Die goldene Finanzregel einfach erklärt
Inhaltsverzeichnis
Die goldene Finanzregel sagt aus, dass langfristiges Vermögen mit dessen Finanzierung übereinstimmen muss. Im Grunde bedeutet das, dass die Art der Finanzierung von der Dauer der Investition abhängig gemacht werden soll. Wie das in der Praxis aussieht, erklären wir Ihnen in diesem Artikel.
Die Definitionen der goldenen Finanzierungsregeln
Die goldene Finanzregel ist auch als goldene Finanzierungsregel bekannt. Sie ist nicht zu verwechseln mit der goldenen Bilanzregel, die eine weitere Finanzierungsregel ist. Wir erklären in dieser Definition beide Regeln und gehen näher auf deren Eigenheiten ein.
Die goldene Finanzierungsregel
Bei der goldenen Finanzierungsregel handelt es sich um eine Richtlinie, laut der die Gebundenheit von Vermögen mit der Frist von dessen Finanzierung übereinstimmen muss. Konkret bedeutet das, dass die Finanzierungsmittel im besten Fall so gewählt werden, dass sie auf die Dauer der Finanzierung passen.
Langfristig gebundenes Vermögen wird dementsprechend mit dem Eigenkapital oder langfristigem Fremdkapital finanziert. Kurzfristig gebundenes Vermögen hingegen soll mit kurzfristig fälligem Fremdkapital finanziert werden.
Der Vorteil dabei ist, dass die Finanzierung jederzeit abgesichert ist. Weichen Sie von der goldenen Finanzierungsregel ab, kann es passieren, dass Sie zum Ende der Kreditzahlungen oder Fristen die Finanzierung auf andere Weise gewährleisten müssen.
Den Zusammenhang zwischen der Bindung des Kapitals und der Überlassung des Kapitals bezeichnet man als Prinzip der Fristenkongruenz. Aus der Sicht von Kreditinstituten spricht man dabei auch von der goldenen Bankregel. Die goldene Bankregel besagt, dass kurzfristig aufgenommen Kredite auch nur kurzfristig verliehen werden.
Die goldene Finanzierungsregel ist mit der goldenen Bilanzregel leicht zu verwechseln, es gibt aber gewisse Unterschiede.
Die goldene Bilanzregel
Die goldenen Bilanzregel folgt einer ähnlichen Herangehensweise wie die goldene Finanzregel. Allerdings orientiert sich die Bilanzregel an Bilanzpositionen und nicht an den Zeiträumen.
Die Vorgaben für die goldene Bilanzregel sind denen der goldenen Finanzregel gleich:
Langfristig gebundenes Vermögen soll mit dem Eigenkapital oder langfristigem Fremdkapital finanziert werden. Kurzfristig gebundenes Vermögen hingegen kann mit kurzfristig fälligem Fremdkapital finanziert werden.
Die Fristenkongruenz liegt zwischen der Mittelverwendung und der Mittelherkunft. Diese Fristenkongruenz ist dann gegeben, wenn sich die Beträge decken. Kaufen Sie beispielsweise eine Maschine, die für 10 Jahre in Ihrem Unternehmen bleiben soll, dann gilt die Kapitalbindung auch für 10 Jahre. Ein aufgenommener Kredit läuft ebenfalls 10 Jahre.
Im Idealfall stimmen die Kapitalbindungsdauer und die Kapitalüberlassungsdauer überein, das ist aber eher selten der Fall, außer, es wird beispielsweise ein Kredit auf den Euro genau für einen Finanzierungsbetrag aufgenommen. Um die Fristenkongruenz zu erfüllen, ist es aber meistens eher so, dass die Kapitalüberlassungsdauer größer ist als die Kapitalbindungsdauer.
Formeln für die Finanzierungsregeln
Die goldenen Finanzierungsregeln können über damit verbundene Formeln verfestigt werden. Für jede Finanzierungsregel gibt es mehrere Formeln.
Formel für die goldene Finanzregel
Die Bedingungen für die goldene Finanzregel verändern sich, je nach der Dauer der Finanzierung. Es gibt jeweils eine Formel für langfristiges Vermögen und für kurzfristiges Vermögen.
Die Formel für langfristiges Vermögen sieht folgendermaßen aus:
Wird diese Formel eingehalten, wird das gesamte langfristige Vermögen durch langfristiges Kapital finanziert. Das langfristige Vermögen entspricht dem langfristigen Anlagevermögen. Das Eigenkapital und das langfristige Fremdkapital entsprechen dem langfristigen Kapital.
