Kapitalertragsteuer
Inhaltsverzeichnis
Was ist die Kapitalertragsteuer?
Wie bei der Lohnsteuer auch handelt es sich bei der Kapitalertragsteuer um eine Erhebungsform der Einkommensteuer. Sie wird anhand der Einkommensteuerschuld eines Gläubigers berechnet. Üblicherweise wird der fällige Betrag direkt vom Kreditinstitut einbehalten und an das zuständige Finanzamt übermittelt.
Als gesetzliche Grundlage des Steuerrechts liegen der Kapitalertragsteuer die §§ 43 – 45e EStG zugrunde.
Kapitalerträge mit Steuerabzug
Der Schuldner der Kapitalerträge muss insbesondere auf folgende Erträge Kapitalertragsteuern einbehalten:
- Inländische Gewinnausschüttungen, Genussrechte und Wandelanleihen (ab 2012 bzw. 2013 ohne Papiere mit Zulassung zur Depotverwahrung),
- Lebensversicherungserträge,
- stille Gesellschaften und partiarische Darlehen.
Die inländische auszahlende Stelle (i. d. R. das inländische Kreditinstitut) ist für folgende Einnahmen abzugspflichtig:
- ab 2012 bzw. 2013 Erträge aus inländischen Aktien, Genussrechten und Wandelanleihen bei Zulassung zur Depotverwahrung
- Ausländische Dividenden,
- Zinsen,
- Stillhalter- und Termingeschäfte,
- ausgeschüttete Erträge aus Investmentfonds sowie
- Verkauf/Einlösung von Aktien, Kapitalforderungen und Investmentanteilen.
Letztlich muss auch ein inländischer Investmentfonds auf bestimmte Erträge Kapitalertragsteuer einbehalten und dem sog. Entrichtungspflichtigen (inländische Bank) zur Verfügung stellen.
Der Steuerabzug ist nach § 43 Abs. 2 EStG nicht vorzunehmen
- bei ausländischen Dividenden, Stillhalter- und Termingeschäften sowie bei der Veräußerung oder Einlösung von Aktien, Kapitalforderungen und Investmentanteilen, wenn die Einkünfte durch eine nicht steuerbefreite Körperschaft oder ein Personenunternehmen erzielt werden bzw.
- für Stillhalter-, Options- und Termingeschäfte, wenn sie zu den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung gehören.
Für Personenunternehmen und Vermietungseinkünfte muss hierzu gegenüber der Bank eine entsprechende Erklärung abgegeben werden.
Für Steuerausländer wird nur dann ein Kapitalertragsteuerabzug vorgenommen, wenn die Einkünfte unter § 49 EStG fallen, wobei für Veräußerungsgewinne aus § 17 EStG kein Steuerabzug vorgenommen wird.
Bemessung der Kapitalertragsteuer
Der Kapitalertragsteuerabzug ist nicht nur für Kapitaleinkünfte vorzunehmen, sondern auch, wenn die Erträge einer anderen Einkunftsart zuzurechnen sind. Dem Steuerabzug unterliegen die vollen Kapitalerträge ohne jeden Abzug.
Für Kreditinstitute ergeben sich aufgrund der umfassenden Erweiterung der Abzugsverpflichtung ab 2009 weitere Besonderheiten:
- Berechnung der Veräußerungsgewinne – ggf. Anwendung der Ersatzbemessungsgrundlage –,
- Übertragung der Anschaffungsdaten im Fall eines Depotwechsels,
- Verlustverrechnung sowie
- Anrechnung ausländischer Steuern.
Einzelheiten hierzu enthält das BMF-Schreiben zur Abgeltungsteuer.
Steuerberechnung
Berechnungsformel
Die Kapitalertragsteuer beträgt regelmäßig 25 % des Kapitalertrags. Im Fall einer Kirchensteuerpflicht ermäßigt sich die Kapitalertragsteuer um 1/4 der auf die Kapitalerträge entfallenden Kirchensteuer.
