Innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft
Inhaltsverzeichnis
Was ist ein innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft?
Ein innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft ist ein Reihengeschäft, in dessen Rahmen eine steuerliche Vereinfachungsregel geltend wird. Mit Gemeinschaft ist hier die Europäische Union, die EU gemeint. Innergemeinschaftliche Dreiecksgeschäfte liegen immer dann vor, wenn drei Unternehmen aus verschiedenen EU-Mitgliedsstaaten über ein- und dieselbe Ware Geschäfte abschließen, und wenn die Ware dabei unmittelbar vom ersten Unternehmen zum letzten Unternehmen gelangt.
Bedingungen für ein innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft
Innergemeinschaftliche Dreiecksgeschäfte basieren auf der Mehrwertsteuer-System-Richtlinie der EU und werden in den Mitgliedsstaaten tendenziell etwas anders ausgelegt. Nach deutschem Verständnis müssen vier Voraussetzungen erfüllt sein, damit ein Geschäft als innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft gilt:
- Genau drei Unternehmen schließen ein Geschäft über ein- und denselben Gegenstand ab. Diese Unternehmen sind das erste liefernde Unternehmen, das erste abnehmende Unternehmen und das zweite abnehmende Unternehmen. Die Beförderung der Ware erfolgt unmittelbar vom ersten liefernden Unternehmen zum zweiten abnehmenden Unternehmen.
- Die Unternehmen sind in jeweils drei unterschiedlichen EU-Mitgliedsstaaten durch eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (UID-Nummer) erfasst.
- Die Ware wird grenzüberschreitend von einem Mitgliedsstaat in einen anderen Mitgliedsstaat befördert.
- Die Ware wird entweder durch das erste liefernde Unternehmen oder das erste abnehmende Unternehmen befördert oder versendet, keinesfalls aber durch das zweite abnehmende Unternehmen.
Zum besseren Verständnis und zur einfacheren Lesbarkeit wird das erste liefernde Unternehmen in der Folge mit L1, das erste abnehmende Unternehmen mit A1 und das zweite abnehmende Unternehmen mit A2 bezeichnet. L1 ist im Ursprungsland U umsatzsteuerlich erfasst, A1 im mittleren Land M und A2 im Bestimmungsland B.
Abgrenzung zum Dreiecksgeschäft im Drittland
Wenn mindestens drei Unternehmer:innen Umsatzsteuergeschäfte über denselben Gegenstand abschließen und der Gegenstand dabei vom ersten zum letzten Unternehmen transportiert wird und dieses seinen Sitz im Drittland hat, so handelt es sich um eine steuerfreie Ausfuhr. Der Oberbegriff dafür lautet “grenzüberschreitendes Reihengeschäft von Deutschland in das Drittland”. Die Steuerfreiheit der Ausfuhr gilt auch für Reihen- bzw. Kettengeschäfte, bei denen mehr als drei Unternehmen involviert sind.
Wenn eine Einfuhr im Rahmen des Drittland-Dreiecksgeschäfts vorliegt, gelangt ein Gegenstand aus dem Drittland über ein Dreiecksgeschäft nach Deutschland. Entgegen dem Grundsatz wird die Lieferung jetzt dem Kunden des Zwischenhändlers zugeordnet, sobald die bewegte Lieferung zum zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr angemeldet wurde.
Beachten Sie, dass Sie für umsatzsteuerfreie Ausfuhren ins Drittland Belegnachweise erbringen müssen.
Beispiel für ein innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft in der EU
L1 produziert Messgeräte. A2 benötigt ein solches Messgerät für das firmeneigene Forschungslabor und bestellt es beim Handelsunternehmen A1. A1 wiederum bestellt das Messgerät bei L1 und veranlasst dessen direkte Lieferung von L1 zu A2. Entweder wird L1 mit der Lieferung beauftragt oder A1 kümmert sich um den grenzüberschreitenden Transport des Messgeräts von U nach B. Es ist nicht erlaubt, dass A2 die Abholung des Geräts bei L1 organisiert.
