Innergemeinschaftlicher Erwerb
Inhaltsverzeichnis
Das Wichtigste in Kürze
Der innergemeinschaftliche Erwerb bezeichnet den Kauf von Waren durch eine in einem EU-Mitgliedsland ansässige Person oder ein Unternehmen von einem Verkäufer, der in einem anderen EU-Mitgliedsland ansässig ist. Dabei wird die Ware physisch von einem EU-Land in ein anderes transportiert. Dieser Vorgang ist relevant für die Berechnung der Mehrwertsteuer, da er in der Regel im Bestimmungsland (also dort, wo der Käufer ansässig ist) versteuert wird. Dieses Prinzip ermöglicht einen freien Warenverkehr innerhalb der EU, indem es Doppelbesteuerung vermeidet und Mehrwertsteuerbetrug einschränkt.
Definition innergemeinschaftlicher Erwerb
Ein innergemeinschaftlicher Erwerb liegt vor, wenn eine Ware aus einem Mitgliedstaat der EU in einen anderen Mitgliedstaat geliefert wird.
Da es keine physischen Grenzkontrollen innerhalb der EU gibt, entfällt der Zoll. Besteuert werden Waren daher innerhalb des gewerblichen Handels durch die Selbstrechnung des Unternehmers.
Buchhalterisch erfasst werden müssen in so einem Fall die Erwerbsbemessungsgrundlage sowie der jeweilige Steuerbetrag. Um die Lieferungen innerhalb der EU mit den Einkünften zu vergleichen, dient die lückenlose Erwerbssteuerberechnung den einzelnen Mitgliedsstaaten als Basis.
Innergemeinschaftlicher Erwerb: Gesetzeslage
Zu den wichtigsten Paragrafen in Sachen innergemeinschaftliche Erwerbe zählen:
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Innergemeinschaftlicher Erwerb: Tatbestandsvoraussetzungen
Wann ein innergemeinschaftlicher Erwerb vorliegt, ist in § 1a Abs. 1 Nr. 1 UstG geregelt.
Lieferungen aus EU-Staaten
Damit ein innergemeinschaftlicher Erwerb stattfinden kann, muss ein Gegenstand im Zuge einer Lieferung an den Abnehmer (auch „Erwerber“ genannt) geliefert werden. Die Lieferung muss dabei die Grenzen eines EU-Staats oder dem restlichen Gemeinschaftsgebiet und einem anderen EU-Staat überqueren. Das gilt sowohl für Grenzen auf dem Land als auch auf See.
Innergemeinschaftliche Geschäfte finden also immer zwischen zwei Parteien aus unterschiedlichen EU-Statten statt. Dabei stehen vor allem bewegliche Gegenstände im Fokus. Daher geht es bei innergemeinschaftlichen Erwerben in erster Linie um Lieferverträge, die im Zusammenhang mit einer „Versendungs- oder Beförderungslieferung“ abgeschlossen werden.
Innergemeinschaftliche Grenzen und das Gemeinschaftsgebiet
Als innergemeinschaftliche Grenzen gelten die Grenzen zwischen zwei EU-Staaten. Das hat einen Einfluss auf die Behandlung der Umsatzsteuer. Die Regelungen dafür unterscheiden sich bei Geschäften innerhalb der EU und mit Ländern außerhalb der EU.
Bei den Staaten auf der anderen Seite der Grenzen spricht man auch von einem Gemeinschaftsgebiet. Ein innergemeinschaftlicher Erwerb liegt dann vor, wenn der gelieferte Gegenstand durch den Lieferanten in das Gemeinschaftsgebiet eingeführt wird.
Gegenüber der Lieferung steht der Erwerb. Auf der anderen Seite der Grenze spricht man demnach vom innergemeinschaftlichen Erwerb. Das ist also die Bestellung und Annahme der gelieferten Ware.
Hinweis: Auf das Drittlandsgebiet achten
- Bei Lieferungen, deren Versandt oder Transport im sogenannten „Drittlandsgebiet“ startet und an einen Abnehmer mit Sitz in einem der EU-Mitgliedsstaaten geliefert werden sollen, besteht keine Erwerbssteuerpflicht. Selbst dann nicht, wenn die Gebiete diverser Mitgliedsstaaten beim Transport des jeweiligen Gegenstands gestreift werden. Besteuert wird lediglich die Einfuhrt im Inland.
