Lohnpfändung - Das bedeutet sie für Arbeitgeber:innen

Lohnpfändung
Pflichten als Arbeitgeber:in

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    Kosten, Risiken und dann noch Emotionen – die Gehalts- und Lohnpfändung ist auf mehrere Arten ein Spezialbereich der Zwangsvollstreckung für die Beteiligten. Oft ist einbehaltener Lohn die einzige Möglichkeit für Schuldner, an das Geld von Gläubigern zu kommen, fast immer ist das Geld aber auch deren Existenzgrundlage. Das macht die ganze Situation zu einer emotionalen Herausforderung für alle. Außerdem werden Arbeitgeber ohne Wunsch oder Zutun zu Drittbeteiligten oder so genannten Drittschuldnern: Plötzlich kommen diverse Mitwirkungspflichten auf dich zu.

    Das Wichtigste in Kürze

    Das Einkommen von Schuldner:innen dürfen Gläubiger:innen direkt beim Arbeitgeber oder der Arbeitgeberin pfänden.

    Erhalten Arbeitgeber:innen einen Pfändungs- oder Uüberweisungsbeschluss, dürfen sie nicht mehr den vollen Lohn auszahlen, sondern nur noch den Pfändungsfreibetrag.

    Alle Beträge über dem Freibetrag geht direkt an den Gläubiger beziehungsweise die Gläubigerin.

    Was ist eine Lohnpfändung?

    Bei einer Lohnpfändung wenden sich Gläubiger:innen direkt an den oder die Arbeitgeber:in von Schuldner:innen.

    Die Lohnpfändung sieht vor, dass alles vom Lohn, was den Pfändungsfreibetrag übersteigt, direkt an den oder die Gläubiger:in überwiesen wird.

    Arbeitnehmer:innen bekommen von ihrem Lohn also nur noch den Freibetrag, bis die Schulden beglichen sind.

    Bei Lohnpfändung bleibt Sozialversicherung außen vor

    Wenn du als Arbeitgeber*in in eine Pfändung einbezogen wirst, weil eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommen kann, nimmst du an der wohl bekanntesten Art der Zwangsvollstreckung teil und wirst zum Drittschuldner.

    Zumindest ein Aspekt ist übersichtlich geregelt: Eine Lohn- und Gehaltspfändung zielt immer auf das Nettoarbeitsentgelt der Arbeitnehmer*innen ab und wirkt sich daher beitragsrechtlich in der Sozialversicherung nicht aus. Um diese Feinheiten musst du dich also nicht auch noch kümmern.

    Trotzdem gehört es zu deinen neuen Pflichten, dich jetzt um die Formalitäten kümmern und auch den genauen Pfändungsbetrag zu errechnen.

    Lohnpfändung – Pflichten für den Arbeitgeber

    Wenn der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss bei dir eingegangen ist, hast du 2 Wochen Zeit, dem Gläubiger deines Arbeitnehmers die sogenannte Drittschuldnererklärung zu schicken.

    Aus dieser muss unmissverständlich ersichtlich sein:

    • ob und in welchem Umfang du die Forderung anerkennst und erfüllen wirst
    • ob und welche anderen Personen Anspruch auf die Forderung erheben
    • und ob anderweitige Pfändungen vorliegen, die dir bekannt sind.

    Außerdem bist du als die »Arbeitgeberseite« dazu verpflichtet, jetzt die pfändbaren Beträge des Arbeitseinkommens zu ermitteln und dem Gläubiger zu überweisen. Achtung Haftungsrisiko: Als Drittschuldner haftest du für eventuelle Fehler aus Falschberechnungen.

    Manche Lohnteile sind bei einer Lohnpfändung nicht pfändbar

    Manche Lohnteile sind beispielsweise gar nicht pfändbar sind, andere nur zum Teil oder nur unter bestimmten Voraussetzungen. Nicht pfändbar sind vermögenswirksame Leistungen, Aufwandsentschädigungen und die Hälfte von Überstundenvergütungen. Denn bei der Lohnpfändung durch Zwangsvollstreckung gibt es gewisse Grenzen, die sicherstellen sollen, dass dem Schuldner immer zumindest das Existenzminimum für die Lebensführung bleibt.

