Imparitätsprinzip
Inhaltsverzeichnis
Was ist das Imparitätsprinzip?
Das Imparitätsprinzip ist im Handelsgesetzbuch festgehalten und ein grundlegender Bestandteil der doppelten Buchführung. Es besagt, dass Gewinne und Verluste zu unterschiedlichen Zeitpunkten in die Bilanz aufgenommen werden müssen: Verluste dürfen früher bilanziert werden als Gewinne. Mit der Lexware Office Bilanz Vorlage geben Sie automatisch alle Angaben in der richtigen Anordnung an.
Die Definition des Imparitätsprinzips
Imparität bedeutet „Ungleichheit“. Laut dem Imparitätsprinzip müssen Sie Gewinne und Verluste ungleich behandeln. Verluste müssen Sie bereits dann bilanzieren, wenn Sie vermuten oder wenn Sie sicher sind, dass sie eintreten werden.
Das Imparitätsprinzip im HGB
Im Handelsgesetzbuch (HGB) folgt das Imparitätsprinzip dem Vorsichtsprinzip und stellt eines der vier Bewertungsprinzipien innerhalb dieses Vorsichtsprinzips dar.
So gilt das Vorsichtsprinzip
Das Vorsichtsprinzip dient der Kapitalerhaltung und dem Gläubiger:innenschutz. Es findet Anwendung, wenn durch unvollständige Informationen oder der Ungewissheit künftiger Ereignisse ein gewisser Beurteilungsspielraum entsteht. Dadurch können Sie Verluste oder Risiken frühzeitig erkennen und Rückstellungen bilden, um sie schon im Vorfeld zu berücksichtigen. Für Gläubiger:innen ist das wichtig, um ein Bild der Finanzlage zu erhalten und darauf basierend Entscheidungen zu treffen.
Zusammenfassung des Vorsichtsprinzips
Das Vorsichtsprinzip ist ein übergeordneter Grundsatz, aus dem sich vier Bewertungsprinzipien ableiten lassen. Diese Bewertungsprinzipien verhindern, dass sich Unternehmen sozusagen „reich rechnen“ können. Es handelt sich dabei um
- das Realisationsprinzip,
- das Niederstwertprinzip,
- das Höchstwertprinzip und
- das Imparitätsprinzip.
In aller Kürze vorweg: Das Realisationsprinzip bezieht sich auf Gewinne, die Sie erst bilanzieren, wenn sie tatsächlich eingetreten sind. Nach dem Niederstwertprinzip tauchen Ihre Vermögenswerte auf der Aktiva-Seite der Bilanz mit dem niedrigstmöglichen Wert auf, nach dem Höchstwertprinzip beziffern Sie Ihre Passiva mit dem höchstmöglichen Wert. Nach dem Imparitätsprinzip können Sie Verluste bereits dann bilanzieren, wenn Sie die Verluste erwarten. Nicht erst, wenn sie bereits eingetreten sind.
Allgemein lässt sich sagen, dass diese Vorsichtsprinzipien dem Gläubigerschutz dienen.
Das Niederstwertprinzip und das Höchstprinzip im Vergleich
Das Niederstwertprinzip existiert in zwei Ausprägungen: Das strenge und das gemilderte Niederstwertprinzip.
In beiden Ausprägungen besagt das Niederstwertprinzip, dass Sie bei der Vermögensbewertung grundsätzlich den niedrigsten Wert in der Bilanz ansetzen müssen. Haben Sie beispielsweise die Wahl, Ihr Vermögen anhand vom Anschaffungspreis, den Herstellungskosten, dem Marktwert oder dem Börsenkurs zu bewerten, wird im Rechnungswesen immer mit dem niedrigsten Preis bilanziert.
Sowohl das Niederstwertprinzip als auch das Höchstwertprinzip gehören zu den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung (GoBD). Die GoBD bilden, wie der Name schon sagt, die Basis für eine ordentliche Buchführung und beinhalten die Regeln, die zu einer rechtssicheren Gewinnermittlung führen. Die GoBD enthalten zudem das Niederstwertprinzip und das Höchstwertprinzip. Beide Prinzipien dienen der Konkretisierung des Imparitätsprinzips.
Das strenge Niederstwertprinzip
Das strenge Niederstwertprinzip bezieht sich auf die Bewertung aller Vermögensgegenstände, die dem Umlaufvermögen, also dem Vermögensteil, der nicht langfristig im Unternehmen bleibt, zugeschrieben werden. Ihr Wert darf nicht höher sein als die Anschaffungs- oder Herstellungskosten.
Das gemilderte Niederstwertprinzip
Das gemilderte Niederstwertprinzip bezieht sich auf das Anlagevermögen. Als Unternehmer:in sind Sie dazu befähigt, die Dauer einer Wertminderung selbst zu bewerten. Schätzen Sie eine Wertminderung als dauerhaft ein, müssen Sie die betroffenen Posten auf den Betrag abschreiben, der die Anschaffungs- und Herstellungskosten unterschreitet.
