Neue Arbeitsschutzregeln
Der Arbeitsschutzstandard im Rahmen der Corona-Pandemie
Inhaltsverzeichnis
Um die Verbreitung des Virus in Schach zu halten, hat das Arbeitsministerium einen „Corona-Arbeitsschutzstandard“ (SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung) erarbeitet.
Aktueller Hinweis, Stand Mai 2022
Die SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung ist mit Wirkung des 25. Mai 2022 außer Kraft getreten.
„Relevante regionale und betriebliche Infektionsausbrüche sind jedoch immer möglich. Vor diesem Hintergrund sind Arbeitgeber entsprechend der Vorgaben des Arbeitsschutzgesetzes verpflichtet, ihre Gefährdungsbeurteilung stetig an das Infektionsgeschehen anzupassen und daraus abgeleitete Maßnahmen des Arbeitsschutzes zu ergreifen.“
Das Wichtigste in Kürze
Jeder Arbeitgeber hat eine Fürsorgepflicht und muss Maßnahmen treffen, um das Infektionsrisiko durch das Coronavirus in seinem Unternehmen zu minimieren.
Das Bundesarbeitsministerium hat in Zusammenarbeit mit diversen Verbänden Arbeitsschutzstandards erarbeitet, die Unternehmen sofort umsetzen müssen, wobei Nichteinhaltung zu potenziellen Schadenersatzansprüchen führen kann.
Fürsorgepflicht der Arbeitgeber
Jeder Arbeitgeber hat eine arbeitsrechtliche Fürsorgepflicht. Das heißt, er muss seine Mitarbeiter schützen und die Gefahr einer Infizierung im Unternehmen möglichst niedrig halten. Das Wohl und die Gesundheit der Mitarbeiter und Kunden sollten stets an erster Stelle stehen.
Das Bundesarbeitsministerium (BMAS) hat nun in Kooperation mit Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbänden sowie mit den Arbeitsschutzverwaltungen der Länder Arbeitsschutzstandards für den Umgang mit der Corona-Krise erarbeitet. Sämtliche betrieblichen Maßnahmen sollten darauf abzielen, Infektionsketten zu unterbrechen und die Beschäftigten zu schützen. Das Papier wurde auch der Bundesregierung als Grundlage für weitere Maßnahmen vorgelegt.
Die neuen Arbeitsschutzstandards gelten ab sofort
Die neuen Regeln gelten ab sofort für alle Unternehmen, in denen noch oder wieder vor Ort gearbeitet wird. In Unternehmen, die noch geschlossen sind, oder deren Mitarbeiter derzeit im Homeoffice arbeiten, kommen die Regeln ab dem Zeitpunkt der Wiedereröffnung bzw. der Rückkehr der Mitarbeiter aus dem Homeoffice zur Anwendung. Branchenspezifische Umsetzungen der Details werden zurzeit durch die Berufsgenossenschaften erarbeitet.
Diese neuen Regeln für Arbeitsplätze gelten
- Die Arbeitsplätze sollen so gestaltet werden, dass die Mitarbeiter*innen einen Mindestabstand von 1,5 Metern zu anderen Mitarbeitenden halten können.
- Sofern dies möglich ist, müssen die Arbeitsplätze durch Schutzvorrichtungen voneinander abgegrenzt werden. Dies kann z. B. durch transparente Plastikwände erfolgen. Ist das Aufstellen von Schutzscheiben nicht möglich, müssen Arbeitgeber ihren Mitarbeitenden Nase-Mund-Bedeckungen (Atemschutzmasken) zur Verfügung stellen.
- Bei Arbeitsplätzen mit Publikumsverkehr müssen solche Trennwände zwingend eingerichtet werden. Ein Beispiel hierfür sind Kassierer*innen in Lebensmittelgeschäften.
- Die Abläufe im Betrieb sollen so organisiert werden, dass die Mitarbeitenden möglichst wenig direkten Kontakt zueinander haben. Eine Entzerrung ist z. B. durch entsprechende Arbeit in Schichten, versetzte Pausenzeiten oder unterschiedliche Anwesenheiten im Büro möglich.
- Gibt es Orte im Unternehmen, an denen es regelmäßig zu Personenschlangen kommt, sollen Schutzabstände mit Klebeband auf dem Boden markiert werden. Solche Orte können u. a. die Kantine, die Stechuhr oder die Werkzeug- und Materialausgabe sein.
- Der Arbeitgeber muss am Ein-/Ausgang und in der Nähe der Arbeitsplätze Desinfektionsspender bereitstellen, um eine häufige Handhygiene zu ermöglichen.
- In Räumen, die von vielen Mitarbeiter*innen genutzt werden – wie Sanitärraume, Gemeinschafts- oder Pausenräume – müssen Seife, Handtuchspender und Desinfektionsspender zur Verfügung gestellt werden.