- Anders sieht es dagegen bei Gegenständen aus, die aus dem Drittlandsgebiet in ein anderes EU-Mitgliedsland eingeführt und für den freien Verkehr gedacht sind. Durch den Transport ins Inland handelt es sich hier ganz klar um einen innergemeinschaftlichen Erwerb.
Innergemeinschaftlicher Erwerb: Schwellenerwerber
Erwerbsteuerpflichtige Abnehmer
Innergemeinschaftliche Geschäfte werden für gewöhnlich mit erwerbsteuerpflichtigen Abnehmern gemacht. Bei innergemeinschaftlichem Erwerb ist vorausgesetzt, dass eine Person die Ware erwirbt. Das kann entweder eine unternehmerische Person sein, die ein Objekt für das eigene Unternehmen erwirbt oder eine juristische Person, die ein Objekt privat erwirbt.
Die Erwerbsteuer bezieht sich auf die Umsatzsteuer, die bei innergemeinschaftlichem Erwerb für gewöhnlich auf die Person übergeht, die die Lieferung bezahlt. Für bestimmte Unternehmer gelten Erwerbsschwellen. Diese betreffen Unternehmen, die ausschließlich steuerfreie Umsätze tätigen, wie Kleinunternehmer, pauschalierende Landwirte, aber auch nichtunternehmerisch tätige juristische Personen.
Wird eine Erwerbsschwelle überschritten, werden auch steuerbefreite Personen zur Besteuerung ihres Warenbezugs aus anderen EU-Mitgliedstaaten herangezogen. Dieser Personenkreis hat aber gem. § 1a Abs. 4 UStG bei Verwendung der erteilten USt-IdNr. die Möglichkeit, zur Erwerbsbesteuerung zu wechseln.
Bezug durch Privatpersonen und Bezug für das Unternehmen
- Privatpersonen können, ausgenommen beim Erwerb neuer Fahrzeuge, nicht zur Erwerbsbesteuerung herangezogen werden.
- Unternehmer entscheiden bereits bei der Bestellung im EU-Ausland durch Verwendung der USt-IdNr., ob sie den bestellten Gegenstand für ihr Unternehmen beziehen wollen.
Gewerbliche Lieferung, ausgenommen von Kleinunternehmern
Auch der Status des Lieferanten ist zu berücksichtigen. Die Lieferung muss
- durch einen Unternehmer gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausgeführt werden und
- darf nicht nach dem Recht des Mitgliedstaats, der für die Besteuerung des Lieferers zuständig ist, aufgrund der Sonderregelung für Kleinunternehmer steuerfrei gestellt sein.
Zusammenfassend gilt entsprechend der Systematik der umsatzsteuerlichen Binnenmarktregelung:
Hat der Lieferant das Recht, eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung zu fakturieren, weil
- er und sein Abnehmer im Besitz einer Umsatzsteuer-Identifikationsnummer verschiedener Mitgliedstaaten sind und
- die Liefergegenstände körperlich zwischen zwei Mitgliedstaaten bewegt werden,
so folgt darauf beim Abnehmer ein steuerpflichtiger Erwerb.
Praxis-Beispiel
Erfassung in der Umsatzsteuer-Voranmeldung
Die Firma DE aus Deutschland bezieht von Lieferant BE aus Belgien Maschinen. Den Transport übernimmt ein von DE beauftragter Spediteur. Alle Beteiligten verwenden die USt-IdNrn. ihrer Mitgliedstaaten.
BE liefert an DE im Rahmen einer innergemeinschaftlichen Lieferung steuerfrei. DE tätigt in Deutschland einen steuerpflichtigen innergemeinschaftlichen Erwerb. Bemessungsgrundlage ist das von Lieferant BE in Rechnung gestellte Entgelt. Bemessungsgrundlage und der unter Anwendung des für die Maschinen gültigen Regelsteuersatzes ermittelte Steuerbetrag sind unternehmensintern aufzuzeichnen und in Zeile 33 (Kennzahl 89) der Umsatzsteuer-Voranmeldung anzugeben. Der Steuerbetrag kann unter den allgemeinen Voraussetzungen des § 15 UStG in Zeile 57 (Kennzahl 61) der gleichen Voranmeldung als Vorsteuer wieder geltend gemacht werden.
