Kosten-Nutzen-Analyse
Inhaltsverzeichnis
Überblick
Wie der Name schon sagt, wird bei dieser Analyse das Verhältnis von Kosten und Nutzen gegenübergestellt. Es handelt sich dabei also um eine Wirtschaftlichkeitsrechnung. Im Gegensatz zu anderen Rechnungen ihrer Art werden bei der Kosten-Nutzen-Analyse Vor- und Nachteile einer künftigen Investition geprüft und bewertet. Auf diese Weise haben Sie die Möglichkeit, ein Vorhaben mit finanziellem Risiko vorab zu beurteilen.
Welche Besonderheit hat die Kosten-Nutzen-Rechnung?
Besonderes Kennzeichen der Kosten-Nutzen-Analyse ist, dass sie in vielen Fällen Bewertungen vornehmen muss, ohne auf definierte Geldwerte oder vorhandene Marktpreise zurückgreifen zu können. Für die Beurteilung eines Vorhabens werden auf der einen Seite die anfallenden Kosten erfasst oder geschätzt. Beim Nutzen ist man regelmäßig auf Schätzungen, z. B. hinsichtlich der Höhe der Kosteneinsparungen, angewiesen. Auf Basis dieser Aussagen werden im Rahmen der Kosten-Nutzen-Analyse vorteilhafte von unvorteilhaften Vorhaben unterschieden.
Auf welchen Gebieten wird die Kosten-Nutzen-Analyse angewendet?
Die Kosten-Nutzen-Analyse wird häufig bei der Beurteilung von mehreren alternativen Vorhaben angewandt, bei denen es nicht oder nur mit unvertretbar hohem Aufwand möglich ist, eine Wirtschaftlichkeitsbetrachtung auf monetärer Basis durchzuführen. Oftmals lassen sich die Kosten eines solchen Vorhabens oder Projekts noch ermitteln. Es ist aber nicht immer bekannt, welcher konkrete Nutzen dem Unternehmen entsteht, da er nicht in Geldeinheiten zu beziffern ist.
Der Nutzen kann häufig nur geschätzt werden und unterliegt oftmals der subjektiven Meinung der verantwortlichen Personen. Daher sollte eine Kosten-Nutzen-Analyse möglichst durch mehrere Beschäftigte aus unterschiedlichen Abteilungen eines Unternehmens vorgenommen werden. So lässt sich ein höheres Maß an Objektivität erreichen. Außerdem kann so möglichen Vorwürfen, etwa der Voreingenommenheit, besser begegnet werden.
Beispiele für Vorhaben, bei denen die Kosten-Nutzen-Analyse zur Anwendung kommt, sind:
- Neuinstallation oder Ersatz des EDV-Systems;
- Organisationsvorhaben (Um- oder Neuorganisation);
- Um- oder Ausbau von Verwaltungsbereichen;
- Maßnahmen zur Aus- und Weiterbildung der Mitarbeiter;
- Einführung neuer betriebswirtschaftlicher Instrumente, z. B. der Zielkostenrechnung oder
- der Budgetierung;
- Einführung eines neuen Provisionssystems im Vertrieb;
- Einführung neuer Fertigungsverfahren.
Welche Nutzenfaktoren gibt es?
Beispiele für nicht monetäre Nutzenfaktoren im Sinne der Kosten-Nutzen-Analyse können sein:
- Verkürzung der Bearbeitungs- oder Durchlaufzeiten;
- Verbesserung der Arbeitsabläufe;
- Verbesserung der Qualifikation der Beschäftigen;
- Verringerung der Beschwerdequote;
- Verbesserung der Servicequalität;
- Verbesserung der Motivation der Mitarbeiter;
- Verbesserung der Kommunikation, des Informationsflusses;
- Absenkung der Fehlerquote;
- Verbesserung des Unternehmensimage;
- Reduktion der Mehrarbeit;
- Verbesserung der Verkaufszahlen;
- Verbesserung der Lieferbereitschaft;
- Verbesserung der Liefertermintreue;
- Verringerung der innerbetrieblichen Transportwege und -zeiten.
Wie funktioniert die Kosten-Nutzen-Analyse?