Das Höchstwertprinzip
Das Höchstwertprinzip ist das Gegenstück dazu. Hier geht es um Verluste und Schulden. Diese müssen Sie immer mit dem höchsten Wert bilanzieren. Das kann zum Beispiel bei einem langfristigen Fremdwährungsdarlehen eintreten, wenn der Wert der Währung steigt.
Das Realisationsprinzip als Gegenteil des Imparitätsprinzips
Erträge hingegen dürfen Sie nicht antizipieren, also vorwegnehmen. Hier gilt stattdessen das Realisationsprinzip, das besagt, dass Sie Gewinne erst dann bilanzieren dürfen, wenn sie tatsächlich realisiert wurden.
Das bringt das Imparitätsprinzip
Das Imparitätsprinzip stellt also sicher, dass Sie durch die frühzeitige Berücksichtigung von möglichen Verlusten eine zu hohe Gewinnausschüttung verhindern. So können Sie im Falle eines finanziellen Engpasses immer noch die Verbindlichkeiten an Ihre Gläubiger:innen zahlen.
Der Sinn hinter dem Imparitätsprinzip
Das Imparitätsprinzip vermittelt ein realistisches Bild über die finanzielle Lage Ihres Unternehmens unter schlechtesten Bedingungen – selbst, wenn diese gar nicht eintreten. Dadurch werden die betriebswirtschaftlichen Kennzahlen beeinflusst, was sich in zwei Formen auf die Gesamtbewertung auswirkt:
- Der Wert des Unternehmens sinkt, weil die Summe auf der Aktivseite der Bilanz sinkt.
- Der Gradmesser für das Unternehmenspotenzial wird beeinflusst. Abschreibungen und Rückstellungen für Risiken wirken sich gewinnmindernd aus. Dadurch sinkt die Rendite.
Wie alle anderen drei Folgeprinzipien des Vorsichtsprinzips dient das Imparitätsprinzip dem Gläubiger:innenschutz. Es betrifft also jede:n Unternehmer:in mit möglichen Gläubiger:innen, unabhängig davon, ob Produkte oder Dienstleistungen angeboten werden.
Imparitätsprinzip Beispiele
Damit Sie besser verstehen, wie das Imparitätsprinzip in der Praxis angewendet wird, folgen zwei Beispiele, die die Anwendung veranschaulichen.
Das Imparitätsprinzip anhand von Produkten
Sie bestellen für Ihr Unternehmen im November Waren im Wert von 3.000 Euro. Die Waren werden aber erst nach Abschluss des Geschäftsjahres im Januar geliefert. Den möglichen Gewinn, den Sie mit den Waren erwirtschaften, dürfen Sie nicht in der Bilanz ausweisen. Denn hier gilt das Realisationsprinzip und der Gewinn wurde noch nicht realisiert. Steigt der Preis für die Waren zwischenzeitlich auf beispielsweise 3.500 Euro, müssen Sie diese 500 Euro aber bereits als Verlust in der Bilanz berücksichtigen. Denn hier gilt das Imparitätsprinzip, laut welchem Sie Verluste immer sofort bilanzieren müssen, wenn Sie diese vorhersehen können.
Im Grunde können Sie sich als Regel merken, dass jeder Euro, den Sie zwischen einer Bestellung und ihrer Lieferung verlieren, direkt in die Bilanz aufgenommen werden muss. Jeder Euro, den Sie hingegen nach gleichen Prinzipien hinzugewinnen, dürfen Sie erst in die Bilanz aufnehmen, sobald der Verkauf realisiert und abgeschlossen wurde.
Das Imparitätsprinzip anhand von Aktien
Ihr Unternehmen kauft 500 Aktien im Wert von jeweils 50 Euro. Sie rechnen also mit 25.000 Euro. Am Bilanzstichtag fällt der Kurs der Aktie allerdings auf 40 Euro. Der Wert der Aktien beträgt also nicht mehr 25.000 Euro, sondern 20.000 Euro.
Das Niederstwertprinzip verpflichtet Sie dazu, die 5.000 Euro Verlust direkt in die Bilanz aufzunehmen. Obwohl die Aktien noch nicht von Ihnen verkauft wurden, müssen Sie den Verlust also in Ihrer Bilanz angeben.
Steigt der Wert der Aktien hingegen auf 60 Euro und Sie gewinnen 5.000 Euro, dürfen Sie diese laut dem Realisationsprinzip erst dann in die Bilanz aufnehmen, wenn Sie die Aktien verkauft und den Gewinn somit realisiert haben.
Fazit: So funktioniert das Imparitätsprinzip
Das Imparitätsprinzip dient nicht ausschließlich dem Gläubiger:innenschutz. Es sorgt auch für die finanzielle Sicherheit Ihres Unternehmens. Durch das Vermeiden von zu hohen Gewinnausschüttungen stellt das Imparitätsprinzip sicher, dass Ihr Unternehmen immer genügend finanzielle Mittel zur Verfügung hat, um Verluste aufzufangen.