Buchführungspflicht
Inhaltsverzeichnis
Bevor Sie eine berufliche Tätigkeit ausführen, müssen Sie zunächst prüfen, ob die Buchführungspflicht auf Sie zutrifft. Dies ist insofern relevant, da Sie nur so erfahren, welche Form der Gewinnermittlung Sie durchführen und ob Sie Aufzeichnungen über verschiedene steuer- und handelsrechtliche Zwecke führen müssen. Sofern Sie buchführungspflichtig sind, kommt Folgendes auf Sie zu:
- Ermittlung Ihres Gewinns durch Betriebsvermögensvergleich (§ 4 Abs. 1 / & 5 EStG)
- Einnahmen-Überschuss-Rechnung (EÜR) (§ 4 Abs. 3 EStG)
- Gewinnermittlung durch Durchschnittssätze (§ 13a EStG)
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung zur Buchführungspflicht
- § 238 ff. HGB
- § 140 ff. AO
Bitte beachten Sie darüber hinaus die entsprechenden Ausführungen im Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO).
Handelsrechtliche Pflicht
Gemäß § 238 des Handelsgesetzbuches (HGB) ist jeder Kaufmann zur Führung von Büchern verpflichtet. Diese dienen dem Nachweis der getätigten Handelsgeschäfte sowie dem Überblick über sein aktuelles Vermögen. Um dies zu gewährleisten, müssen Sie eine ordnungsgemäße Buchführung tätigen. Alle Unternehmen, die nicht wissen, ob sie per Handelsrecht als Kaufmann eingestuft werden, können dies in §§ 1 ff. HGB nachlesen.
Unternehmen unterliegen der Buchführungspflicht, sofern sie einem der folgenden Kaufmannstypen entsprechen:
Ist-Kaufleute |
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Kann-Kaufleute |
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Land- und Forstwirt |
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Formkaufleute |
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Handelsregistereintragung |
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Dennoch gibt es praktische Abgrenzungsprobleme, unter anderem diese:
- Ist ein Einzelunternehmen wirklich ein Gewerbebetrieb? Liegt wirklich ein in kaufmännischer Weise eingerichteter Geschäftsbetrieb vor und wenn ja, ab wann ist das so?
- Die Klassifizierung einer Personengesellschaft als Kaufmann ist strittig. Es stellt sich oftmals die Frage, ob wirklich ein Gewerbebetrieb vorliegt oder ob das Unternehmen nur vermögensverwaltend tätig ist.
Selbst wenn alle Voraussetzungen gemäß HGB erfüllt werden, kann es dennoch eine entsprechende Prüfung der Buchführungspflicht geben. Diese ist in folgenden Fällen relevant:
- Verwaltung und Veräußerung von umfangreichem Grundbesitz
- Handel mit Wertpapieren
- Land- und Forstwirte, welche unverhältnismäßig viele Produkte zukaufen oder gemeinsam als Ehegatten einer branchenfremden Tätigkeit nachgehen
Die Beurteilung, ob es sich bei dem zu prüfenden Unternehmen um einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb handelt, erfolgt anhand folgender Kriterien:
- Höhe des Anlagevermögens
- grenzüberschreitende Tätigkeiten
- Zahl der Arbeitnehmer und Art ihrer Tätigkeit
- Kontokorrentverkehr
- Branche
- Umsatzerlöse
- Teilnahme am Frachtverkehr
- Vielzahl von Geschäftsverbindungen
- Größe, Zahl und Organisation der Betriebsstätten
- Vielzahl und Komplexität der Erzeugnisse und Leistungen
Für einen kaufmännischen Geschäftsbetrieb sprechen beispielsweise eine große Anzahl an Mitarbeitern ebenso wie hohe Umsatzerlöse und das Anlagevermögen.
Wenn Sie alle genannten Faktoren betrachten, unterliegen Personengesellschaften der Buchführungspflicht, wenn diese Angaben zutreffen:
- Sie erfüllen die Voraussetzungen eines Ist-Kaufmanns.
