Abgrenzungsrechnung
Inhaltsverzeichnis
Begriffserklärung
Das Unternehmensergebnis wird von der Finanzbuchhaltung mithilfe der Gewinn– und Verlustrechnung ermittelt. Hierbei spielen verschiedene externe Einflüsse eine Rolle, zum Beispiel steuerliche Vorschriften oder außer-periodische Einflüsse. Das Ergebnis, das in der Kostenrechnung ermittelt wird, stellt jedoch lediglich das betriebliche Ergebnis einer Periode dar. Daher können diese Einflüsse hier komplett außer Acht gelassen werden. In der sogenannten Abgrenzungsrechnung werden diese korrigiert.
Was steckt hinter der Abgrenzungsrechnung?
Da das interne und das externe Rechnungswesen in vielen Fällen aneinander angeglichen wird (die sogenannte Harmonisierung), verliert die Abgrenzungsrechnung zunehmend an Bedeutung. Kommt die Harmonisierung jedoch nicht zum Einsatz, wird die Rechnung nach wie vor eingesetzt. Hinter ihr verbirgt sich ein System an Regeln, mit dessen Hilfe der Kostenrechner die Berechnungen der Buchhaltung nutzen kann.
Praxis-Tipp Wirtschaftlichkeit bedenken
Da die Harmonisierung unter der Prämisse angewendet wird, dass Vorteile aus Steuergesetzen nicht genutzt werden, ist es notwendig, dass vor der Abgrenzungsrechnung die Wirtschaftlichkeit geprüft wird. Dabei sollte man sich fragen, welchen Nutzen man von der Abgrenzungsrechnung ziehen würde und ob sie in dem entsprechenden Fall sinnvoll ist.
Die Aufgaben der Abgrenzungsrechnung
Folgende vier Aufgaben werden der Abgrenzungsrechnung grundsätzlich zugeschrieben:
- Werte der Finanzbuchhaltung werden für die Kostenrechnung nutzbar gemacht
- Ergebnisse der Finanzbuchhaltung und der Kostenrechnung können miteinander verglichen werden
- Beschränkungen der Kostenrechnung können auf betriebliche Prozesse angewendet werden
- Kosten werden ergänzt, wodurch der Gesamtaufwand eines Unternehmens ermittelt werden kann
Die Abgrenzungsrechnung sorgt also dafür, dass die Zahlen der Finanzbuchhaltung auf die Kostenrechnung übertragen werden können.
Warum sollte man eine Abgrenzungsrechnung durchführen?
Die Erstellung einer Abgrenzungsrechnung hat vor allem steuerliche Hintergründe. Sie stellt eine legale Möglichkeit für Unternehmen dar, die Steuerschuld in einer bestimmten Periode zu reduzieren. Tatsächlich wird die Schuld so aber nur verschoben, da sie in den folgenden Berechnungszeiträumen verrechnet wird. Gleichsam können auch der kalkulatorische Unternehmerlohn oder kalkulatorische Zinsen abgegrenzt werden.
Erträge und Aufwendungen, die nicht in unmittelbaren Zusammenhang mit dem Betriebsergebnis stehen, werden mithilfe der Abgrenzungsrechnung aus der Finanzbuchhaltung entfernt. Das hat den Hintergrund, dass die Finanzbuchhaltung nur das betriebliche Ergebnis darstellen soll, damit sich der Unternehmer einen Überblick über die betriebliche Tätigkeit bilden kann. Zu solchen außerbetrieblichen Beeinflussungen können zum Beispiel Verluste durch den Verkauf von Aktien sein.
Praxis-Tipp: Bisherige Strukturen weiter nutzen
Aufgrund gesetzlicher Änderungen (BilRUG) sind die außerordentlichen Erträge und Aufwendungen nicht mehr Teil des Gliederungsschemas im HGB für die GuV. Da aber intern die Abgrenzung weiter notwendig ist, bietet es sich an, die bisherige Kontenstruktur weiter zu nutzen. Für die GuV werden die Erträge und Kosten zusätzlich aus den außerordentlichen Konten gefüllt. Damit wird die gesetzliche Vorgabe erfüllt. Für die interne Abgrenzung stehen die Werte aus den bisherigen Kosten- und Ertragskonten zur Verfügung.