Für das kurzfristige Vermögen gilt diese Formel:
Unter dieser Bedingung übersteigt das kurzfristige Vermögen das kurzfristige Kapital. Das kurzfristige Vermögen ist das Umlaufvermögen. Das kurzfristige Kapital setzt sich aus Verbindlichkeiten und kurzfristigen Darlehen zusammen.
Die Posten innerhalb der goldenen Finanzierungsregel bilden zusammen die vollständige Bilanz ab. Daraus ergibt sich, dass bei den Bedingungen entweder beide gleichzeitig erfüllt sind oder nicht erfüllt sind.
Formel für die goldene Bilanzregel
Die Formeln für die goldene Bilanzregel sind abhängig von den sogenannten Deckungsgraden. Es gibt insgesamt drei verschiedene Deckungsgrade, die sich daraus ergeben, wie die langfristige Finanzierung definiert wird.
Zum Beispiel können Sie für die langfristige Finanzierung ausschließlich Eigenkapital verwenden. Sie können aber auch zusätzlich langfristiges Fremdkapital aufnehmen. Daraus ergeben sich die verschiedenen Deckungsgrade.
Für alle Deckungsgrade gilt, dass ein Ergebnis von mindestens 1, gilt die goldene Bilanzregel als erfüllt.
Deckungsgrad 1 erklärt
Der erste Deckungsgrad wird auch als „enge Fassung“ bezeichnet. Dabei steht ausschließlich das Eigenkapital als langfristiges Finanzierungsvermögen zur Verfügung.
Die Formel für den Deckungsgrad 1 sieht so aus:
In der Praxis ist diese Form der goldenen Bilanzregel eher selten. Die meisten Unternehmen haben nicht das Eigenkapital, um sich dadurch komplett selbst zu finanzieren. Sie sind auf Fremdkapital angewiesen. Daraus ergibt sich automatisch, dass auch das Anlagevermögen des Unternehmens nicht rein durch das Eigenkapital gedeckt werden kann.
Deckungsgrad 2 erklärt
Der zweite Deckungsgrad ist auch als „erweiterte Fassung“ bekannt. Oder auch als „Silberne Bilanzregel“. Der Deckungsgrad 2 beinhaltet langfristiges Fremdkapital als Finanzierungsmethode.
Dementsprechend wird die Formel um diesen Posten erweitert:
Deckungsgrad 3 erklärt
Beim dritten Deckungsgrad spricht man auch von der „weiten Fassung“. Der Deckungsgrad 3 beinhaltet alle Finanzierungsmöglichkeiten und wägt sie gegeneinander ab. Dabei wird festgestellt, ob das Eigenkapital in Verbindung mit dem langfristigen Fremdkapital das Anlagevermögen und das langfristige Umlaufvermögen decken.
Die Formel für den Deckungsgrad 3 sieht demnach so aus:
Die unterschiedlichen Deckungsgrade zeigen auf, was nötig ist, um eine Finanzierung zu bewerkstelligen. Decken sich die Beträge, ist die Fristenkongruenz erfüllt.
Ein Beispiel für die goldene Finanzierungsregel
Grundlage für die goldene Finanzregel ist die Bilanz. In unserem Beispiel stellen wir eine imaginäre Bilanz auf, an der wir uns orientieren können. Diese Bilanz sieht folgendermaßen aus:
Auf der aktiven Seite befinden sich:
- 3.150.000,00 Euro Anlagevermögen
- 650.000,00 Euro Vorräte
- 250.000,00 Euro offene Forderungen
- 125.000,00 Euro Liquide Mittel
Auf der passiven Seite haben wir:
- 2.800.000,00 Euro Eigenkapital
- 240.000,00 Euro Rückstellungen
- 775.000,00 Euro Bankdarlehen, die länger als ein Jahr laufen
- 150.000,00 Euro Bankdarlehen, die weniger als ein Jahr laufen
- 210.000,00 Euro Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen
Das ergibt eine Bilanzsumme von 4.175.000,00 Euro.
Jetzt wollen wir mit der Hilfe der goldenen Finanzregel feststellen, ob die Bedingungen für die Fristenkongruenz erfüllt werden.
Dazu verwenden wir die bekannten Formeln und setzen die entsprechenden Posten ein:
In beiden Fällen sind die Bedingungen erfüllt. Sowohl langfristige als auch kurzfristige Darlehen sind gedeckt. Konkret bedeutet das, dass die kurzfristig fälligen Posten auf der passiven Seite der Bilanz geringer sind als das kurzfristig gebundene Umlaufvermögen.