- Sie betrieben ein Gewerbe (keinen kaufmännischen Geschäftsbetrieb) und lassen sich als Kann-Kaufmann im Handelsregister registrieren.
- Sie handeln vermögensverwaltend und sind im Handelsregister eingetragen.
Praxis-Tipp: Es gibt Ausnahmeregelung
Obwohl Sie nach den oben genannten Kriterien der Buchführungspflicht unterlegen, können Sie sich von dieser befreien lassen. Die dazugehörigen Ausnahmeregelungen finden Sie unter § 241a HGB. Dieses besagt: Wenn Sie in zwei aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren weniger als 600.000 EUR Umsatz machen und Ihr Jahresüberschuss weniger als 60.000 EUR beträgt, sind Sie von der Buchführungspflicht befreit. Um Unternehmensgründern entgegenzukommen, können sich diese ebenfalls befreien lassen, sobald beide Kriterien am ersten Abschlussstichtag nicht überschritten werden.
Die Erweiterung des Begriffs „Umsatzerlöse“ in § 277 Abs. 1 HGB mit Wirkung für nach dem 31.12.2015 beginnende Geschäftsjahre kann, z. B. durch Einbeziehung bislang branchenfremder oder außerordentlicher Erlöse, dazu führen, dass der Schwellenwert bei unveränderten Verhältnissen trotz Anhebung überschritten wird.
Steuerrechtliche Pflicht
Wer nach deutschen handelsrechtlichen Vorschriften buchführungspflichtig ist, ist es nach § 140 AO automatisch ebenfalls. Auch ausländische Vorschriften zur Buchführung können eine Verpflichtung zur deutschen Buchführung begründen. Weiterhin stehen Buchführungspflichten nach anderen deutschen Gesetzen, z. B. nach der Gewerbeordnung oder branchenspezifischen Vorschriften wie der Krankenhaus- oder der Pflege-Buchführungsverordnung, den deutschen handelsrechtlichen Regelungen gleich.
Darüber hinaus unterliegen Gewerbetreibende sowie Land- und Forstwirte – nicht aber Selbstständige und Freiberufler i. S. v. § 18 EStG – nach § 141 AO Abs. 1 Satz 1 allein steuerrechtlich der Buchführungspflicht, wenn
- der Umsatz einschließlich des steuerfreien Umsatzes, jedoch ohne die Umsätze nach § 4 Nr. 8-10 UStG, mehr als 600.000 EUR beträgt, oder
- der Gewinn mehr als 60.000 EUR, beträgt oder
- der Wirtschaftswert der selbst bewirtschafteten landwirtschaftlichen Flächen mehr als 25.000 EUR beträgt.
Praxis-Tipp: Abweichung zwischen Handels- und Steuerrecht
Die Befreiung von Einzelkaufleuten von der Buchführungspflicht durch § 241a HGB gilt nicht automatisch auch für das Steuerrecht. Beträgt der handelsrechtliche Jahresüberschuss z. B. 49.000 EUR, der steuerliche Gewinn wegen der Hinzurechnung handelsrechtlich abzugsfähiger, steuerrechtlich aber nicht abzugsfähiger Betriebsausgaben 60.500 EUR, besteht zwar nicht handels-, jedoch steuerrechtlich die Pflicht zur Buchführung.