Die Vorschrift des § 43a Abs. 1 Satz 3 EStG verweist zur Berechnung der Kapitalertragsteuer auf § 32d Abs. 1 Sätze 4 und 5 EStG. Danach gilt folgende Formel:
e-4q / 4 + k
Hierbei sind e die Einkünfte.
Hierbei ist q die anrechenbare ausländische Steuer.
Hierbei ist k der maßgebende Kirchensteuersatz.
Ausländische Steuer
Nach § 43a Abs. 3 Satz 1 i. V. m. § 32d Abs. 1 und Abs. 5 EStG wird auch die ausländische Steuer beim Steuerabzug berücksichtigt. Die Einbeziehung der ausländischen Steuer ist nur für die inländische auszahlende Stelle, d. h. inländische Banken, von Bedeutung.
Kirchensteuerabzug
Verfahren 2009–2014
Inländische Banken und andere abzugspflichtige Personen müssen unter bestimmten Voraussetzungen neben der Kapitalertragsteuer und dem Solidaritätszuschlag auch die Kirchensteuer einbehalten. In den Jahren 2009–2014 wird der Kirchensteuerabzug auf Kapitalerträge nur dann vorgenommen, wenn der Steuerpflichtige dies ausdrücklich beim Steuerabzugsverpflichteten beantragt hat. Im Ergebnis erfolgte der Kirchensteuerabzug auf freiwilliger Basis.
Bei kirchensteuerpflichtigen Kapitalanlegern wird die Kirchensteuer auf Grundlage des Steuersatzes für Kapitaleinkünfte berechnet. Da Kapitalerträge möglichst nicht mehr in die Einkommensteuererklärung aufgenommen werden sollen, wurde ab dem Jahr 2009 der Sonderausgabenabzug auf Kirchensteuer – soweit dieser auf mit dem Abgeltungsteuersatz besteuerte Kapitalerträge entfällt – eingeschränkt. Im Fall einer Kirchensteuerpflicht ermäßigt sich anstelle dessen die Steuer um 25 % der auf die Kapitalerträge entfallenden Kirchensteuer.
Der Kirchensteuersatz beträgt in Bayern und Baden-Württemberg 8 % und in den anderen Ländern 9 % der Einkommensteuer/der Kapitalertragsteuer. Teilweise ergeben sich Abweichungen bei einzelnen Landeskirchen oder Kultusgemeinden.
Praxis-Beispiel
Kirchensteuerabzug bei Gewinnausschüttungen
A erhält im März 2013 eine Gewinnausschüttung einer GmbH i. H. v. 10.000 EUR. A ist kirchensteuerpflichtig (Steuersatz 9 %) und hat der GmbH seine Konfession mitgeteilt.
EUR | ||
---|---|---|
Einkommensteuer | 10.000 / 4 + 0,09 | 2.444,99 |
Kirchensteuer | 2.445 × 9 % | 220,05 |
Solidaritätszuschlag | 2.445 × 5,5 % | 134,47 |
Ohne Kirchensteuerpflicht hätte die Kapitalertragsteuer 2.500 EUR betragen. Die gesetzliche Minderung der Kapitalertragsteuer beträgt somit 55,01 EUR. Dies ist ¼ der Kirchensteuer von 220,05 EUR.
Verfahren ab 2015
Überblick
Bei Kapitalerträgen, die nach dem 31.12.2014 zufließen, erfolgt der Kirchensteuerabzug im Rahmen eines automatisierten Abfrageverfahrens, welches in § 51a EStG geregelt ist. Die dafür erforderlichen Vorarbeiten beginnen schon in 2014. Ziel der Neuregelung ist, auch die Kirchensteuer auf Abgeltungsteuer weitestgehend an der Quelle zu erheben.
