Materialkosten
Inhaltsverzeichnis
Definition
Sämtliche Kosten, die im Rahmen der Produktion für Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe anfallen, gehören zu den Materialkosten.
Materialkosten in der Kostenartenrechnung
In die Hauptkostengruppe der Materialkosten fallen in der Kostenartenrechnung diese Kostenarten:
- Rohstoffe. Das sind sämtliche Grundstoffe und Ausgangsmaterialien, welche direkt in das Fertigungserzeugnis eingehen und somit dessen Hauptbestandteil bilden. Zusätzlich können Sie nach Stoff- oder Materialarten untergliedern. Dabei ist es sinnvoll, wenn Sie sich an der Gliederung aus der Materialabrechnung orientieren.
- Hilfsstoffe. Hier finden sich Stoffe, die auch in das fertige Erzeugnis eingehen, aber nur untergeordnete Bedeutung haben. Als typische Hilfsstoffe gelten beispielsweise Nägel, Schrauben oder Garne. Auch Verpackungsmaterial zählt dazu, wenn es für die Verkaufsfähigkeit des Produktes von wesentlicher Bedeutung ist (wie zum Beispiel bei Zigaretten).
- Betriebsstoffe. Diese finden keinen Eingang in das Erzeugnis, sind aber mittel- oder unmittelbar am Produktionsprozess beteiligt, für diesen relevant und werden dort verbraucht. Hier finden sich vor allem Brenn-, Reinigungs- und Schmierstoffe wie Benzin, Öl oder Alkohol.
- Fremdbauteile und/oder bezogene Vorprodukte. Diese finden Eingang ins Produkt und werden von externen Quellen bezogen. Meistens gehören sie einer höheren Bearbeitungsstufe an. Wenn es sinnvoll erscheint, können Sie weiterhin nach Bearbeitungsstufe oder Einsatzzweck unterteilen.
- Fremdleistung für eigene Erzeugnisse. Das ist die Bezeichnung für fremde Lohnarbeiten an eigenen Produkten. Alle Maßnahmen der Lohnveredelung müssen hier erfasst sein.
- Verschleißwerkzeuge. Darunter fallen Werkzeuge, welche aufgrund geringer Nutzungsdauer (weniger als ein Jahr) oder geringen Wertes (unter 410 Euro) nicht aktiviert werden müssen. Hier finden sich oft Schraubenzieher, Feilen, Zangen und dergleichen. Solche Verschleißwerkzeuge gelten im Zeitpunkt der Anschaffung oder bei Entnahme aus dem Werkzeuglager sofort als verbraucht.
- Verpackungsmaterialien. Hier sind Dinge wie Kartons für den Transport zum Kunden, Material für die Verpackung des Produkts selbst oder auch vorläufige Verpackungen im Rahmen des innerbetrieblichen Transports zu erfassen.
- Handelswaren. Dabei handelt es sich um Fremderzeugnisse, welche Sie unbearbeitet und ohne fertigungstechnische Verbindung mit Ihren eigenen Erzeugnissen weiterverkaufen. Zur genaueren Untergliederung ist es ratsam, eine Übereinstimmung mit der Einteilung der Erzeugnisarten bei den Umsatzerlösen herzustellen.
- Energiekosten. Sie gehören streng genommen zu den Betriebsstoffen, sollten aber dennoch in einer eigenen Position erfasst sein. Der Grund liegt in ihrer überragenden Bedeutung, die sie für viele Unternehmen haben.
Wichtiger Tipp aus der Praxis:
Halbfertig- und Fertigerzeugnisse nicht miteinbeziehen
Sie sollten niemals Halbfertigerzeugnisse, Fertigerzeugnisse oder andere selbstgefertigte Bestandteile in die Materialkosten mit einbeziehen. Da alle selbsterstellen Produkte schon bei ihrer Herstellung in die Kostenrechnung aufgenommen wurden, kommt es ansonsten zu einer Doppelerfassung.
Der Kontenrahmen „60 Aufwendungen für Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe sowie für Waren“ kann Ihnen als Hilfestellung bei der sinnvollen Unterteilung der Materialkosten nützlich sein.