    Es gibt also keine pauschale Summe, sondern nur Einzelfallberechnungen durch den Arbeitgeber. Beachten musst du dabei die besagten Pfändungsfreigrenzen, die ermöglichen, dass der Schuldner seinen Lebensunterhalt und den seiner Familie aufrechterhalten kann.

    Wichtig: Als Drittschuldner ist es dir als Arbeitgeber untersagt, den pfändbaren Teildes Arbeitseinkommens an deinen Mitarbeiter auszuzahlen. Ignorierst du als die Arbeitgeberseite die Lohnpfändung und überweist den gesamten Lohn einfach wie gewohnt, kann der Gläubiger den pfändbaren Teil noch einmal einfordern.

    Um finanziellen Schaden zu vermeiden, ist eine korrekte Abrechnung und Auszahlung bei Lohnpfändung also wichtig, sonst bleibst du auf dem Schaden sitzen. Neben allen Haftungsrisiken und Berechnungen wirst du dich zwangsläufig aber auch mit der emotional belastenden Seite einer Zwangsvollstreckung auseinandersetzen müssen.

    Lohnpfändung geregelt: Zivilprozessordnung §§ 850 ff

    § 850 Pfändungsschutz für Arbeitseinkommen

    (1) Arbeitseinkommen, das in Geld zahlbar ist, kann nur nach Maßgabe der §§ 850a bis 850i gepfändet werden.

    (2) Arbeitseinkommen im Sinne dieser Vorschrift sind die Dienst- und Versorgungsbezüge der Beamten, Arbeits- und Dienstlöhne, Ruhegelder und ähnliche nach dem einstweiligen oder dauernden Ausscheiden aus dem Dienst- oder Arbeitsverhältnis gewährte fortlaufende Einkünfte, ferner Hinterbliebenenbezüge sowie sonstige Vergütungen für Dienstleistungen aller Art, die die Erwerbstätigkeit des Schuldners vollständig oder zu einem wesentlichen Teil in Anspruch nehmen.

    (3) Arbeitseinkommen sind auch die folgenden Bezüge, soweit sie in Geld zahlbar sind:

    1. a) Bezüge, die ein Arbeitnehmer zum Ausgleich für Wettbewerbsbeschränkungen für die Zeit nach Beendigung seines Dienstverhältnisses beanspruchen kann;
    2. b) Renten, die auf Grund von Versicherungsverträgen gewährt werden, wenn diese Verträge zur Versorgung des Versicherungsnehmers oder seiner unterhaltsberechtigten Angehörigen eingegangen sind.

    (4) Die Pfändung des in Geld zahlbaren Arbeitseinkommens erfasst alle Vergütungen, die dem Schuldner aus der Arbeits- oder Dienstleistung zustehen, ohne Rücksicht auf ihre Benennung oder Berechnungsart.

    Quelle: dejure.org

    Achterbahn der Gefühle: Lohnpfändung für Mitarbeiter und Arbeitgeber belastend

    Wer als Mitarbeiter eine Lohnpfändung erlebt, steht unter großem Druck – daran gibt es wohl keinen Zweifel. Scham, Existenzangst und verzweifelte Wut, wenn ein wichtiger Teil des Einkommens wegfällt prallen in den meisten Fällen aufeinander. Sicher wird es auch Menschen geben, die sehr abgebrüht mit solchen Umständen umgehen oder zumindest so wirken. Die Wahrscheinlichkeit ist aber groß, dass hinter dem Pokerface trotzdem ein innerer Aufruhr tobt und die Person in Not ist.

    Als Arbeitgeber bist du in einer Zwickmühle, sobald du dich darauf einlässt, dir die Geschichte hinter einer Lohnpfändung anzuhören. Einerseits sollte es klar sein, dass in diesen aufwühlenden Zeiten (und sowieso) jeder von uns in eine Notlage geraten kann. Andererseits lässt sich der Wahrheitsgehalt meist schlecht prüfen und du hast auch gerade ganz viele andere Dinge zu tun, damit du deine Pflichten bei Pfändung erfüllen kannst und Haftungsrisiken ausweichst.