Bei der Lieferung ist zu beachten, dass sie steuerrechtlich in zwei Lieferschritte aufgeteilt ist, die den beiden Erwerbsschritten entsprechen. Die erste Lieferung ist eine Lieferung von L1 zu A1 als abnehmendem Unternehmen, auch wenn die Lieferung bereits bis A2 reicht und dort endet. Sie deckt physikalisch den gesamten Transport ab und repräsentiert das grenzüberschreitende Erwerbsgeschäft. Diese Lieferung wird als innergemeinschaftliche Lieferung bezeichnet. Die zweite Lieferung ist eine ruhende Lieferung und repräsentiert ein Inlandsgeschäft zwischen A1 und A2. Und genau hier setzt die steuerliche Vereinfachung an.
Was ist die Vereinfachung bei einem innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäft?
Bei innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäften kommt eine umsatzsteuerliche Vereinfachungsregel zum Einsatz. Grundsätzlich führt das Dreiecksgeschäft für das mittlere Unternehmen A1 zu einem innergemeinschaftlichen Erwerb und in der Folge zu einer steuerpflichtigen Inlandslieferung. Ohne die Vereinfachungsregel müsste A1 im Bestimmungsland B Umsatzsteuer abführen und sich somit dort auch steuerlich registrieren. Die Vereinfachungsregel bewirkt nun, dass A1 die Steuerschuld bei solchen Umsatzgeschäften direkt auf das Unternehmen A2 abwälzen kann, welches in B registriert ist. Dadurch bleibt A1 die steuerliche Registrierung im Bestimmungsland B erspart.
Sinn und Zweck der Vereinfachungsregel ist es, den Verwaltungsaufwand für das mittlere der in dem innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäft beteiligten Unternehmen zu senken und dadurch den EU-weiten Handel zu fördern.
Innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft: Die Rechnungsstellung
Liegt ein innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft vor, so ist bei der Rechnungsstellung Folgendes zu beachten:
A1 muss an A2 eine Rechnung erstellen, aus der klar hervorgeht, dass es sich um ein innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft handelt.
Die Rechnung von A1 muss einen klaren Hinweis enthalten, dass die Steuerschuld auf A2 übergeht.
Auf der Rechnung von A1 muss die eigene Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (UID-Nummer) sowie die von A2 enthalten sein.
Darüber hinaus liegen zwei weitere Nachweispflichten vor:
L1 muss gegenüber A1 den Nachweis der innergemeinschaftlichen Lieferung führen.
A1 muss mithilfe der UID-Nummer von A2 überprüfen, ob es sich beim final abnehmenden Unternehmen tatsächlich um ein Unternehmen handelt.
Zusammenfassende Meldung bei einem innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäft
A1 ist darüber hinaus verpflichtet, in seiner Zusammenfassenden Meldung (ZM) an das Finanzamt den getätigten Umsatz für die Lieferung an A2 anzugeben. Der Umsatz muss dabei ausdrücklich als innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft gekennzeichnet werden. Zusätzlich ist in der ZM die Angabe der eigenen UID-Nummer sowie der UID-Nummer von A2 erforderlich.
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Sind in einem ähnlich gelagerten Geschäft mehr als drei Unternehmen involviert, so sind die Vorschriften über das innergemeinschaftliche Dreiecksgeschäft nur im Verhältnis zwischen drei aufeinanderfolgenden Unternehmen in der Erwerbskette anzuwenden. Die übrigen Beteiligten führen entweder zum Beginn oder zum Abschluss der Warenbewegung eine steuerpflichtige Inlandslieferung aus.
Anerkennung in anderen EU-Staaten
Die schon erwähnten länderspezifischen Auslegungen führen beispielsweise dazu, dass ein innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft in Österreich und anderen EU-Staaten keine Anerkennung findet, sobald das mittlere Unternehmen A1 eine UID von den Behörden des Bestimmungslandes B ausgestellt bekommen hat, auch wenn es dort nicht ansässig ist.
Eine vom Ursprungsland U erteilte UID ist allerdings kein Hinderungsgrund. Wohl aber gibt es in Österreich Probleme, wenn A1 die Lieferung von L1 nach A2 selbst durchführt, was nach deutschem Verständnis erlaubt ist. Nach österreichischem Verständnis findet das inländische Erwerbsgeschäft (mit der dazugehörigen ruhenden Lieferung) dann jedoch schon im Ursprungsland statt.
Das Dreiecksgeschäft und die Umsatzsteuer
Innergemeinschaftliche Dreiecksgeschäfte sind legal und sollten deshalb nicht mit den illegalen Umsatzsteuer-Karussell-Geschäften verwechselt werden, bei denen Waren im Kreis verkauft werden und es zu einem Umsatzsteuerbetrug kommt.
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