600 | Rohstoffe/Fertigungsmaterial | |
6001 | Materialart A | |
6002 | Materialart B | |
601 | Fremdbauteile und bezogene Vorprodukte | |
602 | Hilfsstoffe | |
6021 | Kleinteile | |
6022 | Verbrauchsmaterial | |
6023 | Zusatzstoffe | |
603 | Betriebsstoffe/Verbrauchswerkzeuge | |
6031 | Schmiermittel | |
6032 | Kühlmittel | |
6033 | Reinigungsmittel | |
6036 | Kleinwerkzeuge | |
6037 | Schraubenzieher, Feilen | |
6038 | Hilfswerkzeuge | |
6039 | Bohrspindeln, Fräsaufsätze | |
604 | Verpackungsmaterialien | |
6041 | Material für die Produktverpackung | |
6042 | Material für die Versandverpackung | |
605 | Energiekosten | |
6051 | Wärmeenergie | |
60511 Kohle | ||
60512 Heizöl | ||
6052 | Treibstoffe | |
60521 Benzin | ||
60522 Diesel | ||
6053 | Strom | |
6054 | Gas | |
6055 | Wasser | |
606 | Reparaturmaterial und Fremdinstandhaltung | |
6061 | Produktart A | |
6062 | Produktart B | |
607 | Sonstiges Material | |
6071 | Putz- und Pflegemittel | |
6072 | Berufskleidung | |
6073 | Lebensmittel und Kantinenwaren | |
6074 | anderes sonstiges Material | |
608 | Aufwendungen für Waren | |
6081 | Waren der Erzeugnisgruppe I | |
60811 Lieferant A | ||
60812 Lieferant B | ||
6082 | Waren der Erzeugnisgruppe II | |
60821 Lieferant A | ||
60822 Lieferant B | ||
609 | Sonderabschreibungen auf Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe und auf bezogene Waren | |
6091 | Zusätzliche Abschreibungen nach § 253 Abs.3 und 4 HGB | |
6092 | Steuerliche Sonderabschreibungen nach § 254 HGB |
Abb. 1: Kontengliederung Materialbereich
Unterscheidung: Materialeinzel- und Materialgemeinkosten
Die Materialeinzelkosten und die Materialgemeinkosten bilden gemeinsam die Materialkosten ab.
Materialeinzelkosten sind stets direkt dem Produkt (Kostenträger) zurechenbar. Das sind in der Regel die Rohstoffe und teilweise auch Hilfsstoffe.
Unter die Materialgemeinkosten fallen die Kosten für Beschaffung, Prüfung, Lagerung und innerbetrieblichen Transport von Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen. Besonders wichtige Posten dabei sind:
- Löhne, Gehälter und Personalnebenkosten für im Lager beschäftigte Personen
- Löhne, Gehälter und Personalnebenkosten für im Einkauf beschäftigte Personen
- Abschreibungen auf Lagerbestände
- Versicherungskosten
- Zinskosten auf durch Lagerung der Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe gebundenes Kapital
- Kosten für Heizung und Beleuchtung der Lagerungsorte
Gemeinkostenmaterial
Nicht zu verwechseln mit den Materialgemeinkosten ist der Begriff des
Gemeinkostenmaterials. Hierunter werden die Materialien verstanden, die den Kostenträgern nicht direkt zurechenbar sind. Meist handelt es sich um Betriebsstoffe, die nur übergeordneten Einheiten, wie Kostenstellen, Abteilungen oder Gebäuden, zugeordnet werden können. Aus Vereinfachungsgründen werden oft auch die Hilfsstoffe zum Gemeinkostenmaterial gerechnet. Dies ist immer dann der Fall, wenn die Einzelerfassung und direkte Zurechnung zu einem Kostenträger zu aufwendig sind. Diese Kosten werden dann auch mit dem Begriff der unechten Gemeinkosten bezeichnet.
Ausgehend vom Industriekontenrahmen (IKR) lässt sich die Materialbeschaffung und der -verbrauch wie folgt darstellen:
Materialeinkauf auf Ziel:
20 Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe |
an 43 Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen |
Materialverbrauch bei sofortiger Erfassung z.B. durch Entnahmescheine:
60 Aufwendungen für Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe |
an 20 Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe |
Insbesondere in Klein- und Mittelbetrieben wird der Materialverbrauch der Periode nicht sofort erfasst. Erst zu Periodenende wird durch Inventur der Bestand ermittelt und der Materialverbrauch dann im Wege der Skontration (Materialabrechnung) wie folgt errechnet:
Materialbestand zu Periodenanfang | |
+ | Materialzugänge der Periode |
– | Bestand zu Periodenende |
= | Materialverbrauch der Periode |
Erst daraus ergibt sich die Buchung für den Materialverbrauch:
60 Aufwendungen für Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe |
an 20 Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe |
Anfangsbestand | Endbestand laut Inventur | ||
Zugänge | Saldo = Entnahmen der Periode | Verbrauch der Periode | Materialverbrauch der Periode |
Materialkosten in der Kostenstellenrechnung
Wie oben schon erwähnt, können die Materialgemeinkosten nicht unmittelbar dem Kostenträger zugerechnet werden. Sie werden daher zunächst im Betriebsabrechnungsbogen auf die verschiedenen Kostenstellen verteilt und gehen von dort über bestimmte Verteilerschlüssel in die Kostenträgerrechnung ein. Die folgende beispielhafte Einteilung der Kostenstellen des Materialbereichs kann Ihnen als Anhaltspunkt für eine sinnvolle Untergliederung dienen:
Materialkostenstellen | |
– | Einkauf |
Angebotsbearbeitung | |
Bestellwesen | |
Terminwesen | |
Materialgruppen | |
Lieferbranchen | |
– | Warenannahme und Prüfung |
Warenannahme | |
Wareneingangskontrolle | |
Lagerrevision | |
Inventur | |
– | Materialverwaltung |
Lagerbuchhaltung | |
Materialdisposition | |
– | Materiallagerung und -ausgabe |
Rohstofflager | |
Teilelager | |
Werkzeuglager | |
Werkzeugausgabe | |
Auswärtslager | |
Schrottlager |
Abb. 2: Kostenstellen im Materialbereich
Zur verursachungsgerechten Weiterverrechnung der in den Kostenstellen gesammelten Materialgemeinkosten auf die Kostenträger oder auf andere Kostenstellen müssen dann geeignete Bezugsgrößen festgelegt werden.