Alle Abzugsverpflichteten müssen grds. jährlich in den Monaten September und Oktober die sog. Kirchensteuerabzugsmerkmale beim BZSt abrufen. Die aufgrund dieser Abfrage überlassenen Daten sind dem Steuerabzug des Folgejahrs zugrunde zu legen. Der Steuerpflichtige kann dem Datenabruf widersprechen, sog. Sperrvermerk. Dann wird im Falle einer Kirchensteuerpflicht das zuständige Finanzamt informiert. Der Abzugspflichtige muss den Steuerpflichtigen auf den bevorstehenden Datenabruf hinweisen, damit dieser dem BZSt bis spätestens zum 30.6. den Sperrvermerk übermitteln kann.
Datenabruf
Der Datenabruf läuft wie folgt ab:
- Das BZSt hat unter dem Ordnungskriterium der Steueridentifikationsnummer die steuerlichen maßgebenden Daten gespeichert. Diese Datenbasis ist insbesondere auch Grundlage für die elektrischen Lohnsteuerabzugsmerkmale (ELSTAM). Zusätzlich werden Daten zur territorialen Ausdehnung der steuererhebenden Religionsgemeinschaft und der jeweilige Kirchensteuersatz der Religionsgemeinschaft gespeichert. Aufgrund dieser Datenbasis können die Kirchensteuerabzugsmerkmale gebildet werden, welche durch das BZSt automatisiert bereitgestellt werden.
- Die Abzugsverpflichteten müssen vorab die technischen Voraussetzungen für die Teilnahme am Datenabrufverfahren sicherstellen. Hierzu sind – abhängig vom Umfang des Abrufs – verschiedene Übermittlungswege vorgesehen. Einerseits ist hierzu eine Zertifizierung im BZStOnline-Portal (BOP) erforderlich, wobei ein bisher schon verwendetes ELSTER-Zertifikat bei kleineren Datenmengen weiterverwendet werden kann. Darüber hinaus ist zwingend eine fachliche Zulassung zum Kirchensteueranmeldungsverfahren erforderlich. Ausführliche Informationen zu den hiermit zusammenhängenden Fragen hat das BZSt auf seinen Internetseiten in sog. Kommunikationshandbüchern (Teil I – Registrierung und Zulassung, Datenübermittlung und Teil II – Abrufverfahren) dargestellt.
- Unter Angabe des Geburtsdatums und der Steueridentifikationsnummer können die Daten vom Abzugsverpflichteten abgerufen werden. Für die Fälle, in denen die Steueridentifikationsnummer nicht bekannt ist, wurde eine Abfragemöglichkeit der Identifikationsnummer durch den Steuerabzugsverpflichteten geschaffen.
- Für abzugspflichtige Kapitalerträge ist grds. eine jährliche Regelabfrage im Zeitraum vom 1.9. bis 31.10. vorgesehen, ob der Steuerpflichtigen zum 31.8. einer erhebungsberechtigten Religionsgemeinschaft angehört. Die hiernach bereitgestellten Kirchensteuerabzugsmerkmale sind für den Steuerabzug des Folgejahrs zugrundezulegen. Bei Erträgen aus Lebensversicherungen oder bei Begründung von Geschäftsbeziehungen ist darüber hinaus eine sog. Anlassabfrage vorgesehen. Auch hieraufhin werden die maßgebenden Abzugsmerkmale bereitgestellt.
- Rechtzeitig vor dem Datenabruf muss der Abzugsverpflichtete den Steuerpflichtigen auf den bevorstehenden Datenabruf hinweisen, damit dieser die Möglichkeit hat, einen Sperrvermerk zu beantragen.