Erwerbsschwelle: Einschränkung des erwerbsteuerpflichtigen Abnehmerkreises
Vereinfachungen für bestimmte Abnehmer
Grundsätzlich gilt: Jeder Unternehmer gem. § 2 UStG ist bei einem Warenbezug aus dem übrigen Gemeinschaftsgebiet unter den o. g. Voraussetzungen erwerbsteuerpflichtig. Durch die zusätzliche Erwerbsschwelle unterliegen der Erwerbsbesteuerung auch
- Unternehmer, die ausschließlich steuerfreie Umsätze tätigen, die nicht zum Vorsteuerabzug berechtigen,
- Kleinunternehmer, die § 19 Abs. 1 UStG anwenden,
- pauschal versteuernde Land- und Forstwirte nach § 24 Abs. 1–3 UStG,
- juristische Personen, die für ihren nichtunternehmerischen Bereich Waren beziehen,
wenn dieser Personenkreis den Gesamtbetrag der Entgelte für alle Erwerbe in Höhe von 12.500 EUR im vorangegangenen Kalenderjahr überschritten hat. Oder wenn sie diesen voraussichtlich im laufenden Kalenderjahr in Deutschland überschreiten werden. Die von den jeweiligen Mitgliedstaaten festgelegten Schwellenwerte beziehen sich auf den Gesamtumfang aller Warenbezüge aus dem übrigen Gemeinschaftsgebiet.
Optionsmöglichkeit zur Erwerbsbesteuerung
Der oben genannte Abnehmerkreis kann auch bei Nichtüberschreiten der Erwerbsschwelle zur Erwerbsteuerpflicht optieren. Die Ausübung der Option erfolgt durch die Verwendung der erteilten USt-IdNr. Die Vorschrift des § 1a Abs. 4 UStG ist mit Wirkung zum 1.1.2011 präzisiert worden, um missbräuchliche Verwendungen der USt-IdNr. bei Unterschreitung der Erwerbsschwelle zu unterbinden.
Bis zum 31.12.2010 war es rechtlich zulässig, von einer Besteuerung des innergemeinschaftlichen Erwerbs abzusehen, auch wenn den o. g. Abnehmern eine USt-IdNr. erteilt wurde. Das galt auch dann, wenn diese im Geschäftsverkehr aktiv verwendet und beim Warenbezug aus dem übrigen Gemeinschaftsgebiet die Erwerbsschwelle in Höhe von 12.500 EUR pro Kalenderjahr nicht überschritten wurde. Um die hierdurch bedingte Nichtbesteuerung der Umsätze zu unterbinden, wurde eine generelle Erwerbsteuerpflicht auch für den o. g. Abnehmerkreis bei Verwendung einer USt-IdNr. eingeführt. Die Ausübung der Option bindet den Erwerber mindestens für 2 Kalenderjahre.
Praxis-Tipp
Nutzung des niedrigeren Steuersatzes
Die Option zur Erwerbsteuer ist auch bei kleineren, aber regelmäßigen Warenbezügen aus EU-Mitgliedstaaten mit hohen Umsatzsteuersätzen wirtschaftlich vorteilhafter, weil die definitive Steuerbelastung bei dem o. g. Abnehmerkreis auf den häufig günstigeren deutschen Umsatzsteuersatz heruntergeschleust wird.
Mit der Beantragung einer Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, ihrer Verwendung im Geschäftsverkehr mit den EU-Lieferanten und der Abgabe der entsprechenden Umsatzsteuer-Voranmeldung ist die Option wirksam ausgeübt worden.
Keine Ausnahmen bei neuen Fahrzeugen und verbrauchsteuerpflichtigen Waren
Der innergemeinschaftliche Erwerb eines neuen Fahrzeugs unterliegt, unabhängig vom Status des Abnehmers, immer der Erwerbsbesteuerung.
Auch der Bezug verbrauchsteuerpflichtiger Waren im Wege der Beförderung oder Versendung durch den Lieferanten führt zwangsläufig zur Besteuerung im Bestimmungsland. Das trifft zu, weil entweder der berechtigte Abnehmer steuerfrei bezieht und der Erwerbsbesteuerung unterliegt oder der Lieferant im Bestimmungsland seine Lieferung zu versteuern hat.
Keine steuerfreie Lieferung an Privatpersonen
Es ist nach wie vor unmöglich, dass gewerbliche Händler Privatpersonen in anderen EU-Mitgliedstaaten im Wege der Versendung oder Beförderung mit verbrauchsteuerpflichtigen Waren (wie Tabakwaren und alkoholischen Getränke) beliefern, ohne dass eine Umsatz- und Verbrauchsbesteuerung durch den Lieferanten im Land des Kunden erfolgt!