Bei der Prüfung, ob die steuerrechtlichen Grenzen der Buchführungspflicht überschritten sind, ist zu beachten, dass
- als Umsatz der gesamte steuerbare Umsatz einschließlich der steuerfreien Umsätze, jedoch ohne die Umsätze nach § 4 Nr. 8-10 UStG gilt. Einzubeziehen sind auch nach dem Umsatzsteuergesetz nicht steuerbare Auslandsumsätze. Abzustellen ist stets auf den Umsatz des vorangegangenen Kalenderjahrs;
- als Gewinn der nach § 4 Abs. 3 EStG bzw. § 13a EStG ermittelte, nach § 7a Abs. 6 EStG um Sonderabschreibungen, z. B. nach § 7g EStG, und erhöhte Absetzungen korrigierte Gewinn gilt; erhöhte Absetzungen sind nur insoweit dem Gewinn hinzuzurechnen, als sie die normale Abschreibung nach § 7 Abs. 1 bzw. Abs. 4 EStG übersteigen Bei Gewerbetreibenden ist auf den Gewinn des Wirtschaftsjahrs abzustellen. Land- und Forstwirte müssen dagegen den Gewinn des Kalenderjahrs ermitteln, also den Gewinn zweier abweichender Wirtschaftsjahre zeitanteilig in einen auf ein Kalenderjahr bezogenen Gewinn umrechnen;
- es bei Personengesellschaften auf den Gewinn der Gesellschaft unter Einbeziehung der Ergebnisse aus Sonder- und Ergänzungsbilanzen ankommt, nicht auf den Gewinn des einzelnen Gesellschafters;
- es bei Land- und Forstwirten im Hinblick auf den Wirtschaftswert der Flächen nicht auf die im Eigentum stehenden oder gepachteten, sondern auf die insgesamt bewirtschafteten Flächen ankommt. Lediglich von ihnen verpachtete Flächen bleiben außer Ansatz.
Die Buchführungsgrenzen gelten für jeden einzelnen Betrieb eines Steuerpflichtigen, also z. B. gesondert für ein von einem Land- und Forstwirt betriebenes Weingut sowie für eine angegliederte Gaststätte.
Praxis-Beispiel: Betriebsbezogene Buchführungsgrenzen
Ein Metzger erzielt mit seiner Metzgerei einen Gewinn von 35.000 EUR, mit dem als selbstständigen Gewerbebetrieb geführten Gasthaus einen Gewinn von 28.000 EUR. Es besteht keine Buchführungspflicht, auch wenn der Gesamtgewinn höher als 60.000 EUR ist. Ebenso sind die Umsätze beider Betriebe zu trennen, auch wenn sie wegen des Grundsatzes der Unternehmereinheit in einer Umsatzsteuer-Voranmeldung bzw. -Jahreserklärung zusammengefasst werden.
Unterhält ein Steuerpflichtiger bereits einen Betrieb und übernimmt, z. B. durch vorweggenommene Erbfolge, einen weiteren Betrieb, ist die Buchführungspflicht für jeden Betrieb gesondert zu beurteilen, solange die beiden Betriebe nicht zusammengeführt werden. Wenn der übernommene Betrieb bereits buchführungspflichtig ist, geht diese Verpflichtung über, ohne dass es einer Mitteilung des Finanzamts bedarf. Das gilt unabhängig davon, ob der Betrieb entgeltlich oder unentgeltlich erworben oder nur im Ganzen gepachtet wird.
Werden die Buchführungsgrenzen überschritten, teilt das Finanzamt dem Steuerpflichtigen mit, dass er ab dem kommenden Wirtschaftsjahr zur Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich überzugehen hat. Diese Mitteilung soll dem Steuerpflichtigen mindestens 1 Monat vor dem Beginn des Wirtschaftsjahrs zugehen, in dem erstmals Bücher zu führen sind. Allerdings soll auch ein kürzerer Umstellungszeitraum ausreichen.
Praxis-Tipp: Finanzamt versäumt Mitteilung
Versäumt das Finanzamt, auf die Buchführungspflicht hinzuweisen, ist es aufgrund von § 141 Abs. 2 Satz 1 AO nicht erforderlich, in vorauseilendem Gehorsam zum Betriebsvermögensvergleich überzugehen; vielmehr kann die Einnahme-Überschussrechnung fortgeführt werden. Außerdem warten manche Finanzämter mit der Aufforderung zur Buchführung ab, bis die Grenzen in 2 aufeinanderfolgenden Jahren überschritten werden. Falls die Buchführungsgrenzen nur einmalig überschritten werden, kann ein Antrag auf Befreiung von der Buchführungspflicht nach § 148 AO gestellt werden.