    Dazu kommt noch: Deine eigene Frustration und Enttäuschung als Arbeitgeber wird deinen Mitarbeiter vermutlich weniger interessieren, die Wucht seiner eigenen wirtschaftlichen Situation drückt alles andere nieder.

    Ein Mensch in einer finanziellen Notlage trifft, ob verschuldet oder »unschuldig«, auf eine ganze Reihe scheinbar komplett emphatiefreier Mitmenschen in unterschiedlichen Verwaltungssitutionen, die ungeduldig und herablassend auf die Umstände und Nöte der Person vor sich reagieren. Das liegt daran, dass diese Personen in der Regel mit einem verzweifelten Menschen überfordert sind und nicht dafür ausgebildet wurden, menschenfreundlich mit fremden Belastungssituationen umzugehen.

    Dein Mitarbeiter hat also schon diverse unerfreuliche Gesprächssituationen absolviert, wenn du über die Lohnpfändung informiert wirst – und hat vermutlich einen inneren fast trotzigen Schutzwall aufgebaut, um die nächste Verständnislosigkeit oder Kritik des Gegenüber besser verdauen zu können.

    Sachlichkeit der Reihe nach: Erst Zahlen und Fakten und Informationen
    Ein guter und gangbarer Weg ist folgende Formel:

    1. Ohne dich auf die Details seiner Situation einzulassen, sprichst du dein Bedauern dafür aus, dass er es gerade in seinem Leben so schwierig hat.
    2. Du erklärst, dass du jetzt auch gesetzliche Pflichten hast, wie die Lohnpfändung geregelt wird und wie das Ergebnis finanziell für den Mitarbeiter aussieht.
    3. Je nach Sachlage und betroffenem Menschen fragst du, ob du als Arbeitgeber etwas tun kannst oder zeigst noch einmal klar auf, wo es ggf. gerade hakt.

    Eine Lohnpfändung ist übrigens kein Kündigungsgrund. Es sei denn, die Person in wirtschaftlichen Nöten sitzt in einer Vertrauensposition an einer »Sollbruchstelle«, wie ein Prokurist oder Kassierer.

    Zusatz im Arbeitsvertrag Lohnpfändungen betreffend

    Gesetzlich bist du zur Mitwirkung verpflichtet und hast zusätzliche Kosten. Wenn du vermeiden willst, es aus der eigenen Tasche zu finanzieren, wenn Arbeitnehmer*innen in private Schwierigkeiten geraten, könntest du folgende oder eine ähnliche Klausel in den Arbeitsvertrag aufnehmen:

    »Für die Bearbeitung einer Lohnpfändung wird dem Arbeitnehmer 1,5 Prozent der Pfandsumme als Bearbeitungskosten in Rechnung gestellt.« (Quelle: akademie.de)

    Das macht zwar eine unerfreuliche Situation nicht besser, doch zumindest bleibst du nicht auf den Kosten sitzen.

    Neue Freigrenze 2023

    Die Pfändungsfreigrenze soll sicherstellen, dass Schuldner:innen auch bei einer Lohnpfändung, Gehaltspfändung, Kontopfändung oder sonstigen Pfändung weiterhin ihre Lebenshaltungskosten decken können, um sich nicht noch mehr zu verschulden.

    Bis zum 30. Juni 2023 lag die Pfändungsfreigrenze bei 1.330,16 Euro. Seit dem 01. Juli 2023 liegt der Freibetrag bei 1.402,28 Euro.

    Auch die Erhöhungen bei Unterhaltspflichten wurden angepasst. Bei Unterhaltspflicht für eine Person kommen 527,76 Euro hinzu. Zuvor waren es 500,62 Euro.

    Für weitere Unterhaltspflichten kommen pro Person 294,02 Euro zum Pfändungsfreibetrag hinzu. Das gilt bis zu fünf Personen. Vor Juli 2023 lag dieser Betrag noch bei 287,90 Euro.