Die Funktionsweise der Kosten-Nutzen-Analyse lässt sich gut an einem Beispiel zeigen:
Praxis-Beispiel: Bewertung einer Weiterbildungsmaßnahme
Die Personalabteilung in einem Unternehmen möchte 8 Mitarbeiter schulen, um die Arbeitsqualität und den Dienstleistungsanspruch des Personalwesens noch besser erfüllen zu können. Um die Wirtschaftlichkeit der Maßnahme beurteilen zu können, wird eine Kosten-Nutzen-Analyse durchgeführt, da keine unmittelbaren monetären Vorteile zu erreichen sind bzw. beziffert werden können. Die Kosten der Maßnahme können einfach ermittelt werden, da die Werte größtenteils bekannt sind (z. B. Lehrgangsgebühren, Hotel- und Reisekosten, Ausfallzeiten (z.B. multipliziert mit den Personalkosten pro Stunde) oder vergleichsweise einfach und hinreichend genau geschätzt werden können (z. B. Kosten für Ausfallzeiten, langsameres Arbeiten in der Umsetzungsphase, Umsetzungskontrolle). Die Maßnahme erstreckt sich über drei Arbeitstage.
A. Aufwand | Pro Mitarbeiter | Gesamt | ||
Kosten der Veranstaltung (Lehrgangsgebühren) | 1.980 | 15.840 | ||
Hotelkosten | 330 | 2.640 | ||
Reisekosten | 90 | 720 | ||
Ausfallzeiten | 960 | 7.680 | ||
Langsameres Arbeiten während der Umsetzung | 290 | 2.320 | ||
Umsetzungskontrolle | 140 | 1.120 | ||
Gesamtaufwand im Schulungsjahr | 30.320 | |||
B. Nutzen/Einsparungen | ||||
Verbesserung der Arbeitsabläufe/Schnelleres Arbeiten | 1.720 | 13.760 | ||
Abbau von Überzeiten | 670 | 5.360 | ||
Selbstständigeres Arbeiten | 340 | 2.720 | ||
Reduktion der Fehlerquote | 240 | 1.920 | ||
Verbesserung der Kommunikation | 160 | 1.280 | ||
Gesamtnutzen im Schulungsjahr | 25.040 | |||
C. Saldo aus Nutzen und Kosten im ersten Jahr | -5.280 | |||
Angaben in EUR, gerundet |
Tab. 1: Kosten-Nutzen-Betrachtung für eine Fortbildungsmaßnahme im Personalbereich
Das Beispiel zeigt, dass die Kosten den – geschätzten – Nutzen im ersten Jahr deutlich übersteigen. Allerdings muss bedacht werden, dass es sich bei den Schulungskosten um Einmalaufwendungen handelt oder um Maßnahmen, die in größeren Abständen, meist weniger intensiv, mit entsprechend verringertem Aufwand, wiederholt werden müssen. Der Nutzen hingegen erschließt sich in der Regel jedes Jahr aufs Neue, auch sich alte Gewohnheiten wieder einschleichen und der Vorteil von Jahr zu Jahr geringer wird. Aber auch unter diesen Umständen rechnet sich die Schulungsmaßnahme für die Personalabteilung nach weniger als anderthalb Jahren.
Das Beispiel zeigt, dass die Kosten den – geschätzten – Nutzen im ersten Jahr deutlich übersteigen. Allerdings muss bedacht werden, dass es sich bei den Schulungskosten um Einmalaufwendungen handelt oder um Maßnahmen, die in größeren Abständen, meist weniger intensiv, mit entsprechend verringertem Aufwand, wiederholt werden müssen. Der Nutzen hingegen erschließt sich in der Regel jedes Jahr aufs Neue, auch sich alte Gewohnheiten wieder einschleichen und der Vorteil von Jahr zu Jahr geringer wird. Aber auch unter diesen Umständen rechnet sich die Schulungsmaßnahme für die Personalabteilung nach weniger als anderthalb Jahren.
Eine solche Kosten-Nutzen-Analyse für die Beurteilung von Fortbildungsmaßnahmen lässt sich grundsätzlich für alle betrieblichen Bereiche durchführen. Allerdings ist zu beachten, dass jeder Bereich in der Regel andere Erwartungen an den Nutzen einer solchen Maßnahme hat. Der Vertrieb bspw. dürfte auch daran interessiert sein, die Arbeitsabläufe zu verbessern. Wahrscheinlich hat aber die Möglichkeit der Verbesserung des Verkaufserfolgs oder der Reduktion der Stornoquote in diesem Bereich eine höhere Priorität.