Fordert das Finanzamt dazu auf, Bücher zu führen und den Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich zu ermitteln, ist dem zu folgen. Wird dennoch eine Einnahme-Überschussrechnung erstellt, darf das Finanzamt den Gewinn auf Basis eines Betriebsvermögensvergleichs schätzen. Wurde der Gewinn infolge unzutreffender Qualifikation des Gegenstands des Unternehmens als freiberuflich statt als gewerblich nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt, ist es auch bei Überschreiten der Schwellenwerte nach § 141 Abs. 1 Satz 1 AO nicht zulässig, rückwirkend zur Bilanzierung und somit zur doppelten Buchführung überzugehen und Rückstellungen zu bilden.
Liegt keine Buchführungspflicht vor, kann daraus nicht abgeleitet werden, dass für umsatzsteuerliche Zwecke ein Anspruch auf Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten i. S. v. § 20 UStG besteht.
Beginn und Ende
Die handelsrechtliche und damit auch die steuerrechtliche Buchführungspflicht beginnt
- mit der Aufnahme der Tätigkeit durch den Ist-Kaufmann;
- mit der Eintragung in das Handelsregister durch den Kann-Kaufmann;
- mit dem Überschreiten der Größenkriterien nach § 241a HGB;
- bei einer Vorgründungsgesellschaft, sobald ein Handelsgewerbe betrieben wird;
- bei einer Vorgesellschaft mit dem ersten buchführungspflichtigen Geschäftsvorfall.
Erzielt ein Einzelunternehmer sowohl gewerbliche als auch freiberufliche Einkünfte, sind die Betriebsausgaben der jeweiligen Einkunftsart direkt, soweit dies nicht möglich ist, den Einkunftsarten nach dem Verhältnis der Betriebseinnahmen zuzuordnen. Ist der gewerbliche Gewinn höher als 50.000 EUR, besteht nach Aufforderung durch das Finanzamt Buchführungspflicht.
Praxis-Tipp: Größenkriterium bei Einnahme-Überschussrechnung
Ein Einzelkaufmann, der seinen Gewinn durch Einnahme-Überschussrechnung ermittelt, kann auf die sich nach dieser Gewinnermittlungsart ergebenden Umsatzerlöse und Jahresüberschüsse abstellen, um die Einhaltung der Größenkriterien nach § 241a HGB zu kontrollieren. Es ist nicht erforderlich, hierfür eigens einen handelsrechtlichen Jahresabschluss zu erstellen, obwohl Einnahme-Überschussrechnung und Bilanz (doppelte Buchhaltung) zu unterschiedlichen Ergebnissen führen.
Dagegen endet die Buchführungspflicht, wenn
- die Kaufmannseigenschaft wegfällt, im Regelfall also mit der Einstellung des Handelsgewerbes;
- kein kaufmännischer Geschäftsbetrieb mehr erforderlich und die Handelsregistereintragung gelöscht ist;
- die Größenkriterien des § 241a HGB – Umsatzerlöse von nicht mehr 600.000 EUR und Jahresüberschüsse von nicht mehr 60.000 EUR – an 2 aufeinanderfolgenden Abschlussstichtagen unterschritten werden;
- die Handelsregistereintragung eines Kannkaufmanns gelöscht ist;
- eine Personenhandels- oder Kapitalgesellschaft abgewickelt, d. h. der letzte Vermögensgegenstand veräußert worden ist. Das gilt auch dann, wenn der Handelsregistereintrag vor dem Abschluss der Abwicklung gelöscht wurde.
- Eine nur steuerlich nach § 141 AO begründete Buchführungspflicht
- beginnt mit dem Beginn des Wirtschaftsjahrs, für das das Finanzamt zur Buchführung aufgefordert hat,
- endet mit dem Ablauf des Wirtschaftsjahres, das auf das Wirtschaftsjahr folgt, in dem das Finanzamt feststellt, dass die Grenzen des § 141 Abs. 1 AO nicht mehr überschritten wurden.