Steuerungsfunktion der Kostenrechnung
Ein weiterer wichtiger Grund für die Notwendigkeit von Abgrenzungsrechnungen wird durch die Steuerungsfunktion der Kostenrechnung bedingt. Um bestimmte Entscheidungen der Kostenstellenverantwortlichen zu beeinflussen und um permanente Schwankungen der Kosten zu vermeiden, wird an vielen Stellen der Kostenrechnung mit Verrechnungspreisen gearbeitet, die nicht den echten Preisen entsprechen. So wird z. B. die Verwendung eines bestimmten Materials in der Fertigung dadurch gefördert, dass die Kosten für die Verantwortlichen künstlich reduziert werden. Soll die Verwendung eines Materials oder die Nutzung einer Dienstleistung reduziert werden, wird der Verrechnungspreis entsprechend hoch angesetzt. Diese Abweichungen von den echten Daten müssen ebenfalls in der Abgrenzungsrechnung berücksichtigt werden.
Welche Begriffe beinhaltet die Abgrenzungsrechnung?
Die externe Erfolgsrechnung ermittelt mit der Bilanz und der GuV das Unternehmensergebnis, indem es die Aufwendungen den Erträgen gegenüberstellt. Teil der Gewinn- und Verlustrechnung ist neben dem Betriebsergebnis auch das neutrale Ergebnis, in dem die Finanzbuchhaltung bereits eine erste Abgrenzung vornimmt. Die außerordentlichen Erträge, die im Umsatz der GuV enthalten sind, müssen korrigiert werden. Die interne Erfolgsrechnung ermittelt in der Kostenrechnung das betriebliche Ergebnis.
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Der Zusammenhang von Kosten und Aufwendungen wird durch die folgende Darstellung anschaulich gemacht.
Der in der Finanzbuchhaltung gebuchte Aufwand gliedert sich zunächst in den neutralen Aufwand und den Zweckaufwand. Der neutrale Aufwand enthält alle nicht betriebsbedingten Aufwendungen. Beispiele dafür sind z. B. Spenden (betriebsfremd), Reparaturkosten aufgrund eines Naturereignisses (außerordentlich) oder Zahlung der Endabrechnung für die Heizkosten des vergangenen Jahres (periodenfremd). Der außerordentliche Aufwand ist nach der durch das BilRUG bedingten Veränderung im Ausweis in der GuV separat zu ermitteln. Er muss getrennt in der Buchhaltung gebucht und dem entsprechenden Konto entnommen werden. Nur so wird sichergestellt, dass die Kostenrechnung den betrieblichen Erträgen nur die tatsächlichen Kosten entgegenstellt.
Der Zweckaufwand umfasst alle Buchungen, die durch die betriebliche Tätigkeit entstanden sind. Dennoch kann er nur bedingt in die Kostenrechnung übernommen werden. Neben den Grundkosten, die in beiden Rechnungswesen identisch sind, gibt es Fälle, in denen zwar die gleichen Kostenarten gebucht werden, sich die Beträge in der Finanzbuchhaltung und der Kostenrechnung jedoch unterscheiden. Ein Beispiel dafür sind die Abschreibungen. Während in der Finanzbuchhaltung die steuerlich möglichen Abschreibungen gebucht werden, sind in der Kostenrechnung die leistungsabhängigen Kosten der Abnutzung zu berücksichtigen. Diese stimmen nur in seltenen Fällen überein. Diese Kosten werden Anderskosten genannt.
Die Anderskosten sind Teil der kalkulatorischen Kosten, die auch die Zusatzkosten beinhalten. Letztere umfassen Kostenarten, die in der Finanzbuchhaltung nicht berücksichtigt werden. Dazu gehören beispielsweise die kalkulatorischen Mieten oder die kalkulatorischen Zinsen.
Wie ist die Vorgehensweise bei der Abgrenzungsrechnung?
Die Abgrenzungsrechnung ist ein wesentlicher Baustein der betriebswirtschaftlichen Theorie. Daher hat es schon früh die entsprechenden Abläufe gegeben, die von der Wissenschaft als optimal empfohlen wurden. Diese haben sich in der Praxis bewährt und finden sich in vielen Anwendungen in der Kostenrechnung wieder. Die grundsätzlichen Regeln werden sicherlich je nach individueller Situation des Unternehmens leicht verändert und angepasst. Üblich ist jedoch die Einhaltung der folgenden Schritte (s. auch Tab. 1):
- Die einzelnen Erlös- und Kostenarten werden aus der Finanzbuchhaltung übernommen.
- Die neutralen Erträge und Aufwendungen werden aus den übernommenen Werten herausgerechnet.
- Die außerordentlichen Erträge und Aufwendungen werden aus den übernommenen Werten herausgerechnet.
