Home-Office für Mütter

Home-Office für Mütter
Burnout-Risiko inklusive

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    Zuhause arbeiten können, statt zwischen Kita und Büro zu pendeln, familienfreundlicher und damit besser für die Mutter geht es wohl kaum. Oder doch? Es klingt wunderbar: Mobil arbeiten im Home-Office für Mütter, den berüchtigten Spagat der Vereinbarkeit von Familie und Beruf souverän bewältigen dank freier Zeiteinteilung. Was oft vergessen wird: Auch wenn Arbeit familienfreundlicher organisiert werden kann, so ist deswegen das heimische Rudel nicht automatisch arbeitsplatzkompatibel.

    Das Wichtigste in Kürze

    Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf im Home-Office stellt für Mütter eine besondere Herausforderung dar, da sie neben beruflichen Aufgaben auch mit ständigen familiären und haushaltsbezogenen Anforderungen konfrontiert sind, was zu einer Mehrfachbelastung führt.

    Trotz der Vorteile des Home-Office für Mütter, wie Flexibilität, gibt es auch zahlreiche Nachteile, darunter ständige Unterbrechungen durch Kinder, zusätzliche Haushaltsaufgaben und fehlende Anerkennung von Arbeitgebern und Kollegen.

    Um Mütter im Home-Office besser zu unterstützen, sollten Arbeitgeber zeitliche Flexibilität bieten, die speziellen Bedürfnisse von Müttern berücksichtigen, „Mobbing light“ verhindern und die Leistungen von Müttern durch Anerkennung und Wertschätzung sichtbar machen.

    Der Haken an der Vereinbarkeit von Familie und Beruf im Home-Office sind unter anderem die Kinder. Ohne sie bräuchte man Flexibilität gar nicht so dringend, mit ihnen wird jeder Slot im Terminkalender zur Planungstombola: Eines der bestgehüteten Nichtgeheimnisse der Vorschulkinderzeit ist die Dauererkältung an Bauchweh mit Zusatztermin. Immer pünktlich zur wichtigen Telko, versteht sich. Aber selbst wenn mal keine Nase läuft, der Mann den Einkauf übernimmt und die Playdates klappen, bleibt immer noch genug Stresspotenzial übrig, das die meisten nicht auf dem Schirm haben, wenn sie ans Home-Office denken.

    Home-Office für Mütter: Gut getarnte Mehrfachbelastung

    Es ist kein Zufall, dass »Working Moms« so oft mit einem mindestens dreifachen Satz wirbelnder Arme dargestellt werden, sogar auf Stockphotos. Arme, die Bügeleisen, Kinder, Mahlzeiten, Telekommunikationsgeräte und Terminplaner gleichzeitig wirbeln und dazu noch irgendein Beauty-Accessoire, denn eine Frau muss sich ja pflegen bei dem ganzen Stress. Mehrfach-Arme wie die der Göttin Kali, die ganz lässig die Aufgabengebiete Zerstörung, Bewahrung sowie Erneuerung und Schöpfung mit nur einer Führungsposition abdeckt. Müttern dürfte das bekannt vorkommen.

    Einerseits ist dieses überstrapazierte Frauenbild so lästig und lustig wie »Frauen, die Salat anlachen« und die Tatsache, dass es über Jahrhunderte hinweg in der Kunst eine Dominanz der Frauen gegeben hat, die nackig oder halbnackt an Sitzgelegenheiten lehnen (wenn nicht gerade die mordende Kali auf dem Bild war). Andererseits ist im Gegensatz zu den anderen Klischees leider wirklich was dran. Zusätzliche Arme wären eher unpraktisch, doch Verständnis für die Gesamtsituation – so wie sie wirklich ist – könnte hilfreich sein.

    Dank digitaler Möglichkeiten buchstäblich fast überall arbeiten können: Die Vorteile eines »remote« verknüpften Arbeitplatzes dürften zwar inzwischen hinreichend bekannt sein. Doch vielen Arbeitgeber*innen ist nicht klar, dass Home-Office für Mütter nicht gleich grenzenlos-entspanntes Glück bedeutet.

    Nachteile im Home-Office für Mütter

    Kinder brauchen Aufmerksamkeit und sollten sie auch bekommen. Dummerweise richten sie sich dabei nicht nach den Aufgaben, die Mama erledigen muss und immer wieder gibt es Phasen, in denen Aufmerksamkeit besonders dringlich eingefordert wird, wenn sie sich gerade auf die Arbeit richtet. Wenn eine Frau in der ersten Schwangerschaft entscheidet, zukünftig in Teilzeit und von zuhause aus zu arbeiten, wann immer es sinnvoll machbar ist, ahnt sie in der Regel noch nicht, dass ab Baby jede Planung eine schwankende ist.

    Irgendwas ist immer

    Magen-Darm-Infekte von der Tagesmutter, Läuse im Kindergarten oder ausgeschlagene Frontzähne in der Grundschule, Krisengespräche mit den Lehrern auf der weiterführenden Schule … irgendwas ist immer, zusätzlich zu den üblichen Routineterminen. Denn ein großer Vorteil im Home-Office für Mütter ist auch gleich die größte Falle: Es ist so einfach, schnell mal eben zwischendurch die Wäsche zu machen, etwas aufzuräumen, vorzukochen und einzukaufen. Dafür arbeitet man ja flexibel.

