsverhältnisse die Kosten einer zehnjährigen Aufbewahrung der Mandantendaten im DATEV-Rechenzentrum, so ist sie insoweit nicht zur Bildung einer gewinnmindernden Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten berechtigt.
Für die Verpflichtung eines Kraftfahrzeughändlers, verkaufte Kraftfahrzeuge auf Verlangen des Käufers zurückzukaufen, ist eine Verbindlichkeit in Höhe des dafür vereinnahmten – ggf. zu schätzenden – Entgelts auszuweisen.
Auch Rückstellungen für betriebliche Schadensersatzverpflichtungen aus strafbaren Handlungen sind zu bilden, wenn mit einiger Wahrscheinlichkeit damit zu rechnen ist, dass der Steuerpflichtige in Anspruch genommen wird.
Der für die Passivierung rechtlich noch nicht bestehender Verbindlichkeiten erforderliche wirtschaftliche Bezug zum Zeitraum vor dem jeweiligen Bilanzstichtag ist bei behördlichen Auflagen zur technischen Umrüstung vor Ablauf der Umsetzungsfristen nicht gegeben. Ist eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung am Bilanzstichtag bereits rechtlich entstanden, bedarf es keiner Prüfung der wirtschaftlichen Verursachung mehr, weil eine Verpflichtung spätestens im Zeitpunkt ihrer rechtlichen Entstehung auch wirtschaftlich verursacht ist. Bei der Bewertung von Rückstellungen sind künftige Vorteile nur dann wertmindernd zu berücksichtigen, wenn zwischen ihnen und der zu erfüllenden Verpflichtung ein sachlicher Zusammenhang besteht.
BFH Gesetze und Voraussetzungen
Laut BFH kann der Steuerpflichtige nach den Umständen des Einzelfalls nicht verpflichtet sein, eine Rückstellung für eine ungewisse Verbindlichkeit wegen eines gegen ihn geführten Klageverfahrens zu bilden, wenn nach einem von fachkundiger dritter Seite erstellten Gutachten sein Unterliegen im Prozess am Bilanzstichtag nicht überwiegend wahrscheinlich ist.
Laut BFH ist die Bildung einer Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten wegen Prozesskosten eines Strafverfahrens betreffend Bestechung im geschäftlichen Verkehr und eines in dem daraus hervorgegangenen Strafurteil angeordneten Verfalls von Wertersatz wegen des Abzugsverbots des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 10 EStG nicht möglich.
Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten können nur gebildet werden, wenn die für das Entstehen der Schuld erforderlichen wesentlichen Tatbestandsmerkmale am Bilanzstichtag erfüllt sind. Ein zukünftiger Prozesskostenaufwand für ein am Bilanzstichtag noch nicht anhängiges Verfahren kann deshalb grundsätzlich nicht zurückgestellt werden. Anderes kann allerdings dann gelten, wenn sich unter Würdigung der Gesamtumstände am Bilanzstichtag die (spätere) Klageerhebung nur noch als selbstverständliche und daher rein formale Handlung darstellt.
Für die Passivierung rechtlich noch nicht bestehender Verbindlichkeiten ist ein wirtschaftlicher Bezug der möglicherweise entstehenden Verbindlichkeit zum Zeitraum vor dem jeweiligen Bilanzstichtag erforderlich.
Veräußert der steuerpflichtige Grundstücke in einem Gebiet, das an ein bestehendes allgemeines Gewerbegebiet angrenzt und aufgrund eines neuen Bebauungsplans als reines Wohngebiet ausgewiesen ist, ist eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten für Schadenersatzzahlungen gegenüber den Grundstückskäufern nicht zu bilden, wenn es unwahrscheinlich ist, dass die Eigentümer benachbarter Gewerbe- und Wohngrundstücke einen Normenkontrollantrag gegen den Bebauungsplan stelle.
Werden Sanktionen nur für den Fall eines noch nicht verwirklichten Vertragsbruchs angedroht, um den Steuerpflichtigen zu einem bestimmten Verhalten zu bewegen, sind die Voraussetzungen für die Bildung einer Rückstellung wegen einer drohenden zivilrechtlichen Schadensersatzpflicht nicht erfüllt.
Allein die allgemeine Erfahrung, dass bei einer Betriebsprüfung mit Steuernachforderungen zu rechnen ist, rechtfertigt noch keine Rückstellung.