Innergemeinschaftlicher Erwerb und die Orte
Normalfall: Bestimmungsland
Gem. § 3d Satz 1 UStG gilt der innergemeinschaftliche Erwerb an dem Ort als bewirkt, an dem die Beförderung oder Versendung der Gegenstände endet. Die Definition zielt auf den körperlichen Warenweg ab. In dem Mitgliedstaat, wo der Gegenstand im Zusammenhang mit einer Lieferung ankommt, ist der Warenbezug steuerbar und i. d. R. mangels einer Steuerbefreiung für den Abnehmer auch steuerpflichtig.
Auffangtatbestand
Bestellt jedoch der Abnehmer abweichend vom Bestimmungsland unter der USt-IdNr. eines anderen EU-Mitgliedstaats, so gilt der Erwerb auch in diesem Mitgliedstaat als bewirkt. Es handelt sich bei diesem steuerlichen Tatbestand um eine Art „Strafsteuer“, weil der Erwerber gem. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt ist.
Für die Aufhebung dieses Tatbestands gilt die Nachweispflicht für die bereits erfolgte Besteuerung. Dies setzt notwendigerweise seine umsatzsteuerliche Registrierung im Mitgliedstaat voraus. In diesen Fällen kann die Erwerbsbesteuerung nach § 3d Satz 2 UStG nach den Vorschriften des § 17 UStG berichtigt werden. Allerdings verbleibt die Zinsbelastung beim Steuerpflichtigen.
Innergemeinschaftlicher Erwerb und der Zeitpunkt
Aus der Definition des Orts des innergemeinschaftlichen Erwerbs könnte geschlossen werden, dass die Steuerschuld generell auch mit dem Eintreffen der Gegenstände beim Abnehmer (Beendigung der Beförderung oder Versendung) entsteht. Das ist falsch und richtig zugleich. Das Gesetz geht vom Eintritt der Steuerschuld des Erwerbers mit dem Tag der Rechnungsausstellung des Lieferers aus. Damit soll verhindert werden, dass zwischen Lieferung und Erwerb eine umsatzsteuerlose Zeitspanne entsteht.
Allerdings erscheint dieser Umstand rechtlich nicht ganz unbedenklich. Der Tag der Rechnungsausstellung des Lieferers ist dem Erwerber erst nach Rechnungseingang bekannt. Daher ist strittig, ob der Eintritt der Steuerschuld zu diesem vorgezogenen Zeitpunkt rechtlich korrekt ist. Gleichwohl sollte für die Praxis immer der Rechnungseingang entscheidend sein. Weichen der Zeitpunkt des Wareneingangs und der Zeitpunkt des Rechnungseingangs erheblich voneinander ab, gilt als spätester Zeitpunkt für das Eintreten des Erwerbsteuertatbestands der Monat, der dem Monat des Wareneingangs (des innergemeinschaftlichen Erwerbs) folgt.
Innergemeinschaftlicher Erwerb und die besonderen Steuerbefreiungen
Die umsatzsteuerrechtliche Behandlung von Gemeinschaftswaren soll weitgehend der Abwicklung bei Drittlandswaren gleichgestellt werden. Insofern müssen im Zusammenhang mit der Einfuhr gewährte Steuerbefreiungen entsprechend für den innergemeinschaftlichen Erwerb Anwendung finden. Die Vorschrift des § 4b UStG regelt daher auch (in Analogie zu § 5 UStG) zunächst bestimmte auch bei Inlandslieferungen gewährte Steuerbefreiungen für den Erwerb von
- Wertpapieren,
- gesetzlichen Zahlungsmitteln, sofern ihr Umsatz nicht wegen ihres Metallgehalts oder Sammlerwerts erfolgt,
- allen im Inland gesetzlichen Zahlungsmittel zum aufgedruckten Wert,
- Gold für Zentralbanken,
- menschlichen Organen, menschlichem Blut und Frauenmilch,
- Luftfahrzeugen sowie dafür bestimmte Ersatzteile und Ausrüstungsgegenstände, wenn die Luftfahrzeuge überwiegend im grenzüberschreitenden Verkehr eingesetzt werden.
Steuerfrei ist auch der Erwerb von Gegenständen, die bei einer Einfuhr aus dem Drittlandsgebiet steuerfrei wären.
Ebenfalls führen dem Erwerb folgende steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen oder Ausfuhrlieferungen zu einer Steuerbefreiung.