Sperrvermerk
Der Steuerpflichtige kann zur Vermeidung des Kirchensteuerabzugs der Datenübermittlung an den Abzugsverpflichteten bis auf Widerruf widersprechen, sog. Sperrvermerk. Hierzu muss der Steuerpflichtige die Erklärung zum Sperrvermerk bis zum 30.6. eines Jahrs beim BZSt nach amtlich vorgeschriebenen Vordruck oder elektronisch über das BZStOnlinePortal einreichen. Der Abzugsverpflichtete muss den Steuerpflichtigen rechtzeitig vor Regel- oder Anlassabfrage auf die bevorstehende Datenabfrage sowie das gegenüber dem BZSt bestehende Widerspruchsrecht, schriftlich oder in anderer geeigneter Form hinzuweisen.
Eine ausfüllbare pdf-Datei kann auf den Internetseiten der Finanzverwaltung unter www.formulare-bfinv.de im Formularcenter (Formulare A-Z / Kirchensteuer) abgerufen werden.
Dem Abzugsverpflichteten wird in diesem Fall ein neutraler Wert (Nullwert) mitgeteilt, womit der Kirchensteuerabzug unterbleibt. Die Kirchensteuererhebung erfolgt später im Rahmen des Veranlagungsverfahrens. Zur Sicherstellung der Nacherhebung der Kirchensteuer informiert das BZSt das zuständige Wohnsitzfinanzamt.
Abstandnahme vom Steuerabzug
Die Abstandnahme vom Steuerabzug regelt § 44a EStG. Diese ist regelmäßig aufgrund eines Freistellungsauftrags oder einer besonderen Bescheinigung des Finanzamts (Nichtveranlagungsbescheinigung/NV-Bescheinigung) zulässig.
Freistellungsauftrag
Der Freistellungsauftrag (privatrechtlicher Auftrag) kann bis zur Höhe des Sparer-Pauschbetrags erteilt werden. Für zusammenveranlagte Ehegatten gilt ein gemeinsamer Sparer-Pauschbetrag von 1.602 EUR, für andere Personen beträgt der Pauschbetrag 801 EUR.
Im Gegensatz zu der bis 2008 geltenden Rechtslage können zusammenveranlagte Ehegatten anstelle von gemeinsamen Freistellungsaufträgen – die ab 2010 Voraussetzung für eine ehegattenübergreifende Verlustverrechnung sind – auch Einzelfreistellungsaufträge erteilen.
Der Freistellungsauftrag wird regelmäßig gegenüber Kreditinstituten erteilt. Für Gewinnausschüttungen einer GmbH darf dieser nicht berücksichtigt werden. Demgegenüber kann er für Erträge aus stillen Beteiligungen, partiarischen Darlehen und Lebensversicherungen berücksichtigt werden.
Nichtveranlagungs(NV)-Bescheinigung
Neben der Erteilung von Freistellungsaufträgen sieht das EStG in bestimmten Fallgestaltungen die Abstandnahme vom Kapitalertragsteuerabzug bzw. die Erstattung der Kapitalertragsteuer unabhängig von der Höhe der Kapitalerträge vor. Auch diese Regelung wurde im Rahmen der Abgeltungsteuer ab 2009 beibehalten.
Als Nachweis der jeweiligen gesetzlichen Voraussetzungen sind entsprechende Bescheinigungen (NV-Bescheinigungen) vorzulegen. NV-Bescheinigungen berechtigen den Schuldner der Kapitalerträge (bzw. die auszahlende Stelle) vom Steuerabzug Abstand zu nehmen. Anstelle dessen kann bei bestimmten Kapitalerträgen eine Erstattung der Kapitalertragsteuer erfolgen.
NV-Bescheinigungen müssen auf amtlich vorgeschriebenen Vordrucken beantragt werden. Sie sind vom Finanzamt für jeden Antragsteller in der gewünschten Anzahl auszustellen. Die Geltungsdauer darf grundsätzlich 3 Jahre nicht überschreiten; sie muss am Schluss eines Kalenderjahrs enden.