Vorrangig sollten als Bezugsgrößen für die Materialkostenstellen Mengenangaben herangezogen werden, da sie frei von irgendwelchen preislichen Einflüssen sind. Mengenmäßige Bezugsgrößen sollten aber nur dann verwendet werden, wenn ihre Erarbeitung wirtschaftlich vertretbar ist. Bei den Materialkostenstellen könnten solche Mengenbezugsgrößen z.B. Gewichtsangabe, Lagerfläche in qm oder auch Anzahl verbrauchter Materialeinheiten sein. Wegen der Umständlichkeit und der Schwierigkeiten bei der isolierten Mengenerfassung wird im Materialgemeinkostenbereich als Bezugsgröße meist eine Wertbasis in EUR herangezogen. Als wertmäßige Bezugsgrößen kommen vor allem folgende in Betracht:
Einzelmaterialverbrauch
Diese Bezugsbasis findet dann Anwendung, wenn der Verbrauch der Kostenstelle an Hilfs- und Betriebsstoffen gering ist und auch keine gesonderte Kostenerfassung auf Lagerstellen für Gemeinkostenmaterial eingerichtet ist.
Gesamtmaterialverbrauch
Nehmen dagegen die Hilfs- und Betriebsstoffe betragsmäßig eine größere Bedeutung an, wie es z.B. in energieintensiven Branchen der Fall ist, dann wählen Sie als Bezugsbasis den Gesamtmaterialverbrauch, also den Materialverbrauch für Kostenträger und Kostenstellen.
Praxis-Tipp
Vormaterial vom Kunden für MGK-Berechnung berücksichtigen
Werden vom Kunden erhebliche Materialanteile beigestellt, sollten Sie die Bezugsgröße um diese Materialbeistellungen erweitern. Nur so können Sie sicherstellen, dass die Zurechnung der Materialgemeinkosten (MGK)auf die Kostenträger gleichbleibend und realistisch durchgeführt wird.
Materialkostenkalkulation in der Kostenträgerrechnung
Im letzten Schritt werden die angefallenen Kosten auf die einzelnen Produkte oder Dienstleistungen, die in der Kostenrechnung als Kostenträger bezeichnet werden, verteilt. Für die Zuordnung der Einzelkosten ergeben sich dabei keine Schwierigkeiten, da Einzelkosten gemäß Definition unmittelbar den Kostenträgern zugerechnet werden können. Die Verrechnung der Gemeinkosten auf die Kostenträger muss dagegen mittels mehr oder weniger aufwendiger Verfahren durchgeführt werden.
Grundsätzlich bieten sich folgende Kalkulationsverfahren an:
- Divisionskalkulation
- Äquivalenzziffernkalkulation
- Zuschlagskalkulation
- Verrechnungssatzkalkulation
- Kuppelproduktkalkulation
Die für die Materialgemeinkostenberechnung gängigste Methode im Bereich der Vollkostenrechnung ist die Zuschlagskalkulation.
Summe der Materialeinzelkosten (MEK) | 100.000 EUR |
Summe der Materialgemeinkosten (MGK) | 50.000 EUR |
Zuschlagsatz: | 50.000 | = 50 % |
100.000 |
Materialkosten Produkt A:
1 | Fertigungsmaterial | 50 EUR | |
2 | + | Materialgemeinkosten (50% von 1) | 25 EUR |
3 | = | Materialkosten (1 + 2) | 75 EUR |