Widerruf
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Das Recht auf Widerruf
Nicht alle Kunden und Kundinnen sind mit den Produkten zufrieden, die sie kaufen. Am Ende stimmt doch die Farbe nicht oder die Größe wurde falsch eingeschätzt. Es gibt zahlreiche Gründe dafür, warum Kund:innen sich doch noch gegen ein bereits gekauftes Produkt entscheiden. In dem Fall greift das Widerrufsrecht und das Produkt darf zurückgegeben werden. Was der Widerruf für Unternehmer und Unternehmerinnen bedeutet, erfahren Sie in diesem Artikel.
Die Definition des Widerrufsrechts
Bei einem Kauf entsteht eine Art Kaufvertrag zwischen Händler:in und Kund:in. Der Kunde oder die Kundin ist damit einverstanden, für ein Produkt einen Preis zu zahlen und dafür das entsprechende Produkt von dem Verkäufer oder der Verkäuferin zu erhalten. Das nennt man eine Willenserklärung.
Im Rahmen des Widerrufsrechts kann diese Willenserklärung rechtswirksam rückgängig gemacht werden. Dadurch werden sowohl Kund:in als auch Verkäufer:in von den vereinbarten Pflichten befreit.
Das Widerrufsrecht ist also eine Rücktrittserklärung durch den oder die Verbraucher:in. Die Regelungen für den Widerruf sind im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) festgehalten. Demnach handelt es sich um ein einseitiges Verbraucherrecht, für das keine Zustimmung notwendig ist. Das bedeutet, dass Unternehmer:innen an das Gesetz gebunden sind und Verbraucher:innen es jederzeit unter den vorgegebenen Umständen anwenden dürfen. Eine dieser Vorgaben sind die Fristen für den Widerruf.
Die Fristen im Widerrufsrecht
Die Fristen im Widerrufsrecht sind seit 2014 einheitlich für alle EU-Mitgliedstaaten geregelt. Für das Rückgaberecht gilt also in der gesamten EU eine Frist von 14 Tagen.
Die Frist beginnt in dem Moment, in dem das Widerrufsrecht rechtlich gesehen in Kraft tritt.
Das kann mit dem Erhalt von Vertragsunterlagen oder der Widerrufsbelehrung sein, wenn diese offiziell während des Geschäfts ausgehändigt werden. Der Moment, in dem die Widerrufsregelungen gültig werden, ist meist der, in dem die Unterschrift unter dem Vertrag erfolgt.
Wenn nicht direkt ein Vertrag bei dem Geschäft eingebunden ist, gilt als Zeitpunkt für den Beginn der Frist für den Widerruf der Moment, in dem man die Ware erhält. Das ist beispielsweise in Ladengeschäften der Fall oder bei Bestellungen in Online-Shops.
Die 14 Tage Rückgaberecht beziehen sich auf tatsächliche Tage. Es werden also auch Feiertage und Sonntage berücksichtigt, nicht nur 14 Werktage. Es handelt sich also um eine Frist von genau zwei Wochen.
Einzige Ausnahmen davon ist, wenn der 14. Tag auf einen Feiertag oder ein Wochenende fällt. Dann gilt als Stichtag der nächste Werktag.
Wenn keine konkrete Widerrufsfrist festgelegt wird, dürfen Kunden und Kundinnen für 12 Monate von ihrem Widerrufsrecht Gebrauch machen. Achten Sie also immer darauf, dass Sie eine Widerrufsfrist für Ihr Geschäft geregelt haben.
In diesen Fällen besteht das Recht auf Widerruf
Für Verbraucher:innen gelten im Grunde für alle Kaufverträge und Versicherungsverträge die Rechte auf Widerruf, wie bereits in diesem Artikel beschrieben.
Anbieter:innen sind aber nicht immer dazu verpflichtet, diesem Widerrufsrecht folge zu leisten. Die Pflicht dazu ist an gewisse Voraussetzungen gebunden:
Es muss ein Nachweis für einen rechtskräftigen Kaufvertrag erbracht werden. Dazu gehören auch Quittungen aus dem Ladengeschäft. Deshalb ist ein Umtausch meistens nur möglich, wenn die Quittung beziehungsweise der Kassenbon noch vorhanden ist.