Einzelheiten ergeben sich für Jahre ab 2013 aus der beigefügten Übersicht:
NV-Art. | Rechtsgrundlage | Anspruchsberechtigter | Abstandnahme | Beispiele |
---|---|---|---|---|
01 | § 44a Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 Nr. 2 EStG |
| Abstandnahme: | Schüler/Rentner mit geringen Einkünften |
02 | § 44a Abs. 4 EStG |
| Abstandnahme: | Alle unter 03 und 04 genannten Personen |
03 | § 44a Abs. 7 EStG |
| Volle Abstandnahme: | Gemeinnützige Vereine, kirchliche Stiftungen, etc. |
04 | § 44a Abs. 8 EStG |
| Abstandnahme: | Städte, Gemeinden, Zweckverbände, Sterbe- und Pensionskassen, etc. |
05 | § 11 Abs. 2 InvStG | Sondervermögen von Kapitalanlagegesellschaften, Investmentaktiengesellschaften | Abstandnahme: | Investmentfonds |
08 | § 44a Abs. 5 EStG | Gläubiger, bei denen die Kapitalertragsteuer aufgrund der Art ihrer Geschäfte auf Dauer höher wäre als die gesamte festzusetzende ESt oder KSt (sog. Dauerüberzahler) | Abstandnahme: | Lebensversicherungs-, Holdinggesellschaften |
09 | § 31 KStG | Körperschaften und Ähnliche i. S. d. § 24 Abs. 1 KStG, deren Einkommen den Freibetrag von 5.000 EUR nicht übersteigt | Abstandnahme: | Kirchenchor, etc. |
10 | § 43a Abs. 2 Satz 4 ff EStG | Körperschaft i. S. d. § 1 Abs. 1 Nr. 4, 5 KStG, die nicht unter § 44a Abs. 4 EStG fällt | Ausnahme: Kapitalerträge nach § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6, 8–12 EStG | nicht steuerbefreite Vereine und Stiftungen |
Erstattungsverfahren für Kapitalertragsteuer
Die Abstandnahme vom Kapitalertragsteuerabzug aufgrund von NV-Bescheinigungen ist i. d. R. nicht für Kapitalertragsteuer auf Gewinnausschüttungen, Dividenden, Wandelanleihen, Genussrechte oder Gewinnobligationen möglich. Damit in diesen Fällen nicht immer eine Veranlagung durchgeführt werden muss, sieht § 44b EStG die Erstattung einbehaltener Kapitalertragsteuer vor. Die Erstattung erfolgte bis 2009 i. d. R. durch das BZSt, in den Jahren 2010–2011 wurde die Kapitalertragsteuer i. d. R. direkt vom inländischen Kreditinstitut erstattet. Ab 2012 erfolgte in den meisten Fällen eine Abstandnahme vom Steuerabzug durch das Kreditinstitut. Aufgrund der Erweiterungen der Abstandnahme vom Steuerabzug im Rahmen des § 44a EStG wurde das Erstattungsverfahren beim BZSt ab 2013 abgeschafft.
Entstehung, Anmeldung und Abführung
Entstehung
Schuldner der Kapitalertragsteuer ist i. d. R. der Gläubiger der Kapitalerträge, d. h. der Zahlungsempfänger. Die Kapitalertragsteuer entsteht in dem Zeitpunkt, in dem die Kapitalerträge dem Gläubiger zufließen.
In diesem Zeitpunkt muss der Schuldner der Kapitalerträge bzw. die auszahlende Stelle, insbesondere das inländische Kreditinstitut/Finanzdienstleistungsinstitut, den Steuerabzug für Rechnung des Gläubigers der Kapitalerträge vornehmen.
Entrichtungszeitpunkt
Den Zahlungszeitpunkt regelt § 44 Abs. 1 Satz 5 EStG.
- Grundsätzlich muss die innerhalb eines Kalendermonats einbehaltene Steuer bis zum 10. des folgenden Monats an das Finanzamt entrichtet werden.