    In einem Paralleluniversum, dessen Anforderungen aber genau deswegen anderen meist nicht so klar sind. Die Paketpost fürs ganze Haus annehmen, nebenbei die Verwandtschaft am Sorgentelefon therapieren, in der Schule fürs Ehrenamt angefragt werden und von den Nachbarn den Spruch gedrückt bekommen, dass andere ja richtig arbeiten: Für Mütter im Home-Office ganz normales Grundrauschen.

    Erwartungshaltung und Realität

    Während also Arbeitgeber und Umfeld davon ausgehen, dass alles soft und easy durchlaufen sollte, weil doch so optimale Arbeitsbedingungen geschaffen wurden, sitzen Mütter im Home-Office zwischen Lücken in der Kinderbetreuung und Alltagsangelegenheiten wie immer, nur ohne Anerkennung und mit höherer Erwartungshaltung. Eine aktuelle Studie der Hans Böckler Stiftung hat herausgefunden, dass Mütter im Home-Office keine zusätzlichen Erholungszeiten haben. Dafür aber mehr leisten und tatsächlich doppelt so belastet sind wie Väter oder Kollegen.

    Was also können Arbeitgeber*innen tun, um diesem versteckten Burnout-Risiko aktiv entgegenzuwirken und wertvolle Fachkräfte auch dann zu halten, wenn sie sich vermehren?

    Zeitliche Flexibilität ist ein guter Anfang, lässt sich aber meistens noch deutlich erweitern: Statt in einer Kernarbeitszeit den Job zu machen, könnten Firmen einerseits Erreichbarkeiten garantieren helfen, andererseits eine komplett freie Zeiteinteilung an sieben Tagen der Woche rund um die Uhr erlauben. Mit einer klaren Überstundenregelung und einem Stopper beim Volumen.

    Wenn Chef oder Chefin die Person im Home-Office fragen, wann die Telko am besten passt, statt einfach einen Termin zu verordnen, steigt die Wahrscheinlichkeit auf eine unbelastete Machbarkeit der Telefonkonferenz enorm. Das setzt eine neue Denkweise voraus: Die Mama im Home-Office ist nicht mehr das unterste Glied der Nahrungsmittelkette, das sich gefälligst sputen muss. Sondern die Person mit den meisten Termin-Handicaps und wichtig genug, dass man sich nach ihr ausrichtet.

    Die Stoßzeiten der Familienorga wie Kita-Bringzeiten oder die Mittagspause mit dem Grundschulkind könnten generell tabu für Anrufe und Termine sein, hier kann die Telefonzentrale abfedern und die Erreichbarkeit auf ein erträgliches Niveau heben. Auch hier wieder bitte nicht mit der Mutter als unbeqeume Bittstellerin, sondern als eine ganz normale Anordnung einer Führungskraft, die erkannt hat, dass es so allen am meisten bringt.

    »Mobbing light« rigoros unterbinden

    Die stillschweigende neidische Missbilligung der Kolleg*innen, die häufig mit der Teilzeit-Beschäftigung im Home-Office einhergeht, kann vom Unternehmen bei den Hörnern gepackt werden, indem klar kommuniziert wird, dass die Person »daheim« so viel leistet wie die anderen auch und die ermüdend dumpfen Sprüche zum flexiblen Arbeitsplatz zu unterbleiben haben.

    Denn auch das ist ein sehr häufiges Problem, das Arbeitgeber*innen zu selten ansprechen: Das „mobbing light“, das eine Teilzeitstelle einer Mutter unter Zeitdruck begleitet, die immer wieder zu spüren bekommt, dass andere aus der Belegschaft ihr den gefühlt frühen Feierabend nicht gönnen oder annehmen, dass sie weniger leistet – während sie sich enorm ins Zeug legt, um den Job zu sichern und das bei einer Doppelt- und Dreifachbelastung.

    Anerkennung und Wertschätzung sichtbar machen

    Unternehmen können ihre Stresstest-Heldinnen im Heimbüro auch dadurch unterstützen, dass sie Wertschätzung und Anerkennung durch Boni und Auszeichnungen greifbar machen und dadurch Müttern helfen, auch im Umfeld ganz klar zu zeigen: Das ist eine Karriere, die ich hier betreibe – und kein Hobby.

    Wahrscheinlich sind so klare Signale eine der Voraussetzungen dafür, dass auch Partner in die Betreuungsbresche springen.

    Andersherum könnten Führungskräfte mit Mitarbeitern, deren Frau im Home-Office arbeitet, auch von sich aus ein Flexmodell anbieten, in dem an zwei oder drei Tagen der Mann übernimmt. Wandel muss schließlich irgendwo beginnen – warum nicht mit innovativen Unternehmer*innen, die mit gutem Beispiel vorangehen?

    lxlp