Praxis-Tipp: Generelle Option
Häufig kann der Erwerber beim Bezug der Waren aus dem übrigen Gemeinschaftsgebiet noch nicht exakt ermitteln, welche Gegenstände in welchem Umfang im Inland, in das übrige Gemeinschaftsgebiet oder in das Drittlandsgebiet weiter geliefert werden. Hier bietet es sich an, generell zur Erwerbsbesteuerung zu optimieren.
Innergemeinschaftlicher Erwerb Beispiele
Für den innergemeinschaftlichen Erwerb gibt es, wie wir bereits festgestellt haben, zahlreiche Regelungen. Um die genauen Abläufe anhand der Praxis zu veranschaulichen, wollen wir Ihnen hier einige Beispiele für den innergemeinschaftlichen Erwerb präsentieren.
Voranmeldung der Umsatzsteuer
Erfassung in der Umsatzsteuer-Voranmeldung
Die Firma DE aus Deutschland bezieht von Lieferant BE aus Belgien Maschinen. Den Transport übernimmt ein von DE beauftragter Spediteur. Alle Beteiligten verwenden die USt-IdNrn. ihrer Mitgliedstaaten.
BE liefert an DE im Rahmen einer innergemeinschaftlichen Lieferung steuerfrei. DE tätigt in Deutschland einen steuerpflichtigen innergemeinschaftlichen Erwerb. Bemessungsgrundlage ist das von Lieferant BE in Rechnung gestellte Entgelt. Bemessungsgrundlage und der unter Anwendung des für die Maschinen gültigen Regelsteuersatzes ermittelte Steuerbetrag sind unternehmensintern aufzuzeichnen und in Zeile 33 (Kennzahl 89) der Umsatzsteuer-Voranmeldung anzugeben. Der Steuerbetrag kann unter den allgemeinen Voraussetzungen des § 15 UStG in Zeile 57 (Kennzahl 61) der gleichen Voranmeldung als Vorsteuer wieder geltend gemacht werden.
Entstehung der Steuer
Steuerentstehung
- Ein deutscher Unternehmer DE bezieht von einem Unternehmer FR aus Frankreich am 22.6.2015 eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung. Rechnungseingang ist am 28.6.2015. Die Erwerbsteuerschuld tritt für den Monat Juni 2015 bzw. – bei vierteljährlicher Abgabe – für das 2. Kalendervierteljahr 2015 ein. Die Erwerbsteuer ist spätestens mit der Umsatzsteuer-Voranmeldung für den Monat Juni 2015 (bis zum 10.7.2015) bzw. mit der Umsatzsteuer-Voranmeldung für das 2. Kalendervierteljahr bis zum 10.7.2015 zu deklarieren.
- Unternehmer DE verbucht am 5.7.2015 einen weiteren Wareneingang von Unternehmer FR. Ein Rechnungseingang zu dieser Warenlieferung liegt bis Ende August 2015 nicht vor. Die Erwerbsteuerschuld tritt – auch ohne das Vorliegen der Rechnung – für den Monat August 2015 ein. Die Erwerbsteuer ist auf der Grundlage des vereinbarten Entgelts mit der Umsatzsteuer-Voranmeldung für diesen Monat (bis zum 10.9.2015) bzw. für das 3. Kalendervierteljahr 2015 zu deklarieren.
Einschränkungen
Innergemeinschaftlicher Erwerb durch Arzt
Ein in Bremen ansässiger Arzt DE bezieht im Jahr 2015 für seine Praxis ein Laborgerät von Unternehmer NL aus den Niederlanden zum Preis von 18.000 EUR. Wegen der ausschließlich steuerfreien Umsätze ohne Vorsteuerabzugsmöglichkeit war DE bisher nicht im Besitz einer USt-IdNr. und erhielt die Geräte zzgl. der niederländischen Umsatzsteuer berechnet.
Jeglicher Warenbezug aus dem übrigen Gemeinschaftsgebiet für die Praxis des DE unterliegt der Erwerbsbesteuerung. DE muss den Antrag auf Erteilung einer USt-IdNr. stellen, damit er einen Anspruch auf steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen erhält. Die nicht vorsteuerabzugsfähige Erwerbsteuer würde ansonsten neben der ausländischen Steuer zur Doppelbelastung.