- Die Anderskosten werden ermittelt und die Beträge entsprechend korrigiert.
- Die Zusatzkosten werden ermittelt und in die Kostenrechnung übernommen.
- Das neutrale Ergebnis wird ermittelt, ebenso der Saldo der kostenrechnerischen Korrekturen und das Betriebsergebnis aus der Kostenrechnung.
- Die unter Schritt 5 ermittelten Werte müssen summiert das Unternehmensergebnis aus der Buchhaltung ergeben. Diese Abstimmung schließt die Abgrenzungsrechnung ab
Die Umsätze wurden in Höhe von 385.000 EUR durch den Verkauf der betrieblichen Leistung erzielt. Daher müssen sie als Leistung in die Kostenrechnung übernommen werden. Die enthaltenen außerordentlichen Erträge (25.000 EUR) müssen für die Verarbeitung in der Kostenrechnung korrigiert werden. Die anderen Erträge sind entweder betriebsfremd (Erträge aus Beteiligungen) oder gehören zu einer anderen Periode (Auflösung der Garantierückstellung). Diese werden in das neutrale Ergebnis übernommen. Die Aufwendungen für Material, Personal und sonstigen betrieblich bedingten Güter- und Leistungsverzehr werden ohne Veränderung in die Kostenrechnung übernommen. Die Abschreibungen und Zinsen müssen jedoch noch korrigiert werden.
Die Abschreibungen auf Anlagen enthalten in den 51.000 EUR eine steuerlich zulässige Sonderabschreibung in Höhe von 19.000 EUR. Da betrieblich nur 32.000 EUR verbraucht wurden, dürfen diese in der Kostenrechnung auch nur verrechnet werden. Der Unternehmer hat erhebliches Eigenkapital im Unternehmen belassen. Daher ist die Zinsbelastung mit anderen Unternehmen nicht vergleichbar. Betrieblich veranlasst und ohne überdurchschnittliches Engagement des Unternehmers wären 35.000 EUR an Zinsen in der Periode angefallen. Diese müssen auch in der Kostenrechnung berücksichtigt werden.
Die Rückstellungen werden als neutraler Aufwand betrachtet, da sie für sonstige, also nicht betriebsbedingte Aufwendungen erfolgen. Zuführungen zu Rückstellungen für betriebliche Aufwendungen (z. B. Garantierückstellungen) finden sich in den Kostenarten wieder und werden in der Kostenrechnung verrechnet. Auch die Körperschaftsteuer gehört ins neutrale Ergebnis, da sie das Betriebsergebnis definitionsgemäß nicht betreffen. Im Gegensatz dazu sind sonstige Steuern (z. B. Gewerbesteuern) im Betriebsergebnis abzugsfähig.
Die Bestandsveränderung und die aktivierte Eigenleistung stellen betriebliche Erträge dar, die in der Kostenrechnung zu berücksichtigen sind. Die kalkulatorischen Wagnisse finden sich nicht in den Daten wieder, die aus der Finanzbuchhaltung übernommen wurden. Sie existieren dort nicht. Da sie aber im betrieblichen Bereich verrechnet werden sollen, muss eine entsprechende Korrektur stattfinden.
Das Beispiel zeigt, dass aus einem Unternehmenserfolg (77.000 EUR) durch die richtige Zuordnung von Kosten und Leistungen ein negatives Betriebsergebnis (23.000 EUR) entstehen kann. Jetzt wird deutlich, dass das Unternehmen zumindest in der betrachteten Periode von betriebsfremden Erträgen gelebt hat. Langfristig ist dies nicht durchzuhalten.
Praxis-Tipp: Eine gut geführte Buchhaltung verringert Fehler und erleichter die Arbeit
In vielen IT-Anwendungen zum Rechnungswesen werden die Abgrenzungen automatisch vorgenommen, wenn sie bei der Buchung in der Finanzbuchhaltung entsprechend berücksichtigt werden. So wird z. B. bei der Verbuchung von Abschreibungen der Betrag in einen Teil gesplittet, der in der Kostenrechnung zu verrechnen ist und in einen Teil, der nicht in das interne Rechnungswesen übergeben wird. Die Trennung in Betriebsergebnis und Neutrales Ergebnis kann bereits aus den Finanzbuchhaltungsdaten entnommen werden. Halten Sie einen engen Kontakt zu den Buchhaltern, die diese Buchungen kontieren. Dadurch verringern Sie die Fehler und erleichtern Ihre Arbeit.