Praxis-Tipp: Rückkehr zu Einnahme-Überschussrechnung dem Finanzamt anzeigen
Da das Finanzamt nur zur Buchführung auffordert, aber nicht auf das Unterschreiten der Buchführungsgrenzen hinweist, sollte der Steuerpflichtige den umgekehrten Weg einschlagen: Werden die Grenzen der Buchführungspflicht unterschritten und soll vom Betriebsvermögensvergleich zur Einnahme-Überschussrechnung übergegangen werden, sollte der Steuerpflichtige dies dem Finanzamt möglichst frühzeitig mitteilen.
Verantwortung
Die Verantwortung für die Erfüllung der Buchführungspflicht trifft bei
- einem Einzelunternehmen den Unternehmer,
- einer GbR oder OHG sämtliche Gesellschafter,
- einer KG oder GmbH & Co. KG den Komplementär,
- Sonderbetriebsvermögen eines Mitunternehmers einer Personengesellschaft die Personengesellschaft,
- einer atypischen stillen Gesellschaft allein den Geschäftsinhaber, nicht den stillen Gesellschafter,
- einer GmbH oder UG (haftungsbeschränkt) den bzw. die Geschäftsführer,
- einer AG die Vorstandsmitglieder,
- einer Genossenschaft die Vorstandsmitglieder.
Praxis-Tipp: Bilanzierungswahlrechte im Sonderbetriebsvermögen
Auch wenn die Buchführungspflicht für Sonderbetriebsvermögen der Personengesellschaft obliegt, stehen Bilanzierungswahlrechte wie die Bildung von 6b-Rücklagen dem Eigentümer des Sonderbetriebsvermögens zu. Hat dieser nicht an der Erstellung der Sonderbilanz mitgewirkt, kann diese geändert werden.
Gesellschafter und Geschäftsführer sind nicht verpflichtet, persönlich Bücher zu führen, sondern dürfen sich dazu Dritter bedienen. Gleich, ob ein Buchhalter im Unternehmen beschäftigt oder ein externer Steuerberater beauftragt wird, bleibt jedoch die Verantwortung des Unternehmers bestehen. Er muss seine Erfüllungsgehilfen überwachen. Versäumt er dies, können sich haftungsrechtliche Folgen ergeben, falls z. B. im Insolvenzfall Umsatz- und Lohnsteuer nicht ordnungsgemäß einbehalten und abgeführt wurden.
Gegenstand
Ist die Buchführungspflicht gegeben, bedeutet dies, dass eine Vielzahl handels- und steuerrechtlicher Vorschriften eingehalten werden müssen.
Nach den §§ 238 ff. HGB ist es erforderlich,
- alle Geschäftsvorfälle laufend und systematisch aufzuzeichnen, wobei allerdings kein bestimmtes Buchführungssystem vorgeschrieben ist,
- die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung zu beachten,
- Belege zu sammeln und nachvollziehbar aufzubewahren,
- alljährlich eine Inventur durchzuführen und sämtliche Vermögensgegenstände in einem Inventar zu erfassen,
- auf den Schluss eines jeden Geschäftsjahrs eine Bilanz und eine Gewinn- und Verlustrechnung aufzustellen. Diese beiden Rechenwerke bilden den Jahresabschluss;
- alle Buchführungsunterlagen mindestens 10 Jahre lang aufzubewahren,
- die Aufzeichnungen so vorzunehmen, dass sich ein sachverständiger Dritter, z. B. ein Steuerberater oder ein Betriebsprüfer, in angemessener Zeit darin zurechtfinden kann.
Die handelsrechtlichen Vorschriften gelten nach § 141 Abs. 1 Satz 2 AO auch steuerrechtlich, sofern sich aus den Steuergesetzen nichts anderes ergibt. Eine derartige Regelung enthält z. B. § 142 AO, der von buchführungspflichtigen Landwirten ein Anbauverzeichnis fordert.