- Eine Ausnahme gilt bei Kapitalerträgen i. S. d. § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG, d. h. insbesondere bei Gewinnausschüttungen nicht börsennotierter Kapitalgesellschaften. Bei diesen ist die einbehaltene Steuer in dem Zeitpunkt abzuführen, in dem die Kapitalerträge dem Gläubiger zufließen.
Praxis-Beispiel
Entrichtungszeitpunkt bei Gewinnausschüttungen
Die A-GmbH beschließt am 8.4.2014 Gewinne des Vorjahrs i. H. v. 200 Mio. EUR an ihre Gesellschafter auszuschütten. Diese werden am 16.4.2014 an die Gesellschafter überwiesen.
Die Kapitalertragsteuer ist gleichzeitig mit der Auszahlung an die Gesellschafter anzumelden und ans Finanzamt zu zahlen.
Unabhängig von dieser gesetzlichen Fälligkeit können Säumniszuschläge erst ab Abgabe der Kapitalertragsteuer-Anmeldung berechnet werden. Dies ergibt sich aus § 240 Abs. 1 Satz 3 AO. Ohne die Vorlage der Original-Steuerbescheinigung erfolgt keine Anrechnung der Kapitalertragsteuer. Die Vorlage eines Kontoauszugs, Sparbuchs oder einer einfachen Bestätigung über gezahlte Steuern reicht zur Anrechnung nicht aus.
Anmeldungszeitpunkt
Die Anmeldung der einbehaltenen Kapitalertragsteuer ist dem Finanzamt innerhalb der in Tz. 7.2 genannten Frist nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck und ab 2009 auf elektronischem Weg nach Maßgabe der Steuerdaten-Übermittlungsverordnung zu übermitteln.
Auf Antrag kann das Finanzamt zur Vermeidung unbilliger Härten auf eine elektronische Übermittlung verzichten; in diesem Fall ist die Kapitalertragsteuer-Anmeldung von dem Schuldner, der den Verkaufsauftrag ausführenden Stelle, der auszahlenden Stelle oder einer vertretungsberechtigten Person zu unterschreiben.
Haftung
Die Haftung bei der Kapitalertragsteuer richtet sich nach § 44 Abs. 5 EStG. Der Abzugsverpflichtete haftet nicht, wenn er nachweist, dass er die ihm auferlegten Pflichten weder vorsätzlich noch grob fahrlässig verletzt hat.
Der Gläubiger der Kapitalerträge wird nach § 44 Abs. 5 Satz 2 EStG nur in Anspruch genommen, wenn
- der Abzugsverpflichtete die Kapitalerträge nicht vorschriftsmäßig gekürzt hat,
- der Gläubiger weiß, dass der Abzugsverpflichtete die einbehaltene Kapitalertragsteuer nicht vorschriftsmäßig abgeführt hat, und dies dem Finanzamt nicht unverzüglich mitteilt oder
- das die Kapitalerträge auszahlende inländische Kreditinstitut oder das inländische Finanzdienstleistungsinstitut die Kapitalerträge zu Unrecht ohne Abzug der Kapitalertragsteuer ausgezahlt hat.
Steuerbescheinigung
Nach § 45a EStG hat der Schuldner der Kapitalerträge bzw. die auszahlende Stelle dem Gläubiger der Kapitalerträge auf Verlangen die folgenden Angaben nach amtlich vorgeschriebenem Muster zu bescheinigen.
Die Vorschrift des § 45a Abs. 2 EStG regelt die Steuerbescheinigung des Schuldners der Kapitalerträge bzw. die der auszahlenden Stelle. Die Bescheinigungen müssen bei maschineller Erstellung nicht unterschrieben werden.
Nach § 45 Abs. 3 EStG ist die Steuerbescheinigung durch das inländische Kreditinstitut oder Finanzdienstleistungsinstitut zu erstellen, wenn dieses die Kapitalerträge für Rechnung des Schuldners gezahlt hat, z. B. bei Dividenden von inländischen Publikums-Aktiengesellschaften.