Beispiele für die goldene Bilanzregel
Für unsere Beispiele erstellen wir wieder eine fiktive Bilanz.
Auf der aktiven Seite befinden sich:
- 500.000,00 Euro Anlagevermögen
- 100.00,00 Euro Umlaufvermögen
Auf der passiven Seite der Bilanz stehen:
- 200.000,00 Euro Eigenkapital
- 200.000,00 Euro Bankkredite
- 150.000,00 Euro Bankdarlehen, mit einer Laufzeit über 5 Jahre
Jetzt nutzen wir wieder die uns bekannten Formeln, um festzustellen, ob unsere Bilanz die goldene Bilanzregel erfüllt und die Fristenkongruenz vorhanden ist.
Dazu gehen wir die einzelnen Deckungsgrade durch und testen die entsprechenden Formeln.
In der engen Fassung laut dem ersten Deckungsgrad sieht das Verhältnis folgendermaßen aus:
Die goldene Bilanzregel ist in diesem Fall nicht erfüllt und es müssen alternative Finanzierungsmöglichkeiten herangezogen werden.
Also schauen wir uns den zweiten Deckungsgrad an. Bei der erweiterten Fassung haben wir mehr Möglichkeiten zur Verfügung. Nämlich das langfristige Fremdkapital, das aus Bankkrediten und Bankdarlehen besteht.
In der erweiterten Fassung sieht die Berechnung dann so aus:
So ist die goldene Bilanzregel erfüllt und die Finanzierung gelingt.
Den dritten Deckungsgrad brauchen wir also nicht mehr heranzuziehen. Hier würde die Rechnung noch durch das langfristige Umlaufvermögen erweitert, wie weiter oben bereits beschrieben.
Der Unterschied zwischen langfristiger und kurzfristiger Finanzierung
Bei einer Investition stellt sich immer die Frage, ob es eine langfristige oder kurzfristige Finanzierung sein soll. Im Grunde klärt sich diese Frage aber schon durch die Nutzungsdauer und die Berechnung über die Finanzierungsregeln zeigt auf, in welcher Form die Finanzierung möglich ist.
Angenommen, Sie wollen eine neue Maschine für die Produktion Ihrer Ware für Ihr Unternehmen kaufen. Die Maschine ist zu teuer, um sie selbst zu finanzieren. Die Nutzungsdauer ist für 10 Jahre angedacht.
Ihre Bank gewährleistet Ihnen ein Darlehen über diese 10 Jahre. Die Finanzierungsdauer entspricht also der Nutzungsdauer.
Sie könnten alternativ auch das Firmenkonto überziehen, um die Maschine zu finanzieren. Dann würden Sie den Dispokredit nutzen, dessen Zinsen für eine kurzfristige Fremdfinanzierung aber viel zu hoch wären im Vergleich mit einem Darlehen.
Eine kurzfristige Fremdfinanzierung ist nur dann sinnvoll, wenn die daraus entstehenden Verbindlichkeiten auch kurzfristig wieder zurückgezahlt werden können. Rohstoffe beispielsweise werden in der Regel recht kurzfristig weiterverarbeitet. Das generiert Umsatz und bringt dementsprechend schneller wieder Geld in die Kasse, als die Maschine, die über 10 Jahre im Betrieb verweilt.
Wird die goldene Finanzierungsregel nicht eingehalten, ist die Fristenkongruenz zwischen Vermögen und Finanzierung nicht gegeben. Das bedeutet, dass es zu Finanzierungsengpässen kommen kann. In dem Fall müssen andere Finanzierungsmöglichkeiten eröffnet werden. Das kann durch kurzfristiges und langfristiges Fremdkapital geschehen, je nachdem, um was für eine Finanzierung es sich handelt.
Der Nachteil für Ihr Unternehmen, wenn die goldene Finanzierungsregel nicht erfüllt ist, besteht darin, dass bestimmte Risiken auftreten können:
- Prolongationsrisiko – die Laufzeiten der bisherigen Darlehen können nicht verlängert werden
- Substitutionsrisiko – es können keine weiteren Kredite abgeschlossen oder Ersatzkredite gefunden werden
- Zinsänderungsrisiko – die Anschlussfinanzierung ist nur zu deutlich ungünstigeren Konditionen als zuvor möglich
Nutzen Sie die goldenen Finanzierungsregeln in Form der goldenen Finanzregel und der goldenen Bilanzregel dazu, einen Blick auf Ihre Finanzierungsmöglichkeiten zu werfen und gegebenenfalls zu reagieren und optimieren, um Ihre Möglichkeiten zu erweitern.