Eine weitere steuerliche Sonderregelung der Buchführungspflicht findet sich in § 146 Abs. 2 AO. Diese Vorschrift fordert, dass die Bücher und sonstigen Aufzeichnungen in Deutschland zu führen und aufzubewahren sind. Ausnahmen lässt § 146 Abs. 2 AO nur für ausländische Betriebsstätten und Organgesellschaften zu; in diesen Fällen kann die Buchführung unter weiteren Voraussetzungen auch ins Ausland verlagert werden.
Darüber hinaus erlaubt es § 146 Abs. 2a AO dem Unternehmer, – unabhängig vom Bestehen ausländischer Betriebsstätten oder Organgesellschaften, – beim Finanzamt zu beantragen, dass die elektronischen Bücher und Aufzeichnungen im Ausland geführt bzw. aufbewahrt werden. Dadurch soll es u. a. ermöglicht werden, Arbeiten im Rahmen der Buchführungspflicht kostengünstig im Ausland erledigen zu lassen. Dies setzt jedoch voraus, dass
- der Steuerpflichtige dem Finanzamt den Standort des Datenverarbeitungssystems und den Namen sowie die Anschrift eines ggf. mit der Buchführung betrauten Dritten mitteilt,
- der Steuerpflichtige sämtlichen ihm obliegenden steuerlichen Pflichten nachkommt,
- der Datenzugriff nach § 147 AO in vollem Umfang möglich ist und
- die Besteuerung nicht beeinträchtigt wird.
Praxis-Tipp: Verlagerung bei Einnahmen-Überschussrechnung
Die vorstehenden Regelungen gelten auch dann, wenn der Steuerpflichtige nicht buchhaltungspflichtig ist, jedoch der Außenprüfung unterliegt.
Wird die Besteuerung beeinträchtigt oder teilt der Steuerpflichtige Änderungen hinsichtlich des Standorts oder des mit der Buchführung Beauftragten nicht mit, muss das Finanzamt die Bewilligung der Verlagerung ins Ausland widerrufen und die Rückverlagerung der Buchführung ins Inland fordern. Kommt der Steuerpflichtige dem nicht nach, kann nach § 146 Abs. 2b AO gegen ihn ein Verzögerungsgeld von 2.500 EUR bis 25.000 EUR festgesetzt werden. Letzteres gilt auch dann, wenn die Buchführung ohne Bewilligung des Finanzamts ins Ausland verlagert wurde. Werden die Forderungen des Finanzamts erst nach Ablauf der von diesem gesetzten Fristen verfüllt, kann dennoch ein Verzögerungsgeld festgesetzt werden. Allerdings darf das Verzögerungsgeld nicht mit der Zahl der Verstöße multipliziert werden. Außerdem stellen die FG zunehmend hohe Anforderungen an die Begründung für die Festsetzung von Verzögerungsgeldern und deren Höhe.
Verletzung der Buchführungspflicht
Die Verletzung der Buchführungspflicht kann unterschiedliche Konsequenzen haben. So kann das Finanzamt mittels Androhung und Festsetzung von Zwangsgeld auf deren Erfüllung hinwirken, falls eine Verletzung vorliegt. Die Vorlage von Unterlagen kann das Finanzamt durch Androhung (und Festsetzung) von Verzögerungsgeld forcieren.
Daneben löst die vorsätzliche oder leichtfertige Verletzung von Buchführungs- und sonstigen Aufzeichnungspflichten eine Steuergefährdung nach § 379 AO aus. Diese Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu 5.000 EUR geahndet werden. In Betracht kommt aber auch eine leichtfertige Steuerverkürzung nach § 378 AO, die strenger bestraft wird.
Weist die Buchführung in Teilen Mängel auf, kann das Finanzamt eine Hinzuschätzung zum Gewinn vornehmen, um der Buchführungspflicht nachzukommen. Ist die Buchführung dagegen komplett unbrauchbar, wird der Gewinn insgesamt geschätzt. Nach welcher Gewinnermittlungsart der Gewinn in solchen Fällen zu schätzen ist, hängt davon ab, ob der Steuerpflichtige zu erkennen gegeben hat, ob er den Gewinn durch Einnahme-Überschussrechnung oder durch Betriebsvermögensvergleich ermitteln wollte.