Die Steuerbescheinigung ist auch ab 2009 erforderlich, wenn die Kapitalertragsteuer im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung angerechnet werden soll. Ohne diese Bescheinigung ist keine Anrechnung möglich.
Die Muster der Steuerbescheinigung wurden vom BMF veröffentlicht; von diesen Mustern darf nach Inhalt, Aufbau und Reihenfolge der Angaben nicht abgewichen werden. Aus dieser Bescheinigung ergeben sich die für eine evtl. Steuererklärung erforderlichen Angaben.
Es wurden folgende Muster veröffentlicht:
Muster I
Steuerbescheinigung für Privatkonten und/oder -depots sowie Verlustbescheinigung i. S. d. § 43a Abs. 3 Satz 4 EStG
Einzelheiten:
- Die Bescheinigungen werden regelmäßig nur von inländischen Kreditinstituten und Finanzdienstleistungsinstituten sowie im Ausnahmefall auch von Versicherungsgesellschaften ausgestellt.
- Grundsätzlich dürfen nur noch Jahresbescheinigungen ausgestellt werden.
- Es werden auch die nicht verrechneten Verluste aufgeführt, sofern die Bescheinigung dieser Verluste beantragt wurde.
Muster II
Steuerbescheinigung einer leistenden Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse oder eines Personenunternehmens
Einzelheiten:
- Bescheinigungsmuster für alle kapitalertragsteuerpflichtigen Tatbestände von „Nichtbanken“.
- Die Bescheinigung gilt unabhängig von einer Abgeltungswirkung des Steuerabzugs auch für betriebliche Kapitalerträge.
- Es können Einzelsteuerbescheinigungen oder zeitraumbezogene Bescheinigungen erteilt werden.
Muster III
Steuerbescheinigung der die Kapitalerträge auszahlenden Stelle für Konten und/oder Depots bei Einkünften i. S. d. §§ 13, 15, 18, 21 EStG
Einzelheiten:
- Die Bescheinigungen werden regelmäßig nur von inländischen Kreditinstituten und Finanzdienstleistungsinstituten ausgestellt.
- Es müssen keine Jahresbescheinigungen erteilt werden.
- Erträge, für die nach § 43 Abs. 2 EStG kein Steuerabzug vorzunehmen ist, dürfen nicht in der Bescheinigung ausgewiesen werden.
Das Muster I (und teilweise auch das Muster II) beinhaltet Verweise auf die Zeilen der Anlage KAP, in denen die jeweiligen Werte eingetragen werden müssen. Insoweit ähneln die Steuerbescheinigungen der früheren Ausfüllhilfe nach § 24c EStG.
Anrechnung der Kapitalertragsteuer im Rahmen der Veranlagung
Nach § 36 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 EStG ist die Kapitalertragsteuer auf die Einkommensteuer anzurechnen. Voraussetzung ist jedoch, dass die Einkünfte bei der Veranlagung erfasst wurden bzw. nach § 3 Nr. 40 EStG (Halbeinkünfteverfahren/Teileinkünfteverfahren) oder nach § 8b KStG bei der Einkommensermittlung außer Ansatz bleiben.
Diese Problematik stellt sich häufig bei ausländischen thesaurierenden Investmentfonds. Bei diesen sind die Erträge jährlich zu versteuern, wobei erst bei der Rückgabe oder Veräußerung ein Kapitalertragsteuerabzug auf die ausschüttungsgleichen Erträge der Vergangenheit vorgenommen wird.
Die Kapitalertragsteuer kann im Rückgabe-/Veräußerungsjahr nur dann angerechnet werden, wenn die Einkünfte in dem jeweiligen Jahr steuerlich erfasst wurden.
Wurde die Erstattung der Kapitalertragsteuer beantragt, kommt eine Anrechnung nicht in Betracht.