Dadurch soll sichergestellt werden, dass sich Kunden und Kundinnen nicht illegal bereichern, indem sie Produkte zurückgeben, die ihnen gar nicht gehören oder die woanders gekauft wurden. Das passiert tatsächlich häufiger, als man annehmen würde.
In gewisser Weise kann das Rückgaberecht auch auf einzelne Filialen beschränkt sein. Wer bei Aldi in Dortmund einkauft, hat keine Garantie darauf, dass Aldi in Duisburg ein Produkt davon zurücknimmt.
Außerdem muss die bereits beschriebene Widerrufsfrist eingehalten werden. Ist das nicht der Fall, dürfen Verkäufer:innen die Rückgabe ablehnen. In den meisten Fällen zeigen sich Verkäufer:innen da kulant und sind nicht allzu streng, wenn auch mal 15 Tage vergangen sind. Bei einem Umtausch nach 140 Tagen kann man sich aber nicht beschweren, wenn dieser nicht akzeptiert wird.
Der vollständige Widerruf
Ein Widerruf muss immer vollständig erfolgen. Das bedeutet, dass von einem Produkt nicht nur Teile widerrufen werden können. Entweder geht das gesamte Produkt zurück oder gar nichts.
Händler:innen sind nicht dazu gezwungen, halbe Produkte zurückzunehmen. Wird beispielsweise ein Puzzle zurückgegeben, sollte man sich davon überzeugen, dass es auch noch alle Teile enthält. Es sei denn, der Widerruf bezieht sich darauf, dass Teile fehlen.
Auch dürfen Kund:innen nicht bestimmte Teile eines Produkts behalten, die funktionieren. Die Carrerabahn mit zwei Autos, von denen nur eins fährt, kann nicht nur in Form des defekten Autos widerrufen werden.
Verkäufer:innen haben in der Regel nichts mit der Herstellung der Produkte zu tun und müssen diese selbst ebenfalls beim herstellenden Unternehmen zurückgeben. Das geht nur, wenn diese komplett sind, wie sie verkauft wurden.
Händler:innen können sich dabei nicht auf das Widerrufsrecht berufen. Der Widerruf dient dem Verbraucherschutz und ist somit auch nur von diesen anwendbar. Bei Business-to-Business-Geschäften (B2B) gelten die Regelungen aus dem Widerrufsrecht also nicht.
Der teilweise Widerruf
Wie bei fast allem anderen, gibt es auch beim Widerruf Ausnahmen von der Regel. Obwohl ein Widerruf sich wie gesagt auf ein gesamtes Produkt beziehen muss, gibt es Fälle, in denen ein teilweiser Widerruf möglich ist.
Das ergibt sich im Grunde aus dem Fall selbst heraus. Ein teilweiser Widerruf ist möglich, wenn sich einzelne Komponenten aus einem Kauf vom Rest des Kaufs trennen lassen. Werden also mehrere Produkte mit einem Kauf erworben, kann ein Produkt aus diesem Kauf widerrufen werden. Wichtig ist, dass sich die Produkte vollständig voneinander trennen lassen.
Bei einer Dienstleistung ist ebenfalls ein teilweiser Widerruf möglich. Wenn sich ein:e Kund:in während der Durchführung einer Dienstleistung dazu entscheidet, die Dienstleistung zu widerrufen, muss der Kunde oder die Kundin den bereits erbrachten Teil der Dienstleistung bezahlen.
Die Höhe des Betrags für die bereits erbrachte Teilleistung ergibt sich dabei aus dem vereinbarten Gesamtpreis für die Dienstleistung. Der wird dann anteilig heruntergerechnet auf den erbrachten Teil der Arbeit.
Wenn im Vorfeld kein Preis vereinbart wurde, ist der Marktpreis entscheidend für den Wert der bereits geleisteten Arbeit.
Das verarbeitete Material sollte natürlich mit in die Rechnung einfließen. Noch nicht verbautes Material, das extra für diesen Auftrag bestellt wurde, darf aber nicht berechnet werden.
Der unmögliche Widerruf
Es gibt trotz des Widerrufsrechts bestimmte Situationen, in denen ein Widerruf nicht möglich ist. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn ein Vertrag mit einer Laufzeit unter einem Jahr geschlossen wird. Dann besteht laut dem BGB kein Widerrufsrecht.