Innergemeinschaftlicher Erwerb: Die Doppelbelastung
Unternehmer DE2 bestellt bei dem ebenfalls in Deutschland ansässigen Unternehmer DE1 Waren, die dieser direkt an den Kunden des DE2 in Österreich versenden soll. Gem. § 3 Abs. 6 Satz 1 UStG ist die Warenbewegung von Deutschland nach Österreich der Lieferung des DE1 an DE2 zuzuordnen. DE2 ist der Abnehmer (Erwerber) in Österreich. Solange DE2 jedoch nicht in Österreich umsatzsteuerrechtlich registriert ist und nur mit deutscher USt-IdNr. auftritt, ist der Erwerb auch in Deutschland steuerpflichtig.
Vermeidung der Erwerbsteuerbelastung
Da im geschilderten Beispiel auch die Abrechnung des DE1 an DE2 den gesonderten Ausweis deutscher Umsatzsteuer enthalten muss, kann es für DE2 zu einer Definitivbelastung mit Umsatzsteuer kommen. Zwar ist die in der Rechnung des DE gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer auch gesetzlich geschuldet und damit für DE als Vorsteuer abziehbar.
Wegen der Verwendung der deutschen USt-IdNr. schuldet DE2 aber die Steuer auf den innergemeinschaftlichen Erwerb gem. § 3d Satz 2 UStG auch im Inland. Ein Vorsteuerabzug für diese Steuer ist ausgeschlossen. Aus der Sicht des Abnehmers ist daher in vergleichbaren Fällen dringend zu raten, den umsatzsteuerlichen Registrierungspflichten im Bestimmungsland nachzukommen, wenn mit den bestellten Gegenständen dort steuerbare Umsätze ausgeführt werden.
Nicht-EU-Staaten
Wenn die Lieferung aus den USA kommt
Eine Firma mit Sitz in den USA liefert Waren an einen Kölner Unternehmer.
Variante 1:
„Unter Zollverschluss“ kommt die Waren durch den externen Versandvorgang (T1) nach Deutschland. Durch die Warenabfertigung im Rahmen des zollrechtlichen freien Verkehrs durch das zuständige Binnenzollamt fällt die deutsche Einfuhrumsatzsteuer an.
Variante 2:
Die Ware wird in Rotterdam auf den in Köln ansässigen Unternehmer als Abnehmer zum zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr abgefertigt. Der Kölner Unternehmer verbringt die Gegenstände zu seiner Verfügung nach Köln. Nach § 1a Abs. 2 UStG handelt es sich um einen Verbringenstatbestand, der zur Erwerbsteuerpflicht in Deutschland führt. In den Niederlanden wird das Verbringen der Gegenstände einer innergemeinschaftlichen Lieferung gleichgestellt. Der Kölner Unternehmer hat somit in den Niederlanden Voranmeldung und Jahreserklärung abzugeben sowie die Bemessungsgrundlage (entspricht dem Zollwert) der Gegenstände an die zuständige Behörde zu melden (Zusammenfassende Meldung) bzw. einen Fiskalvertreter (Spediteur, Zollagenten) mit der Erfüllung seiner steuerlichen Pflichten in den Niederlanden zu beauftragen.
Steuerfreier Erwerb
Die in Deutschland ansässige A-GmbH bezieht von einem Lieferanten aus Frankreich Gegenstände, die dieser nach München versendet. Die Gegenstände werden unmittelbar im Anschluss an den Erwerb dem Unternehmer CZ nach Tschechien innergemeinschaftlich geliefert.
Der Erwerb der Gegenstände ist für die A-GmbH in Deutschland steuerbar, aber gem. § 4b Nr. 4 UStG steuerfrei.
Kein innergemeinschaftlicher Erwerb
In diesen Fällen liegt kein innergemeinschaftlicher Erwerb vor!
- Angenommen das hierzulande ansässige Unternehmen DE bestellt bei einem Lieferanten mit Sitz in Spanien einen Gegenstand und lässt diesen direkt an seinen Kunden, der ebenfalls in Spanien sitzt, liefern. In diesem Fall liegt eine steuerpflichtige Inlandslieferung innerhalb Spaniens vor. Daher haftet der Lieferant automatisch als Steuerschuldner. An diesem Tatbestand ändert sich auch dann nichts, wenn das Unternehmen DE bei der Vergabe des Auftrags bereits eine deutsche Umsatzsteuer-Identifikationsnummer angegeben hatte und die Lieferung als steuerfrei registriert wurde.