- Diese Räume sind außerdem häufiger als normalerweise zu reinigen und gegebenenfalls zu desinfizieren. Das gleiche gilt für Türklinken und Handläufe im gesamten Betrieb.
- Wenn möglich, sollen Arbeitsmittel und Werkzeuge immer nur von derselben Person benutzt werden. Dies trifft beispielsweise auf Frisör-Scheren oder auf Hammer und Meißel auf der Baustelle zu. Für den Fall, dass eine personenbezogene Nutzung nicht durchführbar ist, soll der Arbeitgeber geeignete Schutzhandschuhe bereitstellen – sofern dies keine zusätzlichen Gefahr für die Mitarbeiter bedeutet (z. B. wenn die Gefahr besteht, dass die Handschuhe bei der Arbeit an einer Maschine von dieser erfasst werden).
- Mitarbeiter, die bei der Arbeit mehrfach Kontakt zu anderen Personen haben, haben Anspruch auf eine persönliche Schutzausrüstung. Hierzu gehören insbesondere Atemschutzmasken und Schutzhandschuhe.
- Arbeitskleidung und Schutzausrüstung dürfen ebenfalls nur personenbezogen genutzt und aufbewahrt werden. Beides ist regelmäßig zu desinfizieren bzw. zu wechseln.
- Eine gute Luftqualität in den Betriebsräumen ist besonders wichtig. Wird eine Belüftungsanlage genutzt, empfehlen sich Geräte mit einer Filterung der Zuluft.
- Dienstreisen sollten möglichst vermieden werden und wenn machbar durch technische Alternativen wie Online-Meetings, Telefon- oder Videokonferenzen ersetzt werden.
- Arbeitnehmer*innen, die einer Risikogruppe angehören – also Mitarbeitende über 60 oder Arbeitnehmer*innen mit entsprechenden Vorerkrankungen – sind vom Arbeitgeber besonders zu schützen und sollen zu arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren individuell beraten werden.
- Die Mitarbeiter*innen und Führungskräfte sollen idealerweise aktiv in Hygieneregeln und sonstigen Schutzmaßnahmen unterwiesen werden.
- Arbeitgeber*innen sollen ihren Mitarbeitern klar vermitteln, dass sie auf keinen Fall krank zur Arbeit erscheinen sollen. Dies gilt auch für leichte Krankheitssymptome. Zeigen Mitarbeiter bei der Arbeit Krankheitssymptome wie Husten, Fieber oder andere Erkältungsanzeichen, sind sie unverzüglich nach Hause zu schicken.
- Jeder Betrieb soll Routinen im Umgang mit Verdachts- und Krankheitsfällen erarbeiten. Wie Sie hier am besten vorgehen, erfahren Sie im Fachartikel
Coronavirus: Das müssen Arbeitgeber jetzt wissen
Besondere Empfehlungen für Baustellen und die Landwirtschaft
Damit wechselnde Kontakte zu anderen Personen weitgehend vermieden werden, sollen auf Baustellen und in der Landwirtschaft möglichst kleine Teams (2 – 3 Personen) eingesetzt werden, sofern dies machbar ist. Außerdem müssen auf Baustellen zusätzliche Möglichkeiten zur Handhygiene geschaffen werden, z. B. durch Desinfektionsspender.
Fahrten von mehreren Personen – z. B. zu Arbeitseinsätzen, zur Materialbeschaffung oder zur Auslieferung – sollen möglichst beschränkt werden. Auch hier sollte die Anzahl an Personen in einem Fahrzeug 2 – 3 nicht überschreiten.
Schutzmaßnahmen für Paketdienste
Die Schutzmaßnahmen für Paketfahrer sehen vor, dass die Fahrzeuge mit Utensilien zur Handhygiene, zur Desinfektion, mit Papiertüchern und Müllbeuteln ausgestattet sein müssen. Bei der Planung der Touren muss zudem berücksichtigt werden, dass derzeit viele öffentliche Toiletten und Waschräume gesperrt sind, was die Nutzung sanitärer Einrichtungen erschwert.
Welche Strafen drohen, wenn Sie Ihren Pflichten nicht nachkommen?
Zur Überprüfung der neuen Regelungen soll es laut Arbeitsminister Heil stichprobenartige Kontrollen geben. Zwar besitzen die Covid-19 Schutzstandards keine unmittelbare Rechtsverbindlichkeit. Allerdings könnten Gerichte die Nichtbeachtung dieser Standards durch einen Arbeitgeber, dem das Papier bekannt war, als Verletzung der Fürsorgepflicht sehen. Infiziert sich ein Mitarbeiter oder Kunde in Ihrem Unternehmen mit dem Coronavirus, weil Sie Ihren Pflichten nicht ausreichend nachgekommen sind, kann er unter Umständen Schadenersatzansprüche geltend machen.