Praxis-Tipp: Nutzenbewertung objektivieren, um Akzeptanz zu schaffen
Ein Nachteil der Kosten-Nutzen-Analyse ist, dass Sie zu ihrer Durchführung in der Regel auf Schätzwerte, insbesondere bei der Nutzenermittlung, angewiesen sind. Sie sollten daher stets versuchen, die jeweiligen Nutzenaspekte so weit wie möglich zu objektivieren. Beispielsweise lässt sich eingesparte Arbeitszeit mit den in Ihrem Betrieb üblichen Stundensätzen berechnen.
Auch die Verringerung der Fehlerquote lässt sich monetär bewerten, wenn die Kosten für Ausschuss in der Produktion bekannt sind. Schwieriger dürfte es für Sie dagegen sein, die Mengenkomponenten zu schätzen, da hier meist keine bezifferbaren Erfahrungswerte vorliegen. Hier sollten Sie, wenn irgend möglich, das Know-how und die Erfahrungswerte der betroffenen Mitarbeiter nutzen und mit ihnen gemeinsam die benötigten Werte erarbeiten.
Die Einbeziehung der Beschäftigten hat überdies den Vorteil, dass diese später eher bereit sind, eine Entscheidung der Geschäftsleitung mitzutragen, auch wenn sie nicht in allen Punkten ihren eigenen Vorstellungen entspricht.
Wie ergänzt die Kosten-Nutzen-Analyse klassische Wirtschaftlichkeitsrechnungen?
Die Kosten-Nutzen-Analyse kann in einer leicht abgewandelten Form ergänzend zu konventionellen monetären Wirtschaftlichkeitsrechnungen eingesetzt werden. Dies ist möglich, wenn es gilt, sich ein vollständiges Bild von einem Vorhaben zu verschaffen oder wenn zwei oder mehr Alternativen nahezu die gleichen Kenn- und Bewertungsgrößen aufweisen.
Praxis-Beispiel: Unterstützung einer klassischen Investitionsrechnung
Ein Unternehmen plant die Anschaffung einer Produktionslinie und hat hierfür eine Wirtschaftlichkeitsbetrachtung durchgeführt. Verwendet werden die Kapitalwert- und die interne Zinsfußmethode. Zur Auswahl stehen drei Anlagen. Nach Durchführung der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung liegen die Kapitalwerte und internen Zinsfüße nur unwesentlich auseinander, sodass keine eindeutige Entscheidung zu treffen ist.
Die Investition soll in jedem Fall vorgenommen werden. Daher wird vom Controlling ergänzend eine Kosten-Nutzen-Betrachtung durchgeführt. Das Ergebnis der Kosten-Nutzen-Betrachtung soll aufgrund der ähnlichen monetären Bewertungen den Ausschlag geben. Bewertet werden die fünf für den Betrieb wichtigsten Nutzenfaktoren, z.B. Verkürzung der Durchlaufzeiten oder Senkung der Fehlerquote.
Vorhaben A | Vorhaben B | Vorhaben C | |
A. Monetäre Beurteilung | |||
Kapitalwert | 23,69 | 23,01 | 23,94 |
Interner Zinsfuß | 32,5 | 31,9 | 32,8 |
B. Kosten-Nutzen-Analyse | |||
Verkürzung der Durchlaufzeiten | 23.870 | 21.520 | 32.470 |
Senkung der Ausschuss- und Fehlerquote | 33.590 | 26.700 | 43.210 |
Reduktion der Beschwerdequote | 3.800 | 5.620 | 9.530 |
Verbesserung der Lieferbereitschaft | 3.340 | 4.890 | 6.380 |
Verbesserung der Arbeitsprozesse | 10.670 | 9.120 | 12.540 |
Jährlicher Gesamtnutzen | 75.270 | 67.850 | 104.130 |
C. Entscheidung nach Kosten-Nutzen-Aspekten | |||
Rang | 2 | 3 | 1 |
Tab. 2: Ergänzung der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung durch eine Kosten-Nutzen-Betrachtung
Da die Kosten für die Investitionen bereits in den monetären Berechnungen berücksichtigt sind, werden aus Vereinfachungsgründen bei der Ergänzungsrechnung lediglich die Nutzenwerte angesetzt. Nach Durchführung der Analyse ist demnach die Produktionslinie 3 die für das Unternehmen insgesamt günstigste Investition.
Da die Kosten für die Investitionen bereits in den monetären Berechnungen berücksichtigt sind, werden aus Vereinfachungsgründen bei der Ergänzungsrechnung lediglich die Nutzenwerte angesetzt. Nach Durchführung der Analyse ist demnach die Produktionslinie 3 die für das Unternehmen insgesamt günstigste Investition.