Außerdem ist in diesen Fällen kein Widerruf möglich:
- bei individuell abgestimmten Waren, wie zum Beispiel maßgeschneiderte Anzüge
- bei schneller Verderblichkeit, wie Lebensmitteln
- bei Hygieneprodukten, wenn die Verpackung bereits geöffnet wurde
- bei Ton- und Videoaufnahmen
- bei Waren und Dienstleistungen, die Preisschwankungen abhängig vom Finanzmarkt unterliegen, wie beispielsweise Wertpapiere
- bei notariell beurkundeten Verträgen
Diese Verträge können widerrufen werden
In der Regel besteht bei einem Kauf immer eine Art von Kaufvertrag oder zumindest eine andere Form der Bestätigung, dass ein Geschäft abgeschlossen wurde. Das Widerrufsrecht gilt für alle diese Vertragsformen. Das beinhaltet diese Verträge:
- Fernabsatzgeschäfte – ein Vertrag ohne körperliche Anwesenheit, der beispielsweise bei Online-Käufen, Katalogbestellungen oder Kaufgeschäften über das Telefon gilt
- Versicherungsverträge – diese unterliegen dem Versicherungsrecht, das ebenfalls an die Widerrufsregelungen gebunden ist
- Haustürgeschäfte – dabei handelt es sich um einen mündlichen Vertragsabschluss, der in der eigenen Wohnung oder am Arbeitsplatz geschlossen wird und nicht im Vorfeld angekündigt wurde, wie beispielsweise spontane Besuche von Staubsaugervertreter:innen oder bei geschäftlichen Events
- Bauverträge – der Widerruf ist seit 2018 möglich, aber nur dann, wenn es sich um Verbraucherbauverträge handelt, wie beispielsweise der Bau eines Gebäudes oder größere Umbaumaßnahmen
- Darlehensverträge – hier ist der Widerruf nur dann möglich, wenn der Darlehensvertrag nicht notariell beglaubigt ist, wie beispielsweise bei privaten Autoverkäufen
- Käufe auf Kredit – diese werden meistens mit einem Kaufvertrag vereinbart, zum Beispiel beim Kauf einer Küche oder von Möbeln
- Ratenlieferungsverträge – dabei handelt es sich um Teillieferungen für eine gleichartige Sache, bei denen ein Widerruf aber nur dann möglich ist, wenn es sich nicht um zusammengehörige Objekte handelt, wie beispielsweise mehrere Bände eines Lexikons
Für diese Vertragsformen besteht immer das Widerrufsrecht, es sei denn, dieses wird durch eine der genannten Ausnahmen ausgesetzt. Der Widerruf selbst muss in jedem dieser Fälle innerhalb der vorgegebenen Frist von 14 Tagen erfolgen.
Widerruf schriftlich oder mündlich?
Zu einem Widerruf gehört seit 2014 ein Widerrufsschreiben oder eine Widerrufserklärung. Diese dient vor allem der Nachweispflicht.
Bei den meisten Bestellungen aus dem Internet ist die Widerrufserklärung bereits enthalten und muss bei Bedarf nur ausgefüllt werden.
Das Widerrufsschreiben muss diese Angaben enthalten:
- Anschrift des Unternehmens beziehungsweise des oder der Verkäufer:in
optional die eigenen Kontaktdaten - Anschrift des Kunden oder der Kundin
- Datum des Kaufs oder der Bestellung
- eine genaue Bezeichnung der Ware oder der Dienstleistung
- Unterschrift
Die Widerrufserklärung muss mit der Ware innerhalb der Frist beim entsprechenden Unternehmen vorliegen, ansonsten kann das Unternehmen dem Widerruf widersprechen.
Eine Begründung für den Widerruf muss nicht aufgeführt werden. Es ist aber möglich, auf einem vorgefertigten Widerrufsschreiben danach zu fragen. Das kann sinnvoll sein, um Widerrufe miteinander abzugleichen. Vielleicht stellt sich heraus, dass es bestimmte Gründe für Widerrufe gibt, die sich wiederholen. Dann kann darauf entsprechend reagiert und Optimierungen vorgenommen werden.
Eine Pflicht für Verbraucher:innen besteht für die Angabe einer Begründung aber nicht. Sie können diese Abfrage also auch ignorieren. Der Versuch ist es häufig aber trotzdem wert. Auch, wenn nicht alle Kund:innen einen Grund für den Widerruf angeben, tun es einige dennoch und liefern Ihnen Informationen, die Sie sonst nicht hätten.