Strafrechtliche Folgen sind zu erwarten, wenn das Unternehmen die Zahlung einstellt und ein Insolvenzverfahren eröffnet bzw. die Eröffnung mangels Masse abgelehnt wird.
Ist die Buchführung nicht ordnungsgemäß, kann der Jahresabschluss nichtig sein. Bei Verletzung der Aufzeichnungspflichten für Auslandsgeschäfte nach § 90 Abs. 3 AO drohen erhebliche Sanktionen. Nach § 162 Abs. 3, 4 AO wird dann einerseits der Gewinn geschätzt und um einen Strafzuschlag erhöht; andererseits wird auch die verspätete Vorlage von verwertbaren Unterlagen mit einem Strafzuschlag von mindestens 100 EUR je Tag Verspätung sanktioniert.
Nicht buchführungspflichtige Unternehmen
Von der Buchführungspflicht generell ausgenommen sind Steuerpflichtige, die Einkünfte aus selbstständiger Arbeit nach § 18 EStG erzielen. Keine Buchführungspflicht besteht außerdem für Partnerschaftsgesellschaften, da diese kein Handelsgewerbe betreiben.
Praxis-Tipp
Freiwillige Buchführung
Auch wenn keine Buchführungspflicht besteht, kann es sinnvoll sein, freiwillig zur Buchführung überzugehen. Das kann sich zum einen bei der Prüfung der Kreditwürdigkeit positiv auswirken. Zum anderen dürfen Einzelunternehmer und Personengesellschaften eine steuerbegünstigte Gewinnrücklage nach § 34a EStG nur dann bilden, wenn sie ihren Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich ermitteln.
Das Fehlen der Buchführungspflicht bedeutet jedoch nicht, dass keine Aufzeichnungen geführt werden müssen. Vielmehr ist eine Vielzahl von Einzelvorschriften zu beachten, die ebenso für buchführungspflichtige Unternehmen gelten, sofern sich diese Aufzeichnungen bei ihnen nicht aus der Buchführung ergeben:
- Aus § 22 UStG ergibt sich z. B. eine Aufzeichnungspflicht für Betriebseinnahmen und Entnahmen, die letztlich auch ertragsteuerlich gilt. Außerdem sind die in dieser Vorschrift genannten besonderen umsatzsteuerlichen Aufzeichnungspflichten zu beachten. Weitere umsatzsteuerliche Sonderaufzeichnungen sind bei steuerfreien Ausfuhrlieferungen nach § 6 UStG sowie bei innergemeinschaftlichen Lieferungen nach § 6a UStG zu befolgen, da andernfalls die Steuerfreiheit versagt werden kann.
- Aus dem allgemeinen Mitwirkungsgrundsatz des § 90 AO lässt sich die Aufzeichnungspflicht für Betriebsausgaben ableiten.
- Gesonderte Aufzeichnungspflichten bestehen nach § 4 Abs. 7 EStG für beschränkt abzugsfähige Betriebsausgaben, z. B. Geschenke und Bewirtungskosten.
- Für Zwecke des Schuldzinsenabzugs sind Einlagen und Entnahmen nach § 4 Abs. 4a Satz 6 EStG gesondert aufzuzeichnen.
- § 4 Abs. 3 Satz 4 EStG fordert ein laufend zu führendes Verzeichnis der nicht abnutzbaren Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, aus dem sich der Tag der Anschaffung oder Herstellung sowie die Anschaffungs- oder Herstellungskosten ergeben.
- Entsprechende Aufzeichnungen sind zu führen für Wirtschaftsgüter des abnutzbaren Anlagevermögens, des Umlaufvermögens, sofern es sich um Anteile an Kapitalgesellschaften, um Wertpapiere und vergleichbare verbriefte Forderungen und Rechte, um Grund und Boden sowie um Gebäude handelt.