- Das Kommunikationsunternehmen DE aus Trier gibt bei dem Büroeinrichter LU mit Sitz in Luxemburg die Lieferung sowie den Einbau von Büromöbeln in Auftrag. Nachdem die Möbel in Trier abgenommen wurden, ist der Auftrag erfüllt. Dabei geben beide Firmen die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer ihres jeweiligen Mitgliedslandes an. Mit Blick auf das Unternehmen DE liegt hier jedoch kein innergemeinschaftlicher Erwerb vor. Da Deutschland als „Erfüllungsort“ gilt, fallen auch dort die steuerpflichtigen Abgaben an. Gleichzeitig darf LU als ausländischer Betrieb nicht die deutsche Umsatzsteuer ausweisen. Diese muss laut § 13b UstG vom Auftraggeber DE übernommen werden.
Hinweis: Waren müssen sich körperlich bewegen
In der Praxis ist es oft der Fall, dass Eingangsrechnungen, die von ausländischen Unternehmen ausgestellt wurden, durch die Angabe der deutschen Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des jeweiligen Empfängers bei Dienstleistungen oder bei sogenannten „Werk-Lieferungen und -leistungen“ im EU-Ausland fälschlicherweise wie innergemeinschaftliche – und damit steuerfreie – Lieferungen gestaltet sind. Zwar stört dies das innergemeinschaftliche Kontrollverfahren. Dennoch handelt es sich hier keinesfalls um einen innergemeinschaftlichen Erwerb. Denn wie bereits erwähnt, ist eine körperliche Bewegung in das Inland Grundvoraussetzung für diesen Tatbestand.
Bemessungsgrundlage und Steuersatz
Die Bemessungsgrundlage für den innergemeinschaftlichen Erwerb ist der Aufwand für die Lieferung. Grundsätzlich ist das vereinbarte Entgelt, bei Anwendung der Istversteuerung das vereinnahmte Entgelt, die Basis für die Erwerbsbesteuerung. Aufwendungen, die als Nebenleistungen im Zusammenhang mit der Lieferung stehen, erweitern die Bemessungsgrundlage. Das sind zum Beispiel Kosten des Transports, die vom Lieferanten in Rechnung gestellt werden.
Praxis-Tipp
Kein „Herausrechnen“
Im Gegensatz zur Bemessungsgrundlage der ausgeführten Lieferung, die unter Abzug der geschuldeten Steuer aus dem Gesamtrechnungsbetrag zu ermitteln ist, muss die Erwerbsteuer immer auf den vereinbarten (Netto-)Preis unter Anwendung des gültigen Steuersatzes bezogen werden. Ein „Herausrechnen“ ist wegen der Rechnung über die steuerfreie Lieferung in keinem Fall möglich.
Anzuwenden ist der Steuersatz, der für die Lieferung des bezogenen Erzeugnisses im Inland maßgeblich ist. Im Zweifel muss eine Zolltarifauskunft eingeholt werden. Besonderheiten der ermäßigten Besteuerung von Zweckbetrieben bei Einrichtungen, die gemeinnützigen Zwecken dienen, gelten auch bei diesen Steuerpflichtigen für die Erwerbsteuer nicht. Gleiches gilt für die Durschschnittsbesteuerung der Land- und Forstwirtschaft.
Wer ist steuerpflichtig?
Innergemeinschaftlicher Erwerb hängt mit der Steuerpflicht in Bezug auf die Umsatzsteuer zusammen. Steuerpflichtig nach dem Umsatzsteuergesetz sind aber nur bestimmte Personen.
Die Umsatzsteuerpflicht gilt für alle Unternehmer, Selbstständige und Freiberufler, die einen Umsatz von mehr als 22.000,00 Euro im Jahr machen. Unterhalb dieser Grenze spricht man von Kleinunternehmen. Allerdings muss die Kleinunternehmerregelung beantragt werden.
Das geschieht bereits bei der steuerlichen Erfassung im Rahmen der Unternehmensgründung. Wird allerdings die Kleinunternehmerregelung nicht in Anspruch genommen, kann diese erst nach fünf Jahren erneut beantragt werden. Das gilt auch, wenn ein Kleinunternehmen umsatzsteuerpflichtig wird und anschließend wieder in den Status des Kleinunternehmens wechseln will.
Innergemeinschaftlicher Erwerb ist für Kleinunternehmen bis zur Erwerbsschwelle von 12.500,00 Euro jährlich steuerfrei. Darüber wird die Erwerbssteuerung durchgeführt.