    Fazit

    Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen sind gesetzlich dazu verpflichtet, bei einer Lohnpfändung von Mitarbeiter:innen den pfändbaren Lohn korrekt einzubehalten und entsprechend an Gläubiger:innen abzuführen.

    Den Mehraufwand tragen Arbeitgeber:innen selbst. Lohnpfändungen sind kein Kündigungsgrund. Erst wenn durch Lohnpfändungen ein so hoher Aufwand entsteht, dass dieser für schwerwiegende Betriebsstörungen verantwortlich gemacht werden kann, ist eine Kündigung aufgrund der Lohnpfändungen möglich.

    FAQ zur Lohnpfändung

    Was ist eine Lohnpfändung?

    Eine Lohnpfändung ist eine direkte Pfändung des Arbeitslohns von Angestellten. Dafür wenden sich Gläubiger:innen mit einem Pfändungs- oder Überweisungsbeschluss direkt an Arbeitgeber:innen.

    Arbeitgeber:innen müssen diesem Beschluss Folge leisten und den Lohn entsprechender Angestellter an die Gläubiger:innen überweisen, bis die Schuld getilgt ist.

    Dabei wird aber die Pfändungsfreigrenze beachtet, damit die Schuldner:innen noch Geld zum Leben behalten. Die Regelungen dafür finden sich in der Zivilprozessordnung (ZPO) und schützen das Existenzminimum von Schuldnern und Schuldnerinnen.

    Gläubiger:innen benötigen zuerst einen vollstreckbaren Titel gegen den oder die Schuldner:in und können damit einen Pfändungsbeschluss vor Gericht erwirken.

    Der Beschluss wird von einem Gerichtsvollzieher beziehungsweise einer Gerichtsvollzieherin an den oder die Arbeitgeber:in des Schuldners oder der Schuldnerin übergeben.

    Der oder die Arbeitgeber:in muss innerhalb von zwei Wochen eine Drittschuldnererklärung an den oder die Gläubiger:in senden. Darin wird erklärt, ob noch andere Personen Ansprüche auf den Lohn erheben oder bereits Pfändungen bestehen und ob die Bereitschaft da ist, die Zahlungen entsprechend dem Beschluss zu tätigen.

    Im Grunde haben Arbeitgeber:innen hier keine große Wahl, es sei denn, es bestehen bereits Pfändungsbeschlüsse für den entsprechenden Lohn und es ist demnach nicht möglich, diesen an den oder die neue:n Gläubiger:in zu überweisen.

    Der oder die Arbeitgeber:in hat anschließend die Verantwortung dafür, den korrekten Betrag zu überweisen. Dafür muss der Anteil berechnet werden, der dem oder der Arbeitnehmer:in noch bleibt.

    Bei Unklarheiten kann das zuständige Vollstreckungsgericht weiterhelfen. Eine korrekte Berechnung ist wichtig, damit gegen den oder die Arbeitgeber:in keine Schadenersatzansprüche von einer Seite entstehen. Bekommt eine Seite (Gläubiger:in oder Schuldner:in) zu wenig vom Lohn überwiesen, können diese auf Schadenersatz klagen.

    Bei mehreren Pfändungen müssen diese nacheinander beglichen werden. Sobald also eine Pfändung komplett beglichen ist, kommt die nächste an die Reihe. Als Arbeitgeber:in ist es immer sinnvoll, bei dem oder der Gläubiger:in nachzufragen, ob die Schuld auch wirklich beglichen ist, bevor man die Überweisungen einstellt.

    Es gibt bestimmte unpfändbare Teile des Einkommens. Dazu gehören diese:

    • Aufwandsentschädigungen
    • Beiträge für die betriebliche Altersvorsorge
    • Erschwerniszulagen
    • Erziehungsgelder
    • Studienbeihilfen

    Außerdem sind folgende Bezüge nur zur Hälfte pfändbar:

    • Sonderzahlungen für Jubiläen
    • Überstundenvergütungen
    • Urlaubsgeld

    Für Unterhaltspfändungen gelten Sonderregelungen, die bei Lohnpfändungen nicht greifen. Eine Unterhaltspfändung muss also separat eingereicht und vollstreckt werden.

    lxlp