- Werden Wirtschaftsgüter in eine in der EU belegene ausländische Betriebsstätte überführt, kann die sofortige Besteuerung eines Veräußerungsgewinns dadurch verhindert werden, dass ein Ausgleichsposten nach § 4g EStG gebildet wird. Die betroffenen Wirtschaftsgüter müssen nach Abs. 4 Satz 2 der Vorschrift in ein laufend zu führendes Verzeichnis aufgenommen werden. Außerdem sind Aufzeichnungen zu führen, aus denen sich die Bildung des Ausgleichspostens und dessen Auflösung über den gesetzlich vorgeschriebenen Zeitraum von 5 Jahren ergibt. Diese Unterlagen müssen jeweils der Steuererklärung beigefügt werden.
- Wurden stille Reserven auf Reinvestitionsobjekte übertragen, sind die Aufzeichnungspflichten nach § 6c Abs. 2 EStG zu beachten.
- Gesonderte Aufzeichnungen über den Wareneingang nach § 143 AO haben alle Gewerbetreibenden, so auch Apotheker, zu führen, den Warenausgang haben dagegen nur gewerbliche Großhändler sowie Land- und Forstwirte, welche der Buchführungspflicht unterliegen) nach § 144 AO aufzuzeichnen.
- Steuerpflichtige, die Geschäftsbeziehungen zu nahestehenden Personen im Ausland unterhalten, sind nach § 90 Abs. 3 AO dazu verpflichtet, Aufzeichnungen über Art und Inhalt dieser Geschäftsbeziehungen zu erstellen. Hierunter fällt auch die Pflicht zur Aufzeichnung der wirtschaftlichen und rechtlichen Grundlagen, aus denen sich ergibt, dass mit der nahestehenden Person vereinbarte Preise einem Fremdvergleich standhalten. Entsprechendes gilt, wenn der Gewinn auf ein inländisches Unternehmen und eine ausländische Betriebsstätte – oder umgekehrt – aufzuteilen ist.
- Daneben sind die üblichen Aufzeichnungspflichten nach § 41 Abs. 1 EStG zu beachten, falls Arbeitnehmer beschäftigt werden. Dazu rechnet das Führen eines Lohnkontos je Arbeitnehmer und Kalenderjahr.
Praxis-Tipp: Einnahmen-Überschussrechnung
Bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG besteht keine Verpflichtung, ein Kassenbuch zu führen. Werden die Bareinnahmen nur mittels einer offenen Ladenkasse oder in ähnlicher Art und Weise erfasst, setzt dies ordnungsmäßige Kassenberichte oder vergleichbare Aufzeichnungen voraus. Das Erstellen des Kassenberichts erfordert das Zählen des Bargeldendbestands als Grundlage für die Berechnung der Tageslosung. Der Kassenbestand ist dann um die belegmäßig festgehaltenen Entnahmen und Ausgaben zu erhöhen bzw. Einlagen zu mindern, so dass sich als Saldo die Tageseinnahme ergibt.
Die Aufbewahrung von Tagessummen-Belegen mit Einzelaufzeichnung der Erlöse und Summenbildung kann, sofern keine weiteren Ursprungsaufzeichnungen angefallen sind, bei Verwendung einer offenen Ladenkasse den formellen Anforderungen an die Aufzeichnungen genügen.
Unternehmen mit einem hohen Anteil an Barumsätzen und einer gewissen Affinität zum Schwarzgeld, z. B. im Bereich des Taxigewerbes oder der Gastronomie, sollten dennoch ein Kassenbuch führen, in das sie zumindest die Tageseinnahmen eintragen; zudem müssen sie die Kassenstreifen, aus denen sich die Tageseinnahmen ergeben, aufbewahren.
Die Betriebseinnahmen müssen auf Vollständigkeit und Richtigkeit überprüfbar sein. Dokumentiert der Steuerpflichtige seine Betriebseinnahmen in Kassenberichten, ist das Finanzamt zur Schätzung befugt, wenn diese wiederholt korrigiert und in sich widersprüchlich sind.
Bei Betrieben, die der Buchführungspflicht unterliegen, können Mängel in der Kassenbuchführung der gesamten Buchführung die Ordnungsmäßigkeit nehmen.