Vorsteuerabzug
Die geschuldete Erwerbsteuer nach § 3d Satz 1 UStG (Ende der Beförderung oder Versendung im Inland) berechtigt den Unternehmer unter den allgemeinen Voraussetzungen des § 15 UStG zum Zeitpunkt ihres Entstehens zum Vorsteuerabzug. Das Vorliegen einer Rechnung mit den Angaben nach §§ 14, 14a UStG ist nicht erforderlich. Eine wirtschaftliche Belastung ist mit ihrer Erhebung im vorsteuerabzugsberechtigten Abnehmerkreis ebenso wenig verbunden, wie bei der Einfuhrumsatzsteuer.
Im Gegenzug entsteht bei Warenbezügen innerhalb der Gemeinschaft seit Beginn des Binnenmarkts auch keine Liquiditätsbelastung mehr. Die Einfuhrumsatzsteuer wird an die Zollbehörden entrichtet. Ihre Verrechnung mit der eigenen Steuerschuld bzw. Erstattung hat durch den Vorfinanzierungseffekt eine fiktive Zinsbelastung zur Folge. Die Erwerbsteuer stellt in diesem Bereich „nur“ noch einen buchungsmäßigen Aufwandsposten dar.
Anders verhält es sich jedoch, wenn nachträglich festgestellt wird, dass wegen der Verwendung der deutschen USt-IdNr. zwar ein innergemeinschaftlicher Erwerb im Inland versteuert wird, das Ende der Warenbewegung aber in einem andern EU-Mitgliedstaat liegt. In diesem Fall wird die Erwerbsteuer wegen des Ausschlusses des Vorsteuerabzugs i. S. d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG zu einer Definitivbelastung. Diese entfällt erst, wenn die Besteuerung im Zielstaat erfolgt ist.
Praxis-Tipp
Steuerfreie Einfuhr
Einfuhren aus Drittstaaten, bei denen die Gegenstände bereits in anderen Mitgliedstaaten zum freien Verkehr auf den Namen des inländischen Abnehmers abgefertigt werden, können unter diesem Aspekt Geld sparen. Die Einfuhr ist dann steuerfrei, wenn die Gegenstände im Anschluss unmittelbar in einen anderen EU-Mitgliedstaat, also auch in das Inland, verbracht werden. Im Inland liegt dann ein steuerpflichtiger innergemeinschaftlicher Erwerb vor.
Auch der innergemeinschaftliche Erwerb von nicht oder nur teilweise zum Vorsteuerabzug berechtigten Abnehmern stellt eine wirtschaftliche Belastung dar. Sie tragen auch das Zinsrisiko bei nicht ordnungsgemäßer oder nicht rechtzeitiger Entrichtung. Daher ist in diesen Unternehmen dem Warenbezug aus anderen EU-Mitgliedstaaten besondere Aufmerksamkeit zu widmen.
Innergemeinschaftlichen Erwerb buchen
Da ein innergemeinschaftlicher Erwerb bestimmten Regelungen im Steuerrecht unterliegt, müssen auch bei der Buchung gewisse Faktoren beachtet werden.
Die Kontierung findet auf den Konten „Umsatzsteuer aus innergemeinschaftlichem Erwerb 19 %“ und „Abziehbare Vorsteuer aus innergemeinschaftlichem Erwerb 19 %“.
Der Buchungssatz sieht folgendermaßen aus:
Abziehbare Vorsteuer aus innergemeinschaftlichem Erwerb 19 %
an Umsatzsteuer aus innergemeinschaftlichem Erwerb 19 %
Zusätzlich kommt natürlich die Buchung für das Objekt aus dem innergemeinschaftlichen Erwerb hinzu.
Kaufen Sie beispielsweise eine Maschine für 20.000,00 Euro und es handelt sich um einen innergemeinschaftlichen Erwerb, kommt dieser Buchungssatz hinzu:
Maschine 20.000,00 Euro an Bank 20.000,00 Euro
und natürlich:
Abziehbare Vorsteuer aus innergemeinschaftlichem Erwerb 3.800,00 Euro
an Umsatzsteuer aus innergemeinschaftlichem Erwerb 3.800,Euro
Zusammenfassung: Innergemeinschaftlicher Erwerb
Innergemeinschaftlicher Erwerb betrifft Unternehmen, die umsatzsteuerpflichtig sind und Geschäfte im Ausland machen. Der innergemeinschaftliche Erwerb bezieht sich dabei auf Lieferungen von Objekten, auf die Umsatzsteuer entrichtet werden muss. Diese geht in der Regel auf den Empfänger über und richtet sich nach den Umsatzsteuergesetzen im Empfangsland.