Praxis-Tipp: Ganzheitliche Betrachtung möglich
Bei fast jedem Investitionsvorhaben oder Projekt gibt es nicht monetäre Faktoren, die im Rahmen einer klassischen Wirtschaftlichkeitsrechnung nicht oder nur am Rande betrachtet werden. Machen Sie es sich daher zur Gewohnheit, eine ergänzende Nutzenbetrachtung für jedes Vorhaben durchzuführen. Sie erreichen hierdurch u. a., dass Sie eine Investition oder ein Projekt umfassender und vollständiger beurteilen können.
Unter Umständen stellt sich nach der Bewertung heraus, dass ein Projekt, das unter monetären Aspekten den größten Vorteil besitzt, insgesamt gesehen nicht das Vorteilhafteste für Ihr Unternehmen ist. Allerdings sollten Sie die Ergebnisse der Kosten-Nutzen-Betrachtung nicht überbewerten. Daher empfiehlt es sich, eine Gewichtung vorzunehmen. Die Ergebnisse der monetären Wirtschaftlichkeitsrechnung können beispielsweise zu 80 %, die Ergebnisse der Kosten-Nutzen-Analyse zu 20 % in das Gesamtergebnis einfließen.
Welche Durchführungsvoraussetzungen müssen vorliegen?
Um die Kosten-Nutzen-Analyse fundiert umsetzen zu können, sollten verschiedene Voraussetzungen erfüllt und Fragen beantwortet werden. Einige wichtige Aspekte, die bei der Durchführung der Analyse helfen können, sind in nachstehender Checkliste zu finden.
Checkliste zur Kosten-Nutzen-Analyse
- Welches Ziel soll mit der Durchführung der Kosten-Nutzen-Analyse verfolgt werden? Ist sie alleiniges Entscheidungskriterium oder dient sie lediglich der Abrundung einer Betrachtung als ergänzendes Entscheidungskriterium?
- Zu welchem Prozentsatz fließt das Ergebnis einer Kosten-Nutzen-Analyse in die Gesamtbeurteilung ein, wenn es sich um eine ergänzende Bewertung handelt (zur Gesamtbeurteilung gehört noch das monetäre Ergebnis)?
- Wer ist im Unternehmen am besten geeignet, eine Kosten-Nutzen-Analyse durchzuführen? Die Verantwortung sollte bei einer möglichst neutralen Stelle, z. B. dem Controlling , liegen. In keinem Fall sollte eine betroffene Abteilung oder ein involvierter Bereich selbst federführend an der Analyse beteiligt sein, um weitgehende Objektivität gewährleisten zu können.
- Die Entscheidung darüber, ob ein Vorhaben durchgeführt wird oder nicht, sollte, wie bei klassischen Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen auch, möglichst von der Geschäftsleitung getroffen werden.
- Gibt es für die Durchführung einer Kosten-Nutzen-Analyse genügend qualitative Merkmale (Faustregel: mindestens drei, möglichst nicht mehr als fünf bis sechs)?
- Woher kommen die Informationen, Daten und Fakten, um eine hinreichend genaue Schätzung der Nutzenseite sicherstellen zu können?
- Wenn viele Beurteilungsmerkmale vorhanden sind, genügt, sich auf die Bewertung der wichtigsten vier bis fünf Kriterien eingegangen wird (s. vorherigen Punkt). So können Arbeitsaufwand und Bearbeitungszeit nachhaltig reduziert werden, ohne dass das Ergebnis zu stark beeinflusst bzw. verfälscht wird.
- Wie können die Merkmale bewertet werden? Wer ist im Betrieb in der Lage, hinreichend fundierte Schätzungen abgeben zu können? Das Hinzuziehen von qualifizierten Beschäftigten aus unterschiedlichen Bereichen trägt dazu bei, möglichst viele unterschiedliche Gesichtspunkte zu berücksichtigen und verhindert eine einseitige Sichtweise.
- Die Entscheidung über die Auswahl und Bewertung der Nutzenfaktoren sollte nicht einer Person allein obliegen. So kann eine größere Objektivität gewährleistet werden. Zudem können (negativ) betroffene Bereiche nicht bemängeln, dass die Entscheidung bewusst zu ihren Ungunsten herbeigeführt wurde.
- Eine Kosten-Nutzen-Analyse sollte sich möglichst über einen längeren Zeitraum erstrecken. Wie bei konventionellen Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen erschließt sich der Gesamtnutzen i. d. R. erst oft